Wahl-Nachlese

Schwabach und Nürnberg-Süd: Schwarz und Grün im Bundestag

27.9.2021, 19:27 Uhr
Mit dem Direktmandat hat es nicht geklappt, aber Sascha Müller (links) und Tessa Ganserer ziehen beide über die Liste in den Bundestag ein.  

© Max Söllner, NN Mit dem Direktmandat hat es nicht geklappt, aber Sascha Müller (links) und Tessa Ganserer ziehen beide über die Liste in den Bundestag ein.  

Er wohnt zwar in Nürnberg, ist aber Mitglied der Schwabacher Grünen. Wenn man Sascha Müller also insofern als Schwabacher bezeichnen darf, dann wäre er nicht nur der erste grüne Bundestagsabgeordnete aus der Goldschlägerstadt, sondern erst das zweite Schwabacher MdB überhaupt. Bisher hatte Dr. Albrecht Haas von der FDP dieses Alleinstellungsmerkmal. Er war von 1965 bis zu seinem Tod 1970 damals noch in Bonn.

Sascha Müller ist der zweite Bundestagsabgeordnete im Wahlkreis Nürnberg-Süd/Schwabach neben Michael Frieser. Der CSU-Bundestagsabgeordnete aus Nürnberg, der gleichzeitig Bezirksvorsitzender ist, hat zum vierten Mal nach 2009, 2013 und 2017 den Wahlkreis unangefochten gewonnen.

CSU bleibt klar vorne

Gerade in den Großstädten München und Nürnberg hatten sich SPD und Grüne zumindest Hoffnungen auf ein Direktmandat gemacht. In München haben die Grünen auch tatsächlich eines geholt. Anders in Nürnberg: „Bei uns im Großraum hat die CSU bewiesen, dass sie nach wie vor die stärkste politische Kraft ist. Das ist in Großstädten nicht mehr selbstverständlich“, sagt Frieser.

Das Gesamtergebnis der CSU bezeichnet er als „historisch schwierig“. Der Grund: „Wir konnten uns nicht vom Bundestrend abkoppeln. Das hat schon auch was mit dem Kandidaten zu tun.“ Doch eine Schuldzuweisung an Armin Laschet kommt von ihm nicht.

Im Gegenteil. „Bei dem knappen Abstand gibt es nicht ernsthaft einen Führungsanspruch nur einer Partei“, sagt Frieser. „Jetzt kommt es darauf an, wer in der Lage ist, Mehrheiten zu schmieden.“ Will heißen: Armin Laschet habe durchaus die Chance, trotz des dramatischen Absturzes auf Platz zwei hinter die SPD und Olaf Scholz noch Bundeskanzler zu werden.

Möglich aber ist das nur, wenn die Union die Grünen für ein Jamaika-Bündnis mit der FDP gewinnt. Für seinen neuen grünen Kollegen Sascha Müller findet Michael Frieser schon mal freundliche Worte: „Das ist ein intelligenter Kopf, keine Frage. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit ihm.“

„Kaffeesatzleserei“

Über Koalitionen reden will Sascha Müller aber noch nicht. Zumindest nicht öffentlich. „Das ist jetzt doch noch alles Kaffeesatzleserei“, sagt er. Er selbst habe dem Wahltag „ganz gelassen entgegensehen“ können. Schließlich war er über die Liste abgesichert.

Für die Grünen lief die Wahl zwiegespalten. Eigentlich war das Kanzleramt das Ziel. Das aber haben die Grünen weit verfehlt. Gleichzeitig aber erzielten sie ihr historisch bestes Resultat und sind zusammen mit der FDP in einer starken Position. Sie entscheiden über Jamaika oder Ampel, über Laschet oder Scholz als Kanzler. „Es ist ja offensichtlich, dass wir mehr Schnittmengen mit der SPD haben. Aber Baden-Württemberg zeigt, dass auch die Union sehr flexible Angebote machen kann“, lässt Müller alles offen.

Dass es statt Platz eins nur Platz drei geworden ist: „Ein paar Prozent mehr hätten wir schon erwartet“, räumt er ein. Doch Kritik an Annalena Baerbock: keine Spur. „Sie hat die Fehler vom Anfang eingeräumt und dann einen fantastischen Wahlkampf gemacht. In Nürnberg hat sie mehr Menschen angelockt und begeistert als früher Joschka.“

Seine neue Aufgabe in Berlin hat bereits am Montag begonnen. Vormittags noch Landesvorstand in München, am späten Nachmittag die ersten Vorgespräche mit der neuen Bundestagsfraktion.

Respekt und Vorfreude

„Entscheidend ist, dass wir beim Klimaschutz vorankommen. Das ist eine gigantische Aufgabe. Dennoch gilt: Niemand darf überfordert werden“, betont Sascha Müller. „Ich habe großen Respekt vor dem, was auf mich zukommt, aber ich freue mich darauf.“ Die Aufgabenverteilung innerhalb der Fraktion wird erst noch erfolgen. Einen Wunsch aber hat der bisherige Landesschatzmeister der Grünen schon: „Ich will mich um Finanzen und Steuern kümmern.“

Thomas Grämmer, der Schwabacher Direktkandidat der SPD, hat den Einzug in den Bundestag dagegen verpasst. Gegen Michael Frieser war er nur Außenseiter und auf der SPD-Landesliste lediglich auf Platz 31. Nur die ersten 23 schafften den Sprung nach Berlin. Wie groß die Enttäuschung ist? „Die ist nicht vorhanden. Es war ja klar, dass es schwierig wird“, sagt Grämmer. „Aber ich denke, dass wir in Schwabach und Nürnberg zum guten Ergebnis der SPD unseren Teil beigetragen haben.“

Aus Schwabach stammt auch die Direktkandidatin der Freien Wähler: Sonja Mack erreichte 6,0 Prozent der Erststimmen in Schwabach und liegt damit über dem Zweitstimmenergebnis von 4,2 Prozent. „Ich freue mich riesig und bin stolz“, erklärt sie. Die 4,2 Prozent seien mehr als eine Verdoppelung des Resultats von 2017. Frust über den verpassten Einzug der Freien Wähler? „Der hält sich sehr in Grenzen. Ich sehe das sportlich. Wir sind noch in der Aufbauphase.“

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