In Pappenheim wird es hässlich

8.3.2020, 07:29 Uhr
In Pappenheim wird es hässlich

© Foto: limes-luftbild.de

  Auf dem "politischen Informations-Portal" Pappenheim24 erschien die vergangenen Tage eine Serie von Leserbriefen. Allesamt richteten sie sich gegen Gerhard Gronauer, den Vorsitzenden der SPD-Fraktion im Pappenheimer Stadtrat. Ihm wird Vorteilsnahme, Verlogenheit, Dilettantismus und vieles mehr vorgeworfen. Ein Mix aus angeblichen moralischen, juristischen und politischen Verfehlungen. Auch die Familie des SPD-Politikers wird angegriffen.

Nach Recherchen unserer Zeitung hat sich keiner der erhobenen Vorwürfe als stichhaltig erwiesen. Trotzdem wiesen es die Fraktionsvorsitzenden von CSU, Freien Wählern (FW) und Bürgerliste zurück, sich vor ihren Stadtratskollegen zu stellen. Obwohl der sich die Vorwürfe nur eingehandelt hat, weil er im Auftrag der Stadt ehrenamtlich nach Baugebieten in Bieswang suchte.

Man werde sich in "solche Fehden" nicht einmischen, stellte Karl Satzinger für die Bürgerliste fest. "Den Wahrheitsgehalt der Leserbriefe kann und werde ich nicht beurteilen. Ob die dort gemachten Behauptungen der Wahrheit entsprechen oder nicht, weißt Du selber am besten", stellte Florian Gallus für die CSU fest. "Die an Dich gerichteten Vorwürfe und wohl auch teilweise privaten Auseinandersetzungen sind Deine Angelegenheit", kommentierte Walter Otters für die Freien Wähler.

"Private Auseinandersetzungen"

Allerdings wurden diese "auch teilweise privaten Auseinandersetzungen" auf dem Internet-Portal veröffentlicht, dessen Betreiber der Pappenheimer Vorsitzende der Freien Wähler, Wolfgang Sachse, ist. Leserbriefe, die sowohl das Weißenburger Tagblatt als auch der Pappenheimer Skribent nach juristischer Prüfung zurückgewiesen haben. Weil sie falsche Tatsachenbehauptungen enthalten und zum Teil strafrechtlich relevant sein könnten. Verfasser ist Martin Hajek, einen Bieswanger, der nach eigenen Angaben keiner politischen Partei anhängt.

Sein schärfster Vorwurf spinnt sich um die Entscheidung des Stadtrats, einen Bebauungsplan für ein neues Baugebiet in Bieswang aufzustellen. Gronauer soll dafür gesorgt haben, dass sich die Stadt für das Baugebiet entscheidet, dessen Grund die Stadt nun vom Bruder des Vaters des Freundes von Gronauers Tochter kaufen wird. Deshalb erhebt Hajek den Vorwurf der "Vorteilsnahme im (Ehren-)Amt" und spricht von einem "Sumpf von Eigennutz, Verlogenheit und Selbstgerechtigkeit" und fragt, ob es sich beim SPD-Fraktionsvorsitzenden um einen "sozialdemokratischen Amigo" handle.

Im Kern belegt Hajek all diese Vorwürfe nicht, sie sind in einigen Teilen nachweislich falsch, in anderen werden sie brüchig, sobald man ihnen im Gespräch mit Hajek auf den Grund gehen will (siehe unseren Faktencheck). Wie tief der Graben zwischen den Parteien ist, zeigt sich daran, dass in einer von den Freien Wählern herausgegebenen Veröffentlichung ein Vorwurf Hajeks übernommen wird. Die Veröffentlichung sei mit CSU und Bürgerliste abgestimmt, stellte Wolfgang Sachse fest.

In dem Flugblatt wird behauptet, dass der Pappenheimer Bürgermeister kein Seniorenheim aus dem ehemaligen Schulhaus machen wollte, sondern 2015, am Höhepunkt der Flüchtlingskrise, das Gebäude dem Landratsamt als Flüchtlingsunterkunft angeboten habe. Der Beitrag ist überschrieben mit "Kein Herz für Senioren – die wahre Haltung des Bürgermeisters zum Projekt".

Gegen die Bieswanger Bürger?

Der gleiche Vorwurf, nur erheblich zugespitzter, findet sich in einem der Hajek‘schen Leserbriefe. Gronauer habe "gegen die Interessen der Bieswanger Bürger" ein Seniorenheim verhindern wollen, um stattdessen eine Asylunterkunft dort einzurichten. Die Frage, was ihn dazu getrieben haben könne, beantwortet Hajek selbst. Gronauer erhalte die Mehrzahl seiner Stimmen aus Pappenheim, und es sei ihm mit diesem Manöver darum gegangen, die Flüchtlinge in Bieswang zu sammeln, Pappenheim davon frei zu halten und so Wählerstimmen zu ergattern. Auch hier ist der Vorwurf falsch (siehe Faktencheck).

Gerhard Gronauer und seine Familie zeigten sich von den Vorwürfen getroffen. "Das ist eine Verleumdungskampagne." Dass seine Stadtratskollegen ihn hier nicht mit einer Solidaritätsbekundung unterstützen, findet er enttäuschend. Er wird juristisch gegen den Verfasser der Leserbriefe sowie gegen den Betreiber der Seite vorgehen.

"Das kann ich nicht so stehen lassen. Wenn das stimmen würde, müsste ich als Beamter in Pension ein Disziplinarverfahren befürchten." Bürgermeister Uwe Sinn erklärte ihm seine volle Unterstützung. Man dürfe sich solche Angriffe auf ehrenamtliche Kommunalpolitiker nicht gefallen lassen.

Allerdings werden die Angriffe von anderen Kommunalpolitikern zum Teil unterstützt. Pappenheims zweiter Bürgermeister Claus Dietz (Freie Wähler) hat einen der Leserbriefe im Netz kommentiert. Er fragt sich, ob es Zufall sei, dass dem Stadtrat "verschwiegen" worden sei, dass Leitungen in dem geplanten Baugebiet vorhanden seien. Damit hält er offenbar eine bewusste Irreführung für möglich.