Gedenken an die Reichpogromnacht: „Nie wieder!“

11.11.2013, 08:28 Uhr
Gedenken an die Reichpogromnacht: „Nie wieder!“

© ukb/oh

Ihr war es ein Anliegen, dass dieses Gedenken auch weitergegeben werde in die Hände der nächsten Generation. Deshalb würdigte sie das Engagement der fünf Schülerinnen aus der Klasse VH10 C der Städtischen Wirtschaftsschule, die diese Feier mit Sach- und literarischen Texten gestalteten.

Dies sei insofern von besonderer Bedeutung, als man aufgrund der fortschreitenden Jahre immer weniger Opfer jener schrecklichen Tage befragen könne. Deshalb müsse man auch das Engagement derjenigen hervorheben, die wie der Nürnberger „LesArt“-Autor Leonhard F. Seidel die Jugendlichen mit seinen Lesungen an die NS-Verbrechen von einst und die Nazi-Machenschaften von heute erinnere.

„Schwabach ist bunt“

In Schwabach habe die NPD bereits zweimal schon den Versuch unternommen, hier aufzutreten. Doch jedes Mal hätten viele Schwabacher eindrucksvoll gezeigt, dass in dieser Stadt für Nazis kein Platz sei. „Schwabach ist bunt, nicht braun. So wird es auch bleiben!“, bekräftigte Christel Hausladen-Sambale.

Nachdem die Wirtschaftsschülerin Alina Gerngroß die historische Bedeutung dieser Pogromnacht vor 75 Jahren verdeutlicht hatte, trugen Aylin Karatay, Jessica Plettinger und Tamara Seer aus der Klasse VH10 C eindrucksvoll das Gedicht „Reichskristallnacht“ von Peter Paul Wiplinger vor.

Maßlose Zerstörung

Davon ausgehend erinnerte Bürgermeister Dr. Roland Oeser im Namen der Stadt Schwabach an die tagelangen Exzesse, den Mord an 400 Menschen und diejenigen, die in der Folge Selbstmord begangen haben. Über 1400 Synagogen, Betstuben oder sonstige Versammlungsräume sowie tausende Geschäfte, Wohnungen und jüdische Friedhöfe seien damals zerstört worden.

Ab dem 10. November 1938 seien ungefähr 30000 Juden in Konzentrationslagern inhaftiert und viele von ihnen ermordet worden, erläuterte Oeser.

Teil einer großen Inszenierung

Rückblickend zeigten die Menschen heute oft Unverständnis darüber, wie so etwas damals geschehen konnte. Dr. Oeser stellte klar: „Diese Ereignisse waren kein singulärer Ausbruch von Gewalt, es war Teil einer großen Inszenierung!“

Mittlerweile würden zwischen damals und heute zwei Generationen liegen. Zeitzeugen würden immer weniger werden. Umso notwendiger sei es, das Gedenken zu bewahren, vor allem wenn man nach Ungarn blicke, wo Rechtsradikale die zweitgrößte Partei bildeten und antisemitische Demonstrationen die Regel seien. Ebenso seien solche Tendenzen in Griechenland durch die rechtsradikalen Abgeordneten der „Partei der Morgenröte“ festzustellen, die offen Jagd auf Ausländer mache.

Verantwortung übernehmen

Fremdenfeindlichkeit mache sich nicht nur in den Niederlanden und in Frankreich breit, sondern auch in Deutschland mit fremdenfeindlichen Schmierereien an Häusern, die für Asylbewerber vorgesehen seien. Kein Wunder also, wenn sich angesichts dieser Entwicklung etwa ein Drittel aller hier lebender Juden unsicher fühle. Daher müssten die nachfolgenden Generationen ermutigt werden, aus freien Stücken und aus eigener Überzeugung heraus ihre Verantwortung für das Vermächtnis der deutschen Geschichte zu übernehmen im Sinne von „Nie wieder!“

Daher seien die heutigen Menschen gefordert, gemeinsam wachsam und leidenschaftlich gegen antidemokratische Tendenzen zu kämpfen. „Schwabach steht für ein friedliches und respektvolles Miteinander. Gemeinsam. Denn Menschenverachtung ist niemals harmlos. Unterschätzen und Wegschauen kann schon der Ausgangspunkt für neue Katastrophen sein“, mahnte der Bürgermeister eindringlich.

Schicksal eines Mädchens

Danach gab die Schülerin Zülbiye Dzemaili einen Einblick in die Lebensgeschichte des jüdischen Mädchens Selma Meerbaum-Eisinger aus Rumänien, die mit ihrer Familie in die Ukraine deportiert wurde und dort in einem Arbeitslager im Alter von 18 Jahren an Flecktyphus starb. Heute werde Selma Meerbaum-Eisinger nicht nur aufgrund ihrer empfindsamen Gedichte als „Schwester“ von Anne Frank betrachtet.

Daher trugen zum Ende dieser Gedenkstunde Zülbiye Dzemaili und Ursula Kaiser-Biburger, Lehrerin an der Wirtschaftsschule und Mitglied der Initiative, zwei bewegende Gedichte von ihr vor mit der unmissverständlichen Botschaft: „Ich möchte leben. – Ich will nicht sterben…“

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