Erste Samstags-Demo

Corona-Kundgebung in Schwabach: Zwischen Skepsis und Desinformation

Patrick Shaw

Redaktionsleiter Schwabacher Tagblatt / Roth-Hilpoltsteiner Volkszeitung / Hilpoltsteiner Zeitung

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31.1.2022, 06:04 Uhr
Der nach Polizeiangaben etwa 220 Personen zählende Demonstrationszug formierte sich in der Lindenstraße und zog dann durch den Süden Schwabachs. 

© Patrick Shaw, NN Der nach Polizeiangaben etwa 220 Personen zählende Demonstrationszug formierte sich in der Lindenstraße und zog dann durch den Süden Schwabachs. 

Etwa 220 Kritiker der staatlichen Corona-Schutzmaßnahmen, aber auch Verschwörungsanhänger und Sympathisanten rechter Gruppen haben am Samstag, 29. Januar, in Schwabach demonstriert. Es ist eine merkwürdige Mischung, die da mittlerweile mehrmals in der Woche auf die Straße geht.

Die Kundgebung, die um 15 Uhr auf dem Parkplatz in der Angerstraße startete, bewegte sich binnen knapp zwei Stunden über die Linden- und die Konrad-Adenauer-Straße durch das Wohngebiet Forsthof/Uigenau sowie anschließend durch die Rittersbacher und die Friedrich-Ebert-Straße vorbei an der Polizeiinspektion zurück zum Stadtpark. Bürger, die unzufrieden mit der derzeitigen Pandemie-Politik sind, waren ebenso unter den Protestierenden wie rigorose Corona-Leugner und Unterstützer rechtspopulistischer Ideologien samt entsprechender Transparente und "Reichsbürger"-Symbolik.

Der Zug gliederte sich gefühlt in drei Gruppen: Vornweg die Organisatorin, Mutter des im vergangenen Jahr als Masken-Verweigerer vom Adam-Kraft-Gymnasium suspendierten Schülers, in deren Telegram-Kanal regelmäßig Beiträge rechtsextremer Gruppen wie „Freie Sachsen“ und judenfeindliche Narrative geteilt werden (entsprechende Screenshots liegen unserer Redaktion vor).

Die öffentliche Beachtung im Wohnviertel Forsthof/Uigenau blieb eher gering. Lediglich einige Anwohner sahen teils amüsiert, teils genervt aus ihren Fenstern. Noch am selben Tag traf ein Leserbrief bei unserer Zeitung ein: Man wolle "keine lautstarke Demonstration, die durch unser Wohngebiet krakeelt".

Die öffentliche Beachtung im Wohnviertel Forsthof/Uigenau blieb eher gering. Lediglich einige Anwohner sahen teils amüsiert, teils genervt aus ihren Fenstern. Noch am selben Tag traf ein Leserbrief bei unserer Zeitung ein: Man wolle "keine lautstarke Demonstration, die durch unser Wohngebiet krakeelt". © Patrick Shaw

In ihrem Umfeld: Viel Desinformation – von Behauptungen, die mRNA-Impfung sei „keine Impfung, sondern eine Gentherapie“ oder der Staat dürfe keine Schulpflicht vorgeben, bis hin zu hanebüchenen Ansichten wie der, das Coronavirus könne nicht existieren, weil es „noch niemand je gesehen hat“. Fast hypnotisierend wiederholten sich diese und weitere Mantras per Megaphon.

Politisch, aber ohne klare Richtung

Im Mittelteil der Kundgebung liefen viele eher bürgerlich wirkende Demonstranten mit – Familien mit Kindern, Menschen mit „Peace“- und „Freiheit“-Fahnen sowie Teilnehmer mit Plakaten gegen eine potenzielle Impfpflicht. Im hinteren Teil wurde es dann stark politisch: „Söder muss weg! Lauterbach muss weg! Scholz muss weg!“, tönte es dort aggressiv aus den Lautsprechern. Auch ein großes AfD-Plakat und „Lügenpresse“-Rufe fehlten nicht. Irritierend: die dazu immer wieder zu hörende Protestmusik, die vielfach eher dem ganz linken politischen Dunstkreis zuzuordnen war.

Im Gegensatz zu den „Montags-Spaziergängen“ im benachbarten Roth waren diese und nahezu alle weiteren bisherigen Corona-Kundgebungen in Schwabach regulär genehmigt. Lediglich die Demonstration am 10. Januar, bei der die Polizei etwa 80 „Spaziergänger“ festgehalten und kontrolliert hatte, war nach Auskunft des städtischen Pressesprechers Jürgen Ramspeck nicht angemeldet.

Eine Allgemeinverfügung wie etwa in Nürnberg, die solche Kundgebungen verbietet, plant die Stadt Schwabach laut Ramspeck derzeit nicht. Es gebe aktuell „keine Hinweise auf weitere unangemeldete oder eskalierende Demonstrationen“. Auch die Sprecherin der Stadt Roth, Viola De Geare, bestätigte auf Nachfrage unserer Zeitung, dass in der Kreisstadt aktuell kein Verbot im Raum stehe. Man beobachte die Entwicklung jedoch aufmerksam.

Die Schwabacher Polizei sprach im Nachgang der Demonstration von Samstag von einer „ereignislosen Veranstaltung“. Lediglich einen Verstoß gegen das Infektionsschutzgesetz habe man anzeigen müssen.

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