Ganzes Dorf geht auf die Straße

Harrlach wehrt sich gegen geplantes ICE-Werk

25.7.2021, 11:17 Uhr
Gegen den möglichen Standort Harrlach für das von der Bahn geplante ICE-Ausbesserungswerk demonstrierten die Harrlacher zusammen mit Politikern sowie Vertretern von Naturschutz, Forst- und Landwirtschaft.

© Robert Schmitt Gegen den möglichen Standort Harrlach für das von der Bahn geplante ICE-Ausbesserungswerk demonstrierten die Harrlacher zusammen mit Politikern sowie Vertretern von Naturschutz, Forst- und Landwirtschaft.

Dabei gab es einen echten Schulterschluss zwischen Harrlachern, Politik, Landwirtschaft, Umweltschützern und dem ehemaligen Leiter des Forstamts Allersberg. Für Forstdirektor a. D. Manfred Kienzler käme die Rodung von mindestens 32 Hektar Bannwald zwischen Harrlach und Bahngleis „einem Verbrechen gleich“.
Sämtliche weiteren Redner lehnten die großflächige Beseitigung des Bannwalds ebenfalls ab, waren aber nicht gegen das ICE-Werk in der Region. Hauptbotschaft: Man brauche es für die Verkehrswende. Die Bahn solle aber kleiner planen, dann könnte die Instandhaltungswerkstatt näher an Nürnberg eventuell auf eigenen Flächen des Verkehrskonzerns errichtet werden. Grüne und Bund Naturschutz haben dafür sogar schon ein eigenes Gutachten erstellen lassen, das dieses Vorgehen als möglich darstellt.

Kein St.-Florians-Prinzip

Ein weiteres Argument gegen Harrlach sei, dass die bundesweit anderen neun Ausbesserungswerke alle in großen Städten liegen. Zugleich ist mehrmals betont worden, dass man keinesfalls das St.-Florians-Prinzip zur Grundlage des Protests machen wolle. Vielmehr würden sich alle Bürgerinitiativen der neun Standorte solidarisch zusammenschließen und gemeinsam vorgehen.
Roths Bürgermeister Ralph Edelhäußer warf der Bahn vor, Flächen in Nürnberg verkauft zu haben und das Werk nun auf dem Land ansiedeln zu müssen. „Dabei machen sie unsere Heimat kaputt“, wurde der CSU-Bundestagskandidat deutlich und verlangte im Übrigen „Eingriffe, so gering wie möglich“.

Felix Erbe ist Stadtrat in Hilpoltstein und Bundestagskandidat der Grünen. „Wir sind Bahn- und Waldpartei“, erklärte er, „deshalb haben wir beim Klimaschutz den Blick auch auf die Natur gerichtet.“ Erbe ist überzeugt, dass das Werk auch kleiner dimensioniert werden kann. „Wenn sich diese Einsicht bei der Bahn durchsetzt, kann sie sich neu auf die Suche nach Flächen machen, damit das Werk nicht mitten im Wald angesiedelt werden muss“, so Erbe.

Felix Locke, Bundestagskandidat der Freien Wähler, wurde ähnlich deutlich wie Manfred Kienzler. „Dieser Standort hier ist völliger Schwachsinn“, sagte der stellvertretende Generalsekretär der Freien Wähler in Bayern und rief die Bahn auf, „kleiner zu bauen, damit eigene Flächen in Frage kommen. Oder fangt komplett bei Null an.“

Der Rother Stadtrat Richard Radle ergriff als Geschäftsführer des Bund Naturschutz im Landkreis Roth das Wort und verwies auf das Gutachten. „Es belegt, dass es sehr viel kleiner geht“, zitierte Radle das Papier. Dann kommen seiner Darstellung zufolge auch andere Standorte in Frage. „Denn hier in Harrlach würden dem Bau 500 000 Quadratmeter Wald und Feld zum Opfer fallen“, rechnete er vor.

Thomas Schmidt stellte sich ebenfalls vollends an die Seite der Harrlacher. „Wir müssen gegen diesen Wahnsinns-Flächenverbrauch zusammenhalten, weil Äcker und Wälder betroffen wären“, rief der Obmann des Bauernverbands im Kreis Roth den Harrlachern zu . „Deshalb freue ich mich, dass der Widerstand hier so aktiv und breit ist“, stellte Schmidt fest.

Schutz für den Bannwald

„Bannwald ist zu schützen“, stehe im Bayerischen Waldgesetz, fügte Manfred Kienzler hinzu. „Ein intakter Wald darf vor allem mit Blick auf den Klimaschutz nicht niedergemacht werden“, so der Forstexperte.
Der Protestzug von der Harrlacher Ortsmitte zum so genannten „Schreckhäusl“ wurde dann von einer beachtlichen Batterie an Traktoren begleitet. Die Teilnehmer trugen Transparente und Banner mit einschlägigen Forderungen. Immer wieder ertönten Schlachtrufe gegen das ICE-Werk. Zum Auftakt der Kundgebung trat eine Gruppe Kinder und Jugendlicher aus Harrlach ans Mikrofon, die eine klare Botschaft formulierten. „Unser geliebtes Dorf soll Zukunft haben, deshalb wollen wir keine schlaflosen Nächte und zerstörte Natur“, lautete ihr Hauptargument. „Das Werk würde Bäume vernichten und Tiere vertreiben“, so der Harrlacher Nachwuchs.

Den Schluss der Versammlung bildete ein Chor von Harrlacher Frauen und Kindern. Sie sangen zur Melodie von Michael Jacksons „Heal The World“ einen eigenen Text. „Hört Harrlach“, so die Aufforderung in Richtung Bahn. Schließlich brachten die Harrlacher Kinder noch Waldschutzforderungen per Plakaten an den Bäumen des Waldrands an.

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