Austritt

Zwei Weißenburger Linke kehren der Partei den Rücken

26.12.2021, 15:41 Uhr
Kehrt den Linken den Rücken: Der Weißenburger Stadtrat Victor Rother.

© e-wug-wug-20210308_220726-1.jpg, NN Kehrt den Linken den Rücken: Der Weißenburger Stadtrat Victor Rother.

Victor Rother, der im Sommer 2007, politisiert durch die Teilnahme an den Protesten gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm, der Schulstreik-Bewegung gegen den Irakkrieg und dem Kampf gegen Neonazismus und Rassismus, in die Partei Die Linke eingetreten ist, hat sich 14 Jahre später von der Partei entfremdet - oder besser gesagt er von ihr. Genau einen Tag vor Weihnachten teilte er dem Kreisvorstand seinen Austritt mit und gab bekannt, dass er auch seine Ämter als Mitglied im Weißenburger Ortsvorstand und als Mitgliederbeauftragter des Kreisverbandes Ansbach/Weißenburg-Gunzenhausen niederlegt.

"Keine Perspektiven mehr"

Rother hat als Delegierter auch bei der Gründung des Linken- Landesverband im September 2007 in Zirndorf mitgewirkt, war Kreisvorsitzender, in Weißenburg Ortssprecher und sogar Kandidat für den mittelfränkischen Bezirkstag und den Kreistag Weißenburg-Gunzenhausen. Im letzten Jahr wurde Rother für Die Linke in den Weißenburger Stadtrat gewählt, dem er weiterhin als parteiloses Mitglied angehören will. In dem Schreiben an den Kreisvorstand ist Rother seine Enttäuschung durchaus anzuhören: „Ich verlasse nun Die Linke, weil ich enttäuscht und auch traurig darüber bin, welchen Weg meine Partei und die neue Bundestagsfraktion eingeschlagen hat. Ich sehe auch vor Ort für mich keine Perspektive mehr. Zu viel Porzellan ist in den vergangenen Jahren und Monaten zu Bruch gegangen.“

Glaubwürdigkeit verspielt

Der Kipppunkt für ihn sei die Wahl des bayerischen Abgeordneten Klaus Ernst zum Vorsitzenden des Ausschusses für Klima und Energie in der vergangenen Woche gewesen. Rothers Lesart zufolge habe damit Die Linke ihre Glaubwürdigkeit bei der Klimafrage verspielt. Schließlich sei der bekennende Porschefahrer Klaus Ernst Wirtschafts- und nicht Klimapolitiker: „Die legitimen Proteste gegen die Automobilmesse in München hat er offen kritisiert und sich wiederholt gegen eine stärkere Ausrichtung der Partei hin zu mehr Klimaschutz und ökologischen Themen ausgesprochen. Rother sieht die ökologische Frage als eine der „wichtigsten politischen Aufgabenfelder unserer Zeit“. Die menschengemachte Klima- und Biodiversitätskrise bedrohe jegliche Existenz, weshalb er es auch sehr bedauere, dass es für ein rot-grün-rotes Bündnis auf Bundesebene nicht gereicht habe.

Ein weiterer Grund für Rothers Austritt sei zweifellos Sahra Wagenknecht. Die prominenteste Linken-Politikerin profiliere sich immer wieder aufs Neue mit ihren persönlichen Meinungen, die oft konträr zu elementaren Beschlüssen der Partei und ihrer Mitglieder stünden. Mit ihrer Abrechnung in Form einer Buchveröffentlichung habe sie im Bundestagswahlkampf der Linken sehr geschadet, glaubt Rother.

"Halbwahrheiten" von Wagenknecht

Ein neuer trauriger Höhepunkt sei Wagenknechts Haltung in der Corona-Krise. Ihre impfskeptischen Aussagen und die Verbreitung von „Halbwahrheiten“ würden die Position der eigenen Partei untergraben und Coronaleugner beflügeln. Zudem falle sie den Kolleginnen und Kollegen im Gesundheitswesen in den Rücken. Der Beschluss des Parteivorstands sei dagegen klar: „Impfen ist ein Akt der Solidarität“. Als parteiloser Stadtrat wolle sich Rother „im Sinne meiner Wählerinnen und Wähler weiterhin für ein soziales, gerechtes und ökologisches Weißenburg“ und für bezahlbares Wohnen, Kultur und eine Verkehrswende einsetzen.

Auch der Kreisrat der Linken, Felix Goldhorn, ist aus der Partei ausgetreten.

Auch der Kreisrat der Linken, Felix Goldhorn, ist aus der Partei ausgetreten. © Markus Steiner, NN

Linken-Kreisrat Felix Goldhorn begründet seinen Schritt vor allem so: „Gerade um als linker Einzelkämpfer in einem sehr konservativ geprägten bayerischen Kommunalgremium seine Meinung konsequent zu vertreten, braucht es eine politische und persönliche Überzeugung. In den letzten Sitzungen des Kreistages habe ich immer wieder bemerkt, dass meine Überzeugungen, vor allem was Klima- Umwelt- und Artenschutz angeht von großen Teilen der Partei nicht mitgetragen werden.“

Er habe dagegen als einziger von 60 Kreisrät/innen im Kreistag das „Strategische Leitbild Altmühlfranken 2030“ abgelehnt. Mit der Begründung, dass die darin enthaltenen Vorschläge zum Klima- und Umweltschutz bei weitem nicht ausreichten, um den Landkreis CO2-neutral zu gestalten oder um den Klimawandel und die daraus entstehenden Konsequenzen für die Gesellschaft ernsthaft anzugehen. Goldhorns Meinung zufolge müsse eine moderne Linke „grüner als die Grünen“ sein, was große Teile seiner ehemaligen Partei noch nicht begriffen hätten.

Auch Goldhorn führt unter anderem Wagenknecht und Ernst als maßgebliche Gründe für seinen Austritt an und verspricht, dass er als Kreisrat weiterhin die Politik im Landkreis auch als parteiloses Mitglied aktiv mitgestalten wolle.

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