Der Club-Trainer im Gespräch

Klauß über den FCN: "Wir sind besser als letztes Jahr"

Fadi Keblawi

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9.2.2022, 05:55 Uhr
Liebe, Glaube, Leidenschaft: Manchmal bedeutet der Club auch einfach nur Leiden. Robert Klauß weiß das auch.

© Sportfoto Zink / Daniel Marr, Sportfoto Zink / Daniel Marr Liebe, Glaube, Leidenschaft: Manchmal bedeutet der Club auch einfach nur Leiden. Robert Klauß weiß das auch.

Herr Klauß, Sie haben sich wie alle anderen auf die Rückkehr des Publikums ins Max-Morlock-Stadion gefreut. Am Samstag und nach dem 0:5 gegen den FC Ingolstadt stand dann in dieser Zeitung: "Die Rückkehr der Pfeifkonzerte". Hadern Sie manchmal damit, dass der Fußball ein so öffentlicher Sport ist?
Klauß: Nein. Das wäre komplett langweilig, wenn wir das nur für uns machen würden. Jede Kunst- und Kulturform wird doch für die Menschen gemacht, die das dann auch bewerten. Natürlich denkt man sich nach einem 0:5, dass wir das auch ohne Publikum hätten machen können. Am Ergebnis hätte das auch nichts geändert. Aber der große Unterschied ist es, vor Publikum zu gewinnen - das macht alles schöner.

Sie haben dieses unschöne 0:5 gegen Ingolstadt mit der Haltung erklärt, mit der der 1. FC Nürnberg in diese Partie gegangen ist. Nicht mit der falschen Taktik oder Formation. Können Sie das erklären und teilen Sie die Befürchtung, dass das ein grundsätzliches Problem Ihrer Mannschaft ist?
Klauß: Zunächst bedeutet für mich Haltung mehr als die Einstellung oder die Mentalität, auf die das häufig reduziert wird. Das wäre mir zu einfach. Haltung bedeutet für mich, wie gehe ich ein Spiel an. Welche Lösungen finde ich mit Ball? Was möchte ich tun, um zu gewinnen? In diesen Punkten waren wir am Freitag nicht gut. Ein grundsätzliches Problem ist das aber nicht. Man kann nicht gänzlich ausschließen, dass das passiert, aber man kann das Risiko minimieren. Und das gelingt uns mehrheitlich sehr gut.

Manchmal findet man aus dieser Haltungsproblematik dann einfach keinen Ausweg mehr?
Klauß: Am Freitag war das so. Aber es gab auch schon Spiele, in denen wir in dieser Hinsicht auf dem Holzweg waren, in denen wir dann die Abzweigung noch gefunden haben, auch wenn wir diese Spiele vielleicht nicht gewonnen haben. Ich denke da an die Partien gegen den FC Sankt Pauli oder den SC Paderborn. Da haben wir uns im Spielverlauf gefangen, diesmal nicht.

Es hat dieses Spiel sehr viele Menschen aufgewühlt. Wir haben hier in der Redaktion sehr viele Mails und Anrufe bekommen von besorgten Fans. Teils mit sehr konkreten Vorschlägen, was die Formation, die Taktik oder die Auswahl des spielenden Personals betrifft. Wie ist das denn bei Ihnen nach so einem Spiel.
Klauß: Ich bekomme da auch sehr viele Mails, manche mit lustigen Vorschlägen, manche mit konkreten. Ich nehme das also schon wahr. Ich frage mich nur manchmal: Wo sind diese Menschen, wenn wir gewinnen? Wir haben gegen Düsseldorf mit fast dem gleichen Personal und der gleichen Grundordnung gewonnen. Da hätte man grundlegende Probleme vielleicht auch schon ansprechen können. Grundsätzlich ist es so, dass wir eine große Rolle im Leben der Menschen spielen und das ist auch schön so. Wir haben eine Verantwortung, Menschen das Wochenende zu verschönern. Klappt das nicht, kommt eben Kritik. Wenn sie sachlich ist, ist das okay. Wir tauschen uns intern ja auch ständig aus. Das ist nach so einer Niederlage oft sogar noch fruchtbarer, weil die Sinne geschärft sind und man die Chance hat, die Dinge offen anzugehen.

"Die Kritik ist teilweise berechtigt"

Ein Vorwurf, der dem Club gemacht wird, ist dass er die Spiele oft zu reaktiv angeht. Man kann das auch an den Daten ablesen, die die das klassische Pressing betreffen. Die sind im Ligavergleich relativ schlecht, wenn man zum Beispiel schaut, wie viele Pässe der Gegner vor einer Nürnberger Verteidigungsaktion spielen kann. Ist das für ihr Spiel egal?
Klauß: Egal nicht, aber man muss das differenziert betrachten. Ein Grund für diese Werte ist, dass wir sehr gezielt ins Pressing gehen und nicht wild. Wir wollen lieber zwei, drei Pässe des Gegners mehr zulassen, versuchen dann aber eine Balleroberung in den richtigen Räumen. Es stimmt aber auch: Wir wollen da besser sein. Zum reaktiven Spiel: Diese Kritik ist teilweise berechtigt. Gegen Paderborn war das so. Gegen Kiel und teilweise in Düsseldorf waren wir hingegen sehr aktiv. Wir bewegen uns da sehr wellenförmig. Eine Beobachtung ist: Sind wir selbstbewusst, haben wir ein gutes Pressing. Funktioniert andererseits das Pressing nicht, trauen wir uns auch mit dem Ball wenig. Das ist normal, weil das eine junge Mannschaft ist.

Womit wir bei einem weiteren Vorwurfe wären: Die Entwicklung findet nicht statt. Klingt allerdings einigermaßen absurd angesichts von nur sechs Punkten Rückstand auf Platz eins und nach zwei Spielzeiten, die um einiges komplizierter waren.
Klauß: Wir entwickeln uns natürlich. Wir haben zehn Punkte mehr als zum vergleichbaren Zeitpunkt der Vorsaison. Diese Mannschaft wird Schritt für Schritt entwickelt. Vielleicht geht es manchen zu langsam, weil eine gute Halbserie Erwartungen weckt. Noch einmal: Das sind viele junge Spieler, die Stärken und Schwächen haben. Da ist es ein schmaler Grat zwischen fordern und zu viel wollen.

"Ich bin nicht wütend auf meine Mannschaft"

Hat man im Ergebnissport Fußball ausreichend Zeit für so eine Entwicklung. Dafür, einen vielleicht langfristigen Plan umzusetzen?
Klauß: Wenn alle die gleiche Idee vom Plan haben, dann geht das. Bei uns im Verein ist das so. Wir sind genau im Plan. Einzelne Spieler haben sich entwickelt, wir haben als Mannschaft die zehn Punkte mehr. Wären wir 14. und hätten so viele Punkte wie in der letzten Saison, dann müssten wir sagen: Da ist keine Entwicklung. Aber wir sind besser als letztes Jahr, daran ändert auch so eine schmerzliche Niederlage wie die gegen Ingolstadt nichts.

Wie lange beschäftigt Sie so eine Niederlage? Stehen Sie da eine komplette Woche lang grummelnd auf dem Trainingsplatz, weil Sie sauer sind auf Ihre Spieler. Ähnlich wie die Zuschauer am Freitag im Max-Morlock-Stadion
Klauß: Ich bin überhaupt nicht wütend auf meine Mannschaft. Ich hänge da ja komplett mit drin. Aber, ja: Das Wochenende war schwer. Ich habe keine Zweitligaspiele geschaut, weil ich es nicht ertragen konnte, andere gewinnen zu sehen. Aber ich sehe jetzt nach dem zweiten Trainingstag: Es macht schon wieder Spaß, weil wir auf dem Platz arbeiten können. Es herrscht keine ausgelassene Stimmung, aber es ist auch nicht so, dass wir uns nur anschweigen.

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