Vermerk war verschollen

30.5.2016, 19:51 Uhr
Vermerk war verschollen

© Archivfoto: dpa

Es sind nur drei Seiten, zusammengetragen von einer Beamtin. Darin schreibt sie nieder, was sie vom Hörensagen weiß. Nicht alle Fakten stimmen, doch der Kern stimmt durchaus. Es geht um Hubert Haderthauer, Ehemann von Christine Haderthauer, und seine Rolle bei der Sapor Modelltechnik. Vor allem aber geht es um seine „eher undurchsichtigen“ Geschäfte und darum, was das für Christine Haderthauers Rolle bedeuten könnte, die eben erst zur Sozialministerin aufgestiegen war. „Umgehend“, schreibt die Beamtin, müsse Haderthauer seine Geschäfte einstellen.

Der Vermerk, so viel steht fest, ist brisant, weil er nahelegt, dass das Ministerium schon beim Amtsantritt von Christine Haderthauer über die Geschäfte ihres Mannes informiert gewesen war. Den Mitgliedern des Untersuchungsausschusses blieb diese Erkenntnis lange verborgen: Das Papier tauchte in den Unterlagen nicht auf, die das Ministerium übergeben hat. Erst spät reichten die Beamten den Vermerk nach.

Er sei, rechtfertigen Spitzenbeamte nun im Ausschuss, erst bei einem zweiten Aktensturz aufgetaucht. „Wir hätten auch einfach die 60 laufenden Meter Aktenordner dem Ausschuss übergeben können“, sagt einer der Beamten dem Gremium. Das ist die Linie des Sozialministeriums: Quasi als Service habe das Haus via elektronischer Registratur alle Ordner nach Stichworten gefilzt und die Ausbeute dem Landtag geschickt.

Als erste Hinweise auf den Vermerk öffentlich wurden – der Untersuchungsausschuss arbeitete längst – sei die Liste um weitere Begriffe ergänzt und ein zweiter Durchlauf gestartet worden. Prompt tauchte der Vermerk auf.

Es kann so gewesen sein. Manches allerdings bleibt widersprüchlich: dass sich etwa mehrere Beamten zu einem Zeitpunkt mit dem Thema beschäftigt hatten, als der Vermerk noch offiziell verschollen und sein Inhalt angeblich unbekannt war. Oder warum er nicht über das so simple wie naheliegende Stichwort Haderthauer gesucht worden sein soll.

Für die, die der Angelegenheit nicht recht trauen, liegt eine andere Interpretation näher. Der zweite Aktensturz, heißt es bei der Opposition, könne in Wahrheit zwei Zwecken gedient haben: zum einen als Alibi dafür, dass der Vermerk doch noch aufgetaucht war. Und zum anderen zur Absicherung, dass nicht weitere brisante Unterlagen in den Akten schlummern.

Die Beamten des Sozialministeriums beteuern unisono, dass sie nie Schlimmes im Schild geführt, sondern stets den Servicegedanken dem Landtag gegenüber im Blick gehabt hätten. An dem hegt allerdings die Erlanger SPD-Abgeordnete Alexandra Hiersemann so ihre Zweifel. Immerhin finden sich in den Unterlagen des Sozialministeriums diverse Vermerke, wie dessen Mitarbeiter mit Anfragen und Anträgen der Opposition im Landtag umgehen sollten. Mal hieß es, die Fachleute sollten den Ausschusssitzungen fernbleiben, mal, dass sie längst veröffentlichte Presseerklärungen vorlesen sollten.

Hiersemann findet das „undemokratisch“. Dass die CSU mit ihrer absoluten Mehrheit sich nicht einmal mehr mit der Opposition auseinandersetzen wolle, sei doch sehr entlarvend. Florian Herrmann, der für die CSU neben dem Fürther SPD-Politiker Horst Arnold stellvertretend den Untersuchungsausschuss leitet, kann das nicht verstehen; das Vorgehen, sagt er, diene auch der Arbeitsökonomie. Die SPD sieht das naturgemäß anders. „Das ist ein weiterer Abstieg in der politischen Kultur unseres schönen Freistaats“, sagt Horst Arnold.

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