Schwabacher Paukenschlag: Detlef Paul verlässt die CSU

5.9.2020, 06:00 Uhr
Ein Bild aus besseren Zeiten. Es zeigt Detlef Paul (re.) bei der Senioren-Union mit seinem langjährigen Stadtratskollegen Stefan Kosmann.

© Detlef Paul Ein Bild aus besseren Zeiten. Es zeigt Detlef Paul (re.) bei der Senioren-Union mit seinem langjährigen Stadtratskollegen Stefan Kosmann.

Die Probleme begannen vor rund einem Jahr. Detlef Paul haderte damit, dass er von seiner CSU im Vorfeld der Kommunalwahl auf der Stadtratsliste nur auf Platz 14 gesetzt wurde. Zumal man mit ihm zuvor "nicht einmal darüber gesprochen", habe, wie Paul auf Nachfrage dieser Zeitung betont. "Ich glaube, diesen Platz hatte ich nicht ganz verdient." Schließlich habe er sich fast ein Vierteljahrhundert für die CSU im Stadtrat eingebracht, zwölf Jahre davon als Fraktionschef.

CSU-Kreisvorsitzender Karl Freller räumt ein, dass es bei einer Listenaufstellung "immer Unzufriedene geben wird. Das ist bei allen Parteien so." Doch er habe den Wunsch der Landesspitze – die Christsozialen sollten auch auf kommunaler Ebene jünger und weiblicher werden – umgesetzt.

Erste Risse

Wie dem auch sei: Die Beziehung zwischen dem Landschaftsarchitekten Detlef Paul und der CSU erhielt erste Risse. Im Wahlkampf machte der Kandidat dann zumindest teilweise sein eigenes Ding. Er warb mit Postwurfsendungen an der CSU vorbei für sich und veröffentlichte einen eigenen Kino-Spot. Aus seiner Sicht mit Erfolg: Paul schaffte es wieder in den 40-köpfigen Stadtrat.

Aber: Seine Fraktionskolleginnen und -kollegen waren angefressen. Und als die Wahl zum Fraktionsvorstand anstand, gab es die Retourkutsche: Detlef Paul wurde nicht mehr berücksichtigt. "Ich wollte ja gar nicht mehr Fraktionssprecher werden, aber ich hatte gehofft, dass meine Erfahrung im erweiterten Fraktionsvorstand noch gefragt sein würde", sagt Paul.

Hinterbänkler statt Fraktionschef

War sie aber nicht. Detlef Paul wurde vom Fraktionschef zum "Hinterbänkler". Ein paar Monate lang rang er mit sich. Ende August hat er aber dann sein Kündigungsschreiben aufgesetzt und an den neuen Fraktionsvorsitzenden Memmler ("lieber Oliver") und an den Kreisvorsitzenden Freller ("lieber Karl") geschickt.

Darin schreibt Paul, dass ihm die Entscheidung schwer falle, dass er gemeinsam mit der CSU viel erreicht habe, dass ihm die CSU "ans Herz gewachsen" sei. "Schweren Herzens" verlasse er die Partei und die CSU-Stadtratsfraktion. Doch das "seit Jahrzehnten bestehende enge Vertrauensverhältnis zur Schwabacher Parteispitze ist nachhaltig gestört bzw. erloschen".

Enttäuscht und entsetzt

Paul betont, dass er keine schmutzige Wäsche waschen wolle. Der zwischenmenschliche Umgang miteinander in den vergangenen Monaten habe ihn aber "enttäuscht und entsetzt".

Auch CSU-Chef Karl Freller bemüht sich, den Ball flach zu halten – obwohl der Wechsel eines so langgedienten Stadtratsmitglieds kein 08/15-Ereignis ist. "Ich bedanke mich bei Detlef Paul für seine Arbeit und für seinen Einsatz für die CSU und wünsche ihm viel Glück bei den Freien Wählern", sagt Freller knapp. Versuche, Detlef Paul zum Bleiben zu überreden, habe er nicht unternommen. "Meine lange politische Erfahrung zeigt, dass man Gehende nicht halten kann."

Humpenöder freut sich

Bruno Humpenöder, der FW-Chef und FW-Fraktionsvorsitzende im Schwabacher Stadtrat, ist froh über den prominenten Neuzugang. "Ich habe mit dem Detlef schon in zwölf gemeinsamen Jahren als Fraktionssprecher – er bei der CSU, ich bei den Freien Wählern – gut zusammengearbeitet", so Humpenöder.

Positiver Nebeneffekt aus Sicht der FW: Durch den Wechsel verschieben sich nicht nur die Kräfteverhältnisse im Stadtrat leicht. Die CSU stellt künftig "nur" noch 13 Mitglieder, die FW dagegen wieder vier. Durch den Wechsel verschiebt sich auch die Ausschussbesetzung zu Lasten der CSU.

Die Freien Wähler erhalten unter anderem einen zusätzlichen Sitz in Haupt-, Bau- und Kulturausschuss. Detlef Paul soll, so Humpenöders Plan, der Haushaltssprecher der Freien Wähler werden. "Das entlastet mich merklich."

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