2:1! Teuchert schickt Abstiegsgespenst zurück nach Aue

15.4.2017, 14:53 Uhr
Der geht rein! Cedric Teuchert kam, sah und minderte durch seinen Treffer Nürnbergs Abstiegssorgen ganz erheblich.

© Sportfoto Zink / DaMa Der geht rein! Cedric Teuchert kam, sah und minderte durch seinen Treffer Nürnbergs Abstiegssorgen ganz erheblich.

Sie hatten sich fest vorgenommen, alle zusammen wieder etwas positiver zu denken. Vor dem komplizierten Heimspiel gegen Erzgebirge Aue betrug der Vorsprung des 1. FC Nürnberg auf Rang 16 zwar nur noch fünf Punkte, "es sind aber auch nur fünf Punkte auf Platz sechs", rechnete der Stadionsprecher etwa eine halbe Stunde vor dem Anstoß via Mikrofon und Lautsprecher vor.

Als es vorbei war und der Rückstand auf Platz sechs vorübergehend auf zwei Punkte reduziert, da stand Hanno Behrens in der Interviewzone und sollte erklären, warum seine Zehn besser ausgesehen hatte als die Elf zuvor. "Von der Willenskraft, vom Einsatz war das heute eine glatte Eins", sagte Behrens, der in der 82. Minute mit seinem Steilpass auf Teuchert die Entscheidung vorbereitet hatte: "Das war heute ganz wichtig."

"Mit zehn Mann fast besser als mit elf"

Die Tabelle verrät in etwa die Dimension. Mit einer durchaus möglichen Niederlage wäre der 1. FC Nürnberg richtig in den Abstiegskampf verwickelt worden. So aber darf der ganze Club erst mal ganz tief durchatmen. "Wir waren heute mit zehn Mann fast besser als mit elf", fand Tobias Kempe, Schütze des 1:0 (24.). Nach den 90 Fußball-Minuten, von denen der Club nach Kammerbauers Platzverweis für eine Notbremse (49.) über 40 in Unterzahl bestreiten musste, standen die meisten der knapp 25.000 Zuschauer und applaudierten ihrer dezimierten Mannschaft, die nach einem Kraftakt tatsächlich noch gewonnen hatte. Kvesic' 1:1, erzielt per direkt verwandeltem Freistoß (51.), steckten die Nürnberger erstaunlich gut weg; nach Bunjakus Kopfball in der Nachspielzeit rettete der Querbalken für den bereits geschlagenen Schäfer.

"Es war ein turbulentes Spiel“, bestätigte Nürnbergs Trainer Köllner, nach dem "typischen worst case nach der Pause" habe man "leidenschaftlich verteidigt, die Fans haben uns heute getragen."

Anspruch und Wirklichkeit klaffen ja schon etwas länger weit auseinander beim Club, der eigentlich kein konkretes Ziel mehr hat in dieser Saison, außer sportlich zu überleben. Dass in der ausgesprochen wichtigen Partie auch noch einige Hundert Fans ihren Stimmungsboykott fortsetzten, dürfte die schwere Aufgabe nicht vereinfacht haben. Als sich die zuletzt drei Mal in Folge siegreichen Gäste nach dem Aufwärmen noch kurz von ihren rund 3000 Fans motivieren ließ, dürfte der eine oder andere Nürnberger Profi neidisch hinübergeschaut haben in die Südkurve. In der Nordkurve blieben mal wieder drei Blöcke im Unterrang geschlossen, als späte Folge der Ausschreitungen in Karlsruhe. Wo sonst gesungen wird, herrschte fast gespenstische Stille.

Das Heimspiel, das sich phasenweise anhörte wie ein Auswärtsspiel, sah auch zunächst so aus. Aue wollte die Verunsicherung der Nürnberger mit einer erstaunlich mutigen Taktik und gleich drei Stürmern zum eigenen Vorteil nutzen, Köllner stellte ein zunächst abwartend interpretiertes 4-4-1-1 dagegen. Der Trainer hatte mal wieder munter durchgetauscht; Petrak, Möhwald und Matavz rückten nach überstandenen Blessuren für Brecko, Hovland und Baumann direkt in die Startelf auf, von den drei Änderungen gegenüber dem 0:2 gegen St. Pauli acht Tage zuvor an gleicher Stelle versprach sich Köllner doch einiges.

Defizite im Umschaltspiel

Mehr Spielanteile hatten aber die Gäste, der Club ließ Aue kommen, um nach Ballgewinnen schnell umzuschalten. So in etwa dürfte Köllners Matchplan ausgesehen haben, die Umsetzung allerdings offenbarte etliche Defizite. "Ohne Aue wär' hier gar nichts los", sangen die Anhänger der Veilchen; wenn sie nicht sangen, konnte man sogar hören, was unten auf dem Feld gesprochen wurde.

Drehmoment: Nach zuvor doch recht zurückhaltendenen Offensivaktionen stellte Tobias Kempe Mitte des ersten Durchgangs auf 1:0.

Drehmoment: Nach zuvor doch recht zurückhaltendenen Offensivaktionen stellte Tobias Kempe Mitte des ersten Durchgangs auf 1:0. © Sportfoto Zink / WoZi

Der FC Erzgebirge schien mit seiner Ausrichtung durchaus Eindruck zu hinterlassen und hatte in der 21. Minute auch die erste Möglichkeit: Den noch abgefälschten Schuss von Nazarov konnte Schäfer gerade noch über den Querbalken lenken, nachdem sich der rechte Verteidiger Kammerbauer gleich zweimal hatte vernaschen lassen von Aserbaidschans Internationalem. Dass es drei Minuten später 1:0 für den Club heißen sollte, hatte sich nicht abgezeichnet, zumal der Treffer aus der ersten gelungenen Kombination resultierte.

Schäfers weiten Abwurf brachte Löwen unter Kontrolle und passte die Linie entlang weiter auf Möhwald, dessen flache Hereingabe in den Rücken der Abwehr fand in der Mitte Kempe; eine Drehung und einen Linksschuss später durfte Nürnberg mal wieder eine Führung bejubeln, Matavz hatte wenig später sogar das 2:0 auf dem Fuß, Schlussmann Männel reagierte allerdings großartig (39.).

Fast fatal: Nach Patrick Kammerbauers Notbremse entwickelte sich das Spiel noch stärker Richtung Nürnberger Kasten.

Fast fatal: Nach Patrick Kammerbauers Notbremse entwickelte sich das Spiel noch stärker Richtung Nürnberger Kasten. © Sportfoto Zink / DaMa

Sein Kollege auf der anderen Seite hatte bis zur Pause nicht mehr viel zu tun und auch großes Glück, dass Bulthuis' Querschläger in der Nachspielzeit ebenso folgenlos blieb wie ein Handspiel Mühls unmittelbar nach Wiederbeginn. In der 49. Minute allerdings der Schock: Kammerbauer konnte den davoneilenden Köpke nur mit einem Foul stoppen und sah dafür die Rote Karte. Den fälligen Freistoß verwandelte Kvesic sehenswert zum 1:1 (51.).

Fortan bemühte sich der Club vorrangig um Schadensbregrenzung und musste besonders bei Pässen in die Schnittstellen auf Aues flinke Angreifer aufpassen. Vor allem Entlastung sollte Teucherts Einwechslung bringen, der sich aber vorerst ziemlich allein gefühlt haben dürfte da vorn. Seine neun Kollegen hatten mit der Torverhinderung genug zu tun, so dass es in der Schlussphase ein Spiel auf ein Tor werden sollte. Aue rannte unermüdlich an, nennenswerte Chancen gab es aber kaum noch. Kvesics zweiter Freistoß aus vergleichbarer Situation wie vor dem 1:1 kullerte abgefälscht am Kasten vorbei.

Samson öffnet Teuchert die Tür

Behrens hatte nach einem Freistoß das 2:1 für Nürnberg auf dem Kopf, Teuchert wenig später nach wunderbarem Solo, begünstigt durch einen Abwehrfehler von Samson, auf dem (linken) Fuß, gegen seinen platzierten Flachschuss ins rechte Eck hatte Männel keine Chance. Danach sangen nur noch die Club-Fans: "Hier regiert der FCN." Das zwischenzeitlich nicht mehr für mögliche Ende eines packenden Fußball-Nachmittags.

+++ Der Live-Ticker zum Nachzittern +++

1. FC Nürnberg: Schäfer - Kammerbauer, Mühl, Bulthuis, Djakpa - Petrak - Behrens - Löwen, Möhwald (90. +2 Brecko), Kempe (85. Margreitter) - Matavz (57. Teuchert)

FC Erzgebirge Aue: Männel - Kalig, Samson, Breitkreuz - Rizzuto (75. Fandrich), Tiffert, Kvesic, Hertner - Adler, Köpke, Nazarov (67. Bunjaku)

Tore: 1:0 Kempe (24.), 1:1 Kvesic (51.), 2:1 Teuchert (82.) | Gelbe Karten: Behrens, Djakpa - Kalig, Köpke, Samson Rote Karte: Kammerbauer (Notbremse, 49.) | Schiedsrichter: Aarnink (Nordhorn) | Zuschauer: 24.707.

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