SEK-Munition aus Franken bei Rechtsextremen? Ministerium widerspricht

10.3.2020, 20:41 Uhr
Wie kam die Munition in die Hände von Marco G.? Das ist derzeit noch völlig unklar.

© dpa Wie kam die Munition in die Hände von Marco G.? Das ist derzeit noch völlig unklar.

Allein die Auflistung der Munition, die 2017 und 2019 bei Durchsuchungen in Mecklenburg-Vorpommern gefunden wurde, umfasst 16 Seiten. Sie sind Teil der Anklage gegen Marco G., einem ehemaligen Polizisten aus dem Bundesland, der wohl einer der Gründer der mutmaßlich rechtsextremistischen Chatgruppe "Nordkreuz" ist. Die deutschen Prepper haben sich über den Messengerdienst Telegram ausgetauscht, laut der Bundesanwaltschaft haben sie sich für den "Tag X" - etwa den Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung - darauf vorbereitet "Vertreter des politischen linken Spektrums festzusetzen und mit ihren Waffen zu töten".

Marco G., so viel scheint klar, ist ein wichtiger Teil dieses Netzwerkes. Gegen ihn wird aber vorerst nicht wegen Rechtsterrorismus ermittelt - zwei andere Männer stehen im Visier der Bundesanwaltschaft. Juristisch auffällig geworden ist der 49-Jährige dennoch. Bei eben jenen Razzien seien Tausende Schuss Munition gefunden worden - er soll sie zum Teil nicht ordnungsgemäß gesichert haben. "Er konnte Dinge legal erwerben", sagt Detlef Baalcke, Sprecher des Landgerichts Schwerin, wo der Fall verhandelt wurde. Er sei einer der wenigen Personen in dem Bundesland gewesen, der eine entsprechende Waffenbesitzkarte besitzt.

Auch Lieferungen an die Bereitschaftspolizie in den Beständen

In der Privatwohnung von Marco G., sagt das Landgericht Schwerin auf Nachfrage der Nürnberger Nachrichten, sei auch Munition gefunden worden, die 2013 ursprünglich an die Spezialeinheiten Nordbayern geliefert wurden. Es handelt sich um 90 Patronen der Sorte '203 Remington Sniperline'. Zudem seien 540 Schuss gefunden worden, die 2015 an das Polizeipräsidium Mittelfranken gingen. Auch Lieferungen der Bereitschaftspolizei Nordbayern aus dem Jahr 2018 fanden sich in den Beständen.

Jetzt widerspricht das bayerische Innenministerium auf Nachfrage. Das Landeskriminalamt sei in die Ermittlungen eingebunden, erklärt ein Sprecher - und weiter: "Nach den aktuellen Erkenntnissen (...) stammt die aufgefundene Munition nicht aus dem Bestand des Polizeipräsidiums Mittelfranken; derartige Munition wurde seitens des Polizeipräsidiums Mittelfranken weder bestellt noch bezogen." Es bestehe weiterer Aufklärungsbedarf, so das Ministerium.

Bayern geht "jedem geringen Hinweis" nach

In der Anklage ist die Munition aus Franken aber penibel genau aufgelistet. Dass die Patronen ursprünglich nach Franken gingen, das könne man relativ genau sagen, so der Sprecher des Landgerichts. "Etwa über Serien- oder entsprechende Losnummern oder Kartonbezeichnungen."

Die Aufarbeitung, betont das Innenministerium, läuft. Man werde "alle Erkenntnisse, die aus dem Strafverfahren (...) gewonnen werden" einbeziehen, heißt es in einer Mitteilung. "Fest steht, dass wir in Bayern jedem auch noch so geringen Hinweis einer Verbindung unserer Sicherheitsbehörden zu rechtsextremen Gruppierungen konsequent nachgehen."

Das Landgericht sprach im Dezember eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten gegen Marco G. aus - wegen der Strafhöhe von über einem Jahr darf der Mann wohl nicht wieder zurück in den Polizeidienst. Allerdings ist das Urteil noch nicht rechtskräftig, betont der Sprecher des Landgerichts.