Der Waldfriedhof hat eine hundertjährige Geschichte

18.5.2014, 17:33 Uhr
Der Waldfriedhof hat eine hundertjährige Geschichte

© Wolfram Göll

„Hier habe ich meinen Frieden gefunden. Mitten in der Stadt ein Ort der Ruhe, wo die Vögel singen“, brachte der für Baubetriebsamt und Friedhof zuständige Pfleger des Schwabacher Stadtrates, Thomas Mantarlis, das Besondere des Schwabacher Waldfriedhofs auf den Punkt. In einer sehr persönlichen Ansprache betonte er auch, wie viel Trost die schöne, parkähnliche Anlage des Friedhofs den Angehörigen spenden könne. „Dieser Park, die Eichhörnchen und Vögel darin, mahnen die Hinterbliebenen auch immer zu verstehen, wie wunderbar das Leben ist. Das habe ich mir auch persönlich zu Herzen genommen. Was für ein wunderbarer Ort!“

Am Sonntag kamen bei eher trübem Wetter wenige, aber sehr interessierte Schwabacher zusammen, um des hundertsten Jubiläums des Waldfriedhofs zu gedenken. Nach den einleitenden Worten von Mantarlis und Baubetriebsamtsleiter Thomas Sturm führte Stadtheimatpflegerin Ursula Kaiser-Biburger sachkundig und kurzweilig durch die Geschichte des Friedhofs.

Lehmboden verhindert Verwesung

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts sei klar geworden, dass der alte evangelische Friedhof an der Bahnhofstraße nach mehreren Jahrhunderten Benutzung und insgesamt 50 000 Bestattungen überfüllt und überlastet gewesen sei, sagte Kaiser-Biburger. Obendrein sei die Bodenbeschaffenheit eigentlich ungeeignet gewesen: „Wegen des Lehmbodens sind die Leichen nur sehr langsam verwest. Häufig kam es zu sogenannten Wachsleichen, was sehr unangenehm für die Totengräber war. Die Geruchsbelastung war entsprechend.“

Der damalige Stadtbaurat Wagner habe für die Neuanlage eines städtischen Friedhofs in ganz Bayern Gestaltungs-Anregungen gesammelt, erzählte die Stadtheimatpflegerin. Am Ende stand die Idee eines parkartigen Waldfriedhofs an der Limbacher Straße, auf zunächst 14 Hektar Sandboden, wo speziell im oberen, nördlichen Teil die Gräber nicht in Reih‘ und Glied stehen sollten, wo Bäume Schatten spenden und verschiedene Arten von Grabsteinen erlaubt sein sollten.

Ungehinderte Sicht

Wie Kaiser-Biburger erklärte, sei im unteren, südlichen Teil zunächst gar kein Baumbewuchs geplant gewesen, sondern nur Hecken, die kleinere Abteilungen und damit ein wenig Intimsphäre für die Trauernden herstellen sollten. Außerdem sollten Reisende von der nahen Bahnlinie Nürnberg-München aus die damals hochmoderne und vorbildliche Anlage des Waldfriedhofs aus Kapelle, Wohnhaus für Friedhofswärter und Funktionsgebäuden ungehindert einsehen können.

Bemerkenswert nannte Kaiser-Biburger den Gebäudestil, den sogenannten Heimatstil, durchsetzt mit Elementen des Jugendstils. Im Glockenturm der Kapelle hänge eine rund 600 Jahre alte, gotische Eisenglocke als Teil der Turmuhr, die ursprünglich in der Stadtkirche und dann in der Dreieinigkeitskirche war – ebenfalls eine Besonderheit.

Stilistisch sehr vielgestaltig präsentieren sich die Grabsteine, auf die die Stadtheimatpflegerin aufmerksam machte: Vom mit Blumen, Ornamenten und Ranken, aber auch christlichen Symbolen überzogenen Jugendstil-Grabstein der zwanziger Jahre über die strenge, harte Form der NS-Zeit, wo man peinlich alle christlichen Symbole vermied, bis zu heutiger Zeit, wo sich sehr individuelle Ausdrucksformen entfalten.

Angela Thümler vom Baubetriebsamt stellte den heutigen Friedhofsbetrieb und die möglichen Bestattungsformen vor. Insgesamt seien auf dem Waldfriedhof in den hundert Jahren 30 000 bis 35 000 Bestattungen vorgenommen worden, sagte sie.

Neben den klassischen Beerdigungen in Einzel- oder Familiengräbern gibt es auf dem Waldfriedhof Bestattungen in Urnengräbern, „Urnentürme“ mit Einzelfächern, ein pflegefreies Gemeinschaftsgrabfeld, „Sonnenspirale“ genannt, ein naturnahes Urnen-Gemeinschaftsgrabfeld „Fluss der Zeit“ sowie eine anonyme „Baumbestattung“ für Urnen.

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