Jazz & Blues Open: verregnetes Open-Air mit starker Sängerin

4.5.2015, 10:44 Uhr
Jazz & Blues Open: verregnetes Open-Air mit starker Sängerin

© hvd

Dem Dackel machten der Nieselregen und die Kälte am allerwenigsten aus. Akkordeon-Zauberer Robert „Dackel“ Hirmer spielte mit seiner Combo „Rad Gumbo“ Cajun und Zydeco, Südstaaten-Blues und „R & B“, als stünde das Thermometer auf 30 Grad im Schatten und der Fluss hieße nicht Schwarzach, sondern Mississippi. Gute-Laune-Grooves stehen hier auf dem Programm, entspannt und ins Ohr gehend, die so manchen Festival-Schlenderer zum Bleiben animieren.

Dank des freien Eintritts kommt im Altort ziemlich schnell entspannte Volksfest-Stimmung auf und man lässt sich unter den vorsorglich aufgespannten Schirmen im Schatten des Rathauses Bratwürste, Bier und rösche Brezeln schmecken.

Auch auf die in Wendelstein zu den liebgewonnenen Traditionen zählende Straßenparade müssen die Festivalgänger nicht verzichten: Die „Neutral Ground Brass Band“ kommt zwar an sich aus Holland, hat aber ganz eindeutig den Blues im Blut und versteht sich souverän auf die Gratwanderung zwischen Dixie-Bodenständigkeit und dem intellektuellen Anspruch modernerer Jazz-Spielarten.

Nachmittägliches Highlight ist allerdings fraglos die singende Schauspielerin Jasmin Tabatabai, die in Wendelstein zusammen mit dem „David Klein Quartett“ aus der Schweiz – Bandleader David Klein am Tenorsaxofon, Ingmar Heller am Kontrabass, Olaf Polziehn am Flügel und Peter Gall am Schlagzeug – ein feines Chansonprogramm für Querhörer und Um-die-Ecke-Denker serviert.

Als Sängerin reüssierte die 47-Jährige schon vor Jahrzehnten, einem breiten Publikum wurde sie in Deutschland mit Katja von Garniers 1997er Roadmovie „Bandits“ bekannt, in dem sie eine kriminelle Rockmusikerin spielte.

Jasmin Tabatabai ist freilich sanfter geworden – auch im richtigen Leben. Die Rock-Göre von einst hat sich in eine souveräne Entertainerin verwandelt, die musikalische Klassiker längst vergangener Epochen mit Stil und Feeling über die Rampe zu bringen versteht. Das dürfen Uralt-Schlager wie Oscar Straus' „Warum soll eine Frau kein Verhältnis haben“ oder Friedrich Hollaenders „Ich weiß nicht, zu wem ich gehöre“ sein – oder ganz neue Nummern, die David Klein seiner Bühnenpartnerin auf den Leib geschrieben hat. Zum Beispiel das bissige Hörbild „Ein Brautkleid“, ein ironischer Liebesfilm für das Kopfkino.

Zu enge Schublade

Jasmin Tabatabai bekam für diese Musik einen Jazzpreis, obwohl sie nicht unbedingt in die Schublade mit den Blauen Noten und den Dirty Chords passt — die wäre für sie deutlich zu eng und klein. Eher sind das, was sie da auf der zugigen Freiluft-Bühne präsentiert, Seelenklänge, die eine Weile das Regenwetter vergessen lassen. Und sie bedankt sich am Ende auch ganz artig beim Publikum fürs tapfere Aushalten vor der Bühne.

Am Abend lässt es Soulstar Flo Mega mit seinen „Ruffcats“ kräftig krachen und bringt den Regen damit virtuell zum Verdampfen. Partystimmung geht auch bei offenen Himmelsschleusen . . .

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