Nach der Insolvenz mit der Geschichte nicht gebrochen

31.12.2009, 00:00 Uhr
Nach der Insolvenz mit der Geschichte nicht gebrochen

«Natürlich hätten wir gerne den traditionellen Namen behalten, doch nach der Insolvenz des Vereins war dies leider nicht mehr möglich», bedauert Helmut Reif, der Vorsitzende der Herpersdorfer Radler, wobei er hofft, dass man den alten Namen nach dem Abschluss des Insolvenzverfahrens wieder beantragen kann. «Allerdings nur als RC Herpersdorf, ohne den Zusatz «1919», wie der Verein früher eingetragen war», weiß Reif, der 2008 zusammen mit sechs Mitgliedern den VfR als Nachfolge-Verein gegründet hat. «Es wäre tragisch gewesen, wenn diese große und erfolgreiche Tradition nicht fortgesetzt worden wäre», sagt der Vorsitzende, dem 80 der 115 RCH-Mitglieder in den neuen Verein folgten.

Stolz auf die Geschichte

Sie alle sind stolz auf die Geschichte ihres Vereins: Von 1940 bis in die 1980-er Jahre erkämpften die «Herperer» drei WM-Gold-Medaillen, eine olympische Bronze-Medaille, 53 Deutsche Einzel- und 35 Deutsche Mannschafts-Meisterschaften; insgesamt 171 Herpersdorfer Fahrer standen als Deutsche Meister auf dem Treppchen. Eine Erfolgsserie, die bis heute im deutschen Radrennsport noch immer einmalig ist.

Vergessen ist längst, dass der ruhmreiche Radlerclub 1919 nicht in Herpersdorf, sondern im ebenso kleinen Nachbardorf Gaulnhofen als « Radfahrverein Frischauf» gegründet wurde. An Radrennen dachten der 1. Vorsitzende Johann Brechtelbauer und seine zwölf Gründungsmitglieder dabei nicht, sondern an Radwandern, an Radtouren und vor allem an geselliges Beisammensein.

Sportlicher Ehrgeiz kam bei den Hobby-Radlern erst in den 1930-er-Jahren hinzu. Der Verein erhielt den neuen Namen «Rad- u. Motorsport-Klub Herpersdorf» und die Führung des aufstrebenden Clubs hatten inzwischen Konrad Schwab und Andreas Egerer als Vorsitzender und sportlicher Leiter übernommen. Sie organisierten erste kleine Rennen rund um Herpersdorf, bei denen sie auch selbst erfolgreich im Sattel saßen.

Mit ihrer großen Begeisterung steckten Schwab/Egerer immer mehr Jugendliche im damaligen Landkreis Schwabach an. Zwei besonders talentierte Neulinge waren damals Karl Kittsteiner und Konrad Kessler, die als echte Senkrechtstarter bald von Sieg zu Sieg eilten. Ohne Unterbrechung waren die beiden «K’s» von 1939 bis 1943 Deutschlands erfolgreichste Straßenamateure, wobei sie 1940 bei der Deutschen Meisterschaft in Magdeburg eindrucksvoll dominierten. Karl Kittsteiner holte vor Kessler den ersten Deutschen Meistertitel nach Herpersdorf.

Nach dem 2. Weltkrieg wurde der RCH noch erfolgreicher: Karl Kittsteiner – inzwischen Berufsfahrer – gewann 1946 erneut die Straßen-DM und leitete damit eine bis dahin im deutschen Radsport noch nie da gewesene Erfolgsserie ein: Auf Bahn und Straße triumphierten die Herpersdorfer Fahrer Jahr für Jahr souverän, wobei allein die fünf Asse Fritz Neuser mit zwölf, Willi Fuggerer mit neun, Werner Löw mit sieben, Georg Voggenreiter mit sechs und Gotthard Dinta mit fünf DM-Titeln 39 Meistertrikots nach Herpersdorf holten. Horst Gnas gewann bei den Stehern drei WM-Titel und Sprint-As Willi Fuggerer kehrte von den olympischen Spielen 1964 mit einer Bronzemedaille aus Tokio zurück. Die letzten der insgesamt 53 Einzelmeisterschaften holten 1987 Roland Renn bei den Amateurstehern und 1988 Andy Herold als bester Sprinter der Junioren.

Große Verdienste um den Radsport hat sich der RC Herpersdorf stets auch als Veranstalter erworben. Von 1936 bis 2003 wurde der «Express-Straßen-Preis» (später Tucher-Straßen-Preis) mit nationaler und internationaler Top-Besetzung durchgeführt. Organisiert und großzügig mitfinanziert hat alle Veranstaltungen der unvergessene Mäzen Andreas Egerer, den bis zu seinem Tod 1985 für «seine Radler» kein Opfer zu groß war. Mit seinem Erbe – einem großen Grundstück und entsprechendem Startkapital - hat der RCH, der inzwischen auch eine große Tennis-Abteilung hatte, 1987 in Worzeldorf eine Tennishalle erbaut. Mit den regelmäßigen Einnahmen der Tennishalle sollte langfristig der Radsportbetrieb gesichert und gefördert werden.

Doch nach dem Ende des Tennis-Booms kam es ganz anders. Die enormen Kosten für den Unterhalt der Gaststätte und der Tennishalle führten immer tiefer in die roten Zahlen. 2008 war die Insolvenz des RC Herpersdorf nicht mehr zu verhindern.

Glücklicherweise konnte jedoch die Rennsportabteilung nach bangen Wochen und Monaten gerettet werden. Der rührige Nachfolge-Verein hat sich seitdem überraschend gut weiterentwickelt. Mit einer Gruppe talentierter Jugendlicher und einem Dutzend ehrgeiziger Amateure blickt man beim VfR Herpersdorf sehr zuversichtlich in die Zukunft.