Trend zu "Coolcation"
Stockholm statt Mallorca: Lösen kältere Regionen die Lieblingsurlaubsorte der Deutschen langsam ab?
29.05.2025, 15:45 Uhr
Wenn die Sommerferien anstehen, zieht es die meisten Deutschen in sonnigere Gebiete. Spanien, Italien und Türkei sind laut einer Untersuchung der Stiftung für Zukunftsfragen auch in diesem Jahr die beliebtesten Auslandsreiseziele. Doch aktuell macht sich bei Urlaubern ein Trend bemerkbar, der so gar nichts mit höheren Temperaturen zu tun hat. Statt Sommer, Sonne, Kaktus zieht es immer mehr Sommerurlauber in kältere Regionen.
Diesen in der Touristik schon länger bekannten Trend nennt man "Coolcation", was auf Deutsch etwa so viel bedeutet wie kühles Reisen. Genau diese Art zu reisen erfreut sich aktuell immer weiter steigender Beliebtheit, glaubt man den Zahlen der Ferienhausplattform FeWo-direkt. Zwar seien Spanien und Italien nach wie vor die beliebtesten Anlaufstellen für Langzeiturlauber. Doch die kühlere Konkurrenz werde immer größer, heißt es in einer Pressemitteilung. Demnach wurde nach einem vierwöchigen Sommerurlaub in Schweden 30 Prozent häufiger gesucht als noch im vergangenen Jahr, in Dänemark sind es sogar 35 Prozent mehr.
Bretagne statt Balearen
„Der Reisetrend Coolcation entwickelt sich weiter“, erklärt Susanne Dopp, Sprecherin von FeWo-direkt. „Hitzewellen werden häufiger und immer mehr Menschen denken darüber nach, einen Teil des Sommers in Regionen mit angenehmerem Klima zu verbringen. Analog zum Überwintern ist das Phänomen des Übersommerns entstanden.“ Auch für die Ostsee registriert das Portal einen Anstieg um 105 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, in Frankreich ist der Unterschied sogar noch größer.
Für das französischen Département Finistère im Westen der Bretagne gibt es ganze 160 Prozent mehr Suchanfragen. Das führt das Unternehmen auch auf die im Vergleich zu skandinavischen Ländern niedrigeren Lebenshaltungskosten zurück. Das kommt sowohl Einrichtungen an der Ostsee als auch in der Bretagne zugute. Die Zahlen des Portals beziehen sich allerdings ausschließlich auf immer populärere Langzeiturlaube. Zählt man auch kürzere Trips mit dazu, ergibt sich ein anderes Bild.
Nur ein Nischentrend?
"Während wir in Skandinavien von Tausenden Reisenden sprechen, buchen für Spanien, Griechenland und die Türkei jedes Jahr Millionen Urlauber aus Deutschland", sagt Tui-Deutschland-Sprecher Aage Dünhaupt. Größere Umschwünge im sommerlichen Reiseverhalten, wonach Urlauber die Hitze des Südens meiden und kühlere Regionen bevorzugen, beobachtet man auch beim Tui-Konkurrenten Dertour nicht: Ja, die nordischen Länder lägen im Trend. Es sei aber nicht so, dass sie warmen Badedestinationen den Rang abliefen und Reisende ihren Sommerurlaub im großen Stil verlagerten.
Eine erhöhte Nachfrage in Richtung Norden sei nicht absehbar, sagte schon der Tourismusforscher Martin Lohmann in einem Interview Anfang März. Tui-Deutschland-Sprecher Dünhaupt sieht mit Blick auf die Buchungszahlen bei Deutschlands größtem Veranstalter "eher einen Nischentrend als einen Wandel im Reiseverhalten der Mehrheit". Auch wenn die Nachfrage nach nördlichen Reisezielen kontinuierlich wachse, ändere sich an der grundsätzlichen Präferenz der Gäste wenig, sagt Dünhaupt: Das Mittelmeer bleibe die Top-Wahl für den Sommer, mit starken Zuwächsen und unverändert hoher Nachfrage.
Kreuzfahrten bilden die Ausnahme
Eine Ausnahme sind die Kreuzfahrten: Von acht Schiffen der "Mein Schiff"-Flotte von Tui Cruises seien im Sommer die Hälfte von norddeutschen Häfen aus in den kühleren Fahrtgebieten um Skandinavien, dem Baltikum, Großbritannien und Island unterwegs, so Dünhaupt.
Aida Cruises hat nach Angaben eines Unternehmenssprechers sogar aktuell acht seiner elf Schiffe in deutschen Häfen positioniert. 290 Reisen nach Nordeuropa biete man im Sommer 2025 von dort an. Rund 80 Prozent der Aida-Gäste reisten damit in der Sommersaison ab einem deutschen Hafen.
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