Wunderbare Melange: AKG-Schüler/innen spielten „Vorurteilt“

14.3.2016, 10:11 Uhr
Wunderbare Melange: AKG-Schüler/innen spielten „Vorurteilt“

© Foto: Stefanie Ulrich

Zu Zeiten der Flüchtlingskrise gehören Vorurteile zum Alltag, aber auch in anderen Bereichen des täglichen Lebens sind sie omnipräsent.

Provozierende Plakate

Provozierende Plakate kündigten die beiden Aufführungen an: Es glotzte eine gelangweilte, rauchende Lehrerin herab, wobei sie ein Schild in die Höhe hob mit der Aufschrift: „Wer nichts kann, wird Lehrer.“ Auf einem anderen Foto war ein Flüchtlingskind zu sehen, der Untertitel verkündete, dass alle Flüchtlinge Schmarotzer seien. Wieder ein anderes zeigte einen türkischen Migranten, auf dessen Tafel propagiert wurde: „Türken boxen kleine Kinder.“

Und unter allen Plakatbildern prangte der Titel des aktuellen Theaterstücks des Mittel- und Oberstufentheaters am AKG: „Vorurteilt“. Dieses Wortspiel pointiert die Botschaft des Stücks sehr treffend: Mit Vorurteilen verurteilt man andere – und zwar pauschal.

Ein interessantes und spannungsreiches Bühnen-Setting wurde Grundlage der Inszenierung: Auf einer Haupt-, einer Vor- und zwei Nebenbühnen entstanden Wohnungscluster eines Mehrfamilienhauses, in denen die unterschiedlichsten Fraktionen leben: eine gestresste Alleinerziehende, eine türkische Mutter mit ihrem Sohn, der in seiner Hilflosigkeit nur mit Aggressivität reagiert, ein akkurater Bürokrat, eine vierköpfige Bilderbuchfamilie und grantelnde Seniorinnen, die im Stile Waldorfs und Statlers ihre Umwelt bissig kommentieren.

Begegnungen mit Spannung

Als dann auch noch eine Flüchtlingsfamilie einzieht, ist die kuriose Mischung perfekt. In den spannungsgeladenen Begegnungen der verschiedenen Seiten manifestieren sich Vorurteile, manche werden scheinbar bestätigt, andere schonungslos entlarvt.

Dabei ist es den Schauspielern gelungen, eine wunderbare Melange zwischen nachdenklich stimmenden Momenten – etwa, wenn sich herausstellt, dass die über Flüchtlinge schimpfende Oma selbst nach dem Zweiten Weltkrieg aus Ostpreußen fliehen musste – und skurrilen und komischen Szenen auf die Bühne zu bringen.

Ein herrlicher Höhepunkt ist es, wenn der nach außen brutale Türke unter der Fuchtel seiner dominanten Mutter einen hilflosen Kampf mit Bügelbrett und Wäscheleine vollführt und später dem Kind, das er am liebsten verkloppt, gesteht: „Manche schwimmen mit dem Strom, manche gegen den Strom. Und ich irre durch den Wald und finde den Fluss nicht.“

Unter der Leitung der Theaterpädagogen Henning Krüger und Johannes Möhler ist es den Schülerinnen und Schülern gelungen, ein kurzweiliges, witziges und nachdenkliches Stück im schuleigenen Blauen Theater zu inszenieren, ohne dabei mit der moralischen Keule das Publikum belehren zu wollen. Beeindruckend dabei ist nicht nur, dass die Schauspieler alle Texte selbst verfasst haben, sondern vor allem auch, mit welcher Konzentration und Präsenz sie auf der Bühne stehen und offensichtlich große Freude am Spiel mit den Vorurteilen haben. Mit Standing Ovations drückte das Publikum seine Begeisterung darüber aus.

33 Schauspieler

Dass es nicht leicht sei, eine Produktion mit nunmehr 33 jugendlichen Schauspielern zu stemmen, gibt Theaterlehrer Krüger nach der Premiere gerne zu. Die hohe Zahl der Interessierten zeige aber auch, dass die kontinuierliche Theaterarbeit am AKG Früchte trage.

Um dieses Profil zu stärken, wird ab dem kommenden Schuljahr für die neuen Fünftklässler eine Theaterklasse eingerichtet, in der die Schüler im Klassenverband zwei Stunden pro Woche zusammen Theater spielen. Dass durch das gemeinsame Spiel Vorbehalte innerhalb der Klasse abgebaut werden und somit niemand „vorurteilt“ wird, ist auch ein erklärtes Ziel der Initiatoren.

 

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