"Wir gehen nicht mehr online, wir leben online"

15.5.2018, 15:15 Uhr

© Foto: Sportfoto Zink

Insofern war Laumer der richtige Mann, um die Mitglieder des Kreistags in einem Impulsvortrag mal wieder auf den neuesten Stand zu bringen in Sachen Digitalisierung. Wobei: Um die Details müssen sich die Politikerinnen und Politiker vielleicht gar nicht kümmern. Schließlich hat der Kreistag 2017 die Stelle eines Digitalisierungsbeauftragten beschlossen. Der Posten ist ein knappes halbes Jahr später noch nicht besetzt, der oder die Auserwählte soll aber eine Art digitale Scharnierfunktion zwischen Schule und Wirtschaft haben.

Doch auch wenn sich ein Kreisrat, eine Kreisrätin oder ein Landrat nicht in die kleinsten Verästelungen von Google, Amazon, Uber oder Apple begeben muss, so ist "Digitalisierung doch eine Führungsherausforderung", wie Laumer sagte. Den eigenen Mitarbeitern müsse man über Weiterbildung die Angst vor dem Neuen, vor der Veränderung nehmen.

Diese Veränderungen werden unweigerlich kommen, mehr noch: Sie sind längst in vollem Gange. "Wir entsperren unser Smartphone heute im Schnitt 140 mal am Tag", sagte der Professor. "Wir gehen nicht mehr nur hin wieder am heimischen Rechner online, wir leben heute online. Das Handy ist nicht nur Teil unseres Lebens, das Handy ist ein Teil von uns selbst geworden." Die Verlängerung des rechten oder linken Arms gewissermaßen.

Laumer erzählte viel von dem, was die neue Technik kann. Sie habe die Art und Weise revolutioniert, Menschen von A nach B zu bringen (mittels des Taxi-Ersatzdienstes Uber), sie könne Leben retten (über die Gesundheitsfunktionen einer Smartwatch), sie könne den Tourismus auf ein neues Level heben (in Form von digitalen Stadtführern), sie könne das Gesundheitswesen umkrempeln (mittels der jetzt auch in Deutschland erlaubten Online-Sprechstunden) und die Landwirtschaft sowieso. Wer heute in der Wirtschaft erfolgreich sein will, der müsse auf Google präsent sein. "Das ist bei uns im Westen der Zugang zur digitalen Welt."

Trotz Laumers Faszination für neue Technik – mit einem neuen Google-Dienst kann eine Maschine beispielsweise auf Befehl selbstständig Termine für seinen Besitzer beim Frisör ausmachen – stellte der Referent den Menschen in den Mittelpunkt seiner Ausführungen. Denn: "Es geht immer um die Bedürfnisse der Menschen. Die amerikanischen Konzerne sind nur dann erfolgreich, wenn sie es schaffen, neue Bedürfnisse des Menschen zu erkennen."

Und was ist mit Datenschutz?

In der Diskussion der Kreisräte war allerdings Skepsis zu spüren. Die Abhängigkeit von ganz wenigen Großkonzernen machte beispielsweise Sven Ehrhardt (SPD) zu schaffen. Das Problem, Datenschutz und Datensicherheit zu gewähren, klang in vielen Redebeiträgen durch.

Am Ende räumte auch Laumer ein, dass Digitalisierung nicht das einzig Seligmachende sei. "Es wird immer eine Koexistenz von analog und digital geben", so der Professor. Und nannte zwei Beispiele: "Wir sehen seit einigen Jahren einen Trend, der zurück zur Schallplatte führt." Und: "Das Handy ist zwar Teil von uns. Aber wir definieren uns inzwischen nicht mehr über das neueste iPhone, sondern über die analoge Zeit, in der wir das Gerät ausschalten und auf die Seite legen."

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