Kolumne "Nur der FCN"

Meine 90 Minuten mit dem Club und Osman Cankaya

Fadi Keblawi

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7.11.2022, 10:15 Uhr
Redet jetzt offenbar doch gerne in der Öffentlichkeit: Osman Cankaya.

© Sportfoto Zink / Wolfgang Zink, Sportfoto Zink / Wolfgang Zink Redet jetzt offenbar doch gerne in der Öffentlichkeit: Osman Cankaya.

Osman Cankaya steht nicht gerne in der Öffentlichkeit. Der Trainer der Zweitligafußballerinnen des 1. FC Nürnberg hält in sehr falscher Bescheidenheit seine Worte für nicht wichtig genug, um sie mit einer größeren Öffentlichkeit zu teilen. Wichtig ist auf dem Platz.

Dummerweise arbeiten Cankaya und seine Fußballerinnen so erfolgreich, dass immer mehr Menschen gerne hören würden, was er denn so zu sagen hat. Er verweigert sich dem aber mit einigem Erfolg. Nur am Samstag, da bekam man unverhofft 90 Minuten Dauer-Cankaya. Der Club spielte in Jena, die Partie wurde wie immer im Internet übertragen. Von einer festinstallierten Kamera, die die Gastgeber samt Mikrofon offenbar direkt auf dem Kopf von Cankaya installiert hatten - oder knapp drüber.

Es war ein Cankaya-Livestream, den man da ins Wohnzimmer geliefert bekam. Und man hat gelernt, dass er grundsätzlich schon gerne redet und schreit. Cankaya Fluchte, gab Anweisungen und ging in den verbalen Nahkampf mit Schieds- und Linienrichterin.

Das war manchmal nicht ganz jugendfrei, viel häufiger aber unterhaltend. Es ging ja auch in die taktische Tiefe, wer wann in welchen Raum zu starten hat - solche Dinge erfuhr man da, auch wenn der gewöhnliche Fußballlaie nicht immer etwas anfangen konnte mit seinen Worten.

"Unterlass das bitte"

Seine Fußballerinnen offenbar schon. Die gewannen nämlich mit 3:2, machten sich dabei das Leben aber sensationell komplizierter als es hätte sein müssen. Nürnberg führte schnell mit 2:0, hätte aber 6:0 führen können. Stattdessen stand es irgendwann 2:2, woraufhin selbst der verkabelte Cankaya kurzzeitig nicht mehr zu hören war. Bald fiel aber der Siegtreffer, dem wiederum weitere Nürnberger Tore hätten folgen müssen. Taten sie aber nicht, stattdessen gestattete man dem Gegner durch Leichtsinnigkeiten noch Chancen. Man wartete nach so einer Leichtsinnigkeit auf einen oderntlichen Wutanfall des Trainers. Stattdessen hörte man eine Nettigkeit: "Bitte unterlasse das Dribbling im Spielaufbau", sagte er zu einer Spielerin, die genau das nicht getan hat. Da weiß einer schon, wie man in der Öffentlichkeit spricht.

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