Zwei Frauen, 13 Kinder: Mehrfach-Ehe darf fortgesetzt werden

20.3.2018, 16:43 Uhr
Zwei Frauen, 13 Kinder: Mehrfach-Ehe darf fortgesetzt werden

© Foto: Saeed Khan/afp

Im Sommer 2016 hatte der damalige Justizminister Heiko Maas vollmundig angekündigt, dass "Polygamie in Deutschland keinen Platz finden darf". Seine Forderung lautete: Keine "Mehrfach-Ehe darf in Deutschland anerkannt werden". Doch das Gegenteil ist in der Praxis der Fall. Trotz des Verbots der Polygamie gehört die Mehr-Ehe heute zur Lebenswirklichkeit muslimischer Migranten in Deutschland. Sie ist kein Massenphänomen, aber auch kein Einzelfall. Im Landkreis Neumarkt ist ein Fall den Behörden bekannt.

Die irakische Familie sei bereits mit der ersten großen Flüchtlingswelle in den Jahren 2015/16 angekommen und zunächst gemeinsam in einer Asylunterkunft untergebracht worden, berichtet Lothar Kraus, Sachgebietsleiter bei der Ausländerbehörde des Landkreises. Inzwischen seien der Iraker samt seiner zwei Frauen und 13 Kindern als Flüchtlinge anerkannt und wohnten unauffällig in einer Wohnung im Landkreis.

Dass die Doppelehe nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch verboten und nach dem Strafgesetzbuch in Deutschland sogar strafbar ist, greife hier nicht, erklärt der Behördenleiter. Wenn die Ehen im muslimischen Ausland, wo Vielehen möglich sind, nach dort gültigem Recht ordnungsgemäß geschlossen wurden, gelten auch in Deutschland beide Frauen als Ehefrauen. Die polygame Ehe kann dann auch hier straffrei fortgesetzt werden. Der Koran duldet Ehen mit bis zu vier Frauen. Vielehen sind daher in vielen muslimisch geprägten Ländern rechtsgültig.

Die Frage, ob die deutschen Behörden durch diese Praxis nicht die Polygamie fördern, wird von Kraus verneint. "Wir können da als Deutsche nicht hergehen und sagen, bei uns passt das aber nicht", findet Lothar Kraus und verweist auf internationale Abkommen. Zumal es meist auch im Interesse des Kindeswohls ist, dass die Familien zusammenbleiben.

Es gibt Härtefälle

Anders verhält es sich laut Kraus mit in Deutschland nur religiös geschlossenen sogenannten Imam-Ehen, bei denen der Imam die Partner in einer Moschee traut. "Das gibt es immer wieder. Solche Ehen sind aus deutscher Sicht Nicht-Ehen und rechtlich ungültig."

Restriktiv werde in Bayern auch das Thema Familiennachzug gehandhabt. Der sei nur für eine Frau möglich. Allerdings gebe es auch hier Härtefälle. In der Regel haben die leiblichen Kinder einen Rechtsanspruch auf Familiennachzug. "Über diesen Umweg könnte auch die Mutter, die Zweitfrau ist, nach Deutschland kommen", weiß Kraus. Für sie müsste aber der Lebensunterhalt vom Ehemann gesichert sein, staatliche Hilfen bekäme sie nicht. Beim Thema Familiennachzug wünscht sich der Amtsleiter konkretere Regeln, "das ist eine Grauzone". Die machte es offenbar möglich, dass die Kreisverwaltung Pinneberg in Schleswig-Holstein kürzlich einem Syrer erlaubt hat, seine Zweitfrau nach Deutschland zu holen.

Wenn der Bedarf vorhanden ist, bekommen auch die Mitglieder einer hier geduldeten Vielehe öffentliche Unterstützung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehungsweise Hartz IV. Je nachdem ob die Familie in einer oder mehreren Wohnungen untergebracht ist, gilt der jeweilige Haushalt als Bedarfsgemeinschaft.

Doch wer hilft den muslimischen Ehefrauen, wenn es zu Problemen, gar zu Gewalt innerhalb der Familie kommt? Kraus verweist auf die allgemeinen Anlaufstellen wie die Gleichstellungsstellen, die Familienberatung, die Flüchtlings- und Integrationsberatung, die Schwangerenberatung oder die Kontaktbeamtinnen bei der Polizei.

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