Bremen: Eine Mannschaft, die fast alles richtig macht

30.10.2009, 00:00 Uhr
Bremen: Eine Mannschaft, die fast alles richtig macht

© dpa

Gestern Mittag. Zwei Buben im Inter-City von Karlsruhe nach Nürnberg, etwa sechs und zehn Jahre alt. Der eine mit Werder-Schal um den Hals, der andere mit Bremen-Mütze auf dem Kopf. Jemand fragt, ob sie denn wüssten, dass ihr Lieblingsverein am Samstag verlieren werde beim Club. Zirka eine halbe Minute lachen sich die beiden schief, danach der Konter: «Wie soll das denn gehen?«

Ja, wie eigentlich? Genau diese Frage beschäftigt seit einigen Tagen auch Michael Oenning, den Trainer des nächsten Herausforderers. Wie heikel die Aufgabe werden dürfte für den Tabellen-16. aus Nürnberg, verdeutlichen unter anderem ein paar statistische Angaben. Werder ist seit 16 Pflichtpartien ungeschlagen, ihre bis dato einzige Saisonniederlage kassierten die Grün-Weißen am ersten Spieltag (2:3 gegen Frankfurt).

«Wir dürfen ihre Maschinerie nicht zum Laufen kommen lassen«

Seitdem wirkt es so, als sei Bremen von Woche zu Woche besser geworden. Ihr Wissen um die eigene Stärke verleiht ihrem Spiel eine faszinierende Leichtigkeit, wenig passiert zufällig. Werder ist damit aktuell so etwas wie der sportliche Gegenentwurf zum Club. Selbst ein Rückstand nach 38 Sekunden wie am Sonntag in Bochum kann ihrem Selbstvertrauen nicht viel anhaben – Endstand 4:1. Tribünengast Oenning war und ist tief beeindruckt. «Auf uns kommt eine Mannschaft zu, die fast alles richtig macht«, sagt Nürnbergs Trainer, «wir dürfen ihre Maschinerie nicht zum Laufen kommen lassen.« Bloß wie?

Nun, natürlich haben auch die ballgewandten und taktisch gut ausgebildeten Bremer ihre Schwachstellen. Was die filigranen Özils, Marins und Hunts zum Beispiel überhaupt nicht mögen, ist gesunde Härte. Wenn ihnen hoch motivierte, aggressive Widersacher ständig auf den Füßen herumstehen. Möchte der Club also eine kleine Chance haben, muss vor allem die Einstellung stimmen. Von der ersten bis zur letzten Sekunde. Werder darf nicht auf Touren kommen. Man werde versuchen, «die Bremer zu erschrecken«, sagt Sportdirektor Martin Bader, «und aus dem Rhythmus zu bringen«. Das haben freilich schon ganz andere Teams versucht und sind trotzdem auseinander genommen worden. Also: Wie stoppt man Bremen?

«Ich habe keine Probleme mit der Favoritenrolle«

Vielleicht bringt der eine oder andere Personalwechsel etwas. «Es ist nicht die Zeit der großen Veränderungen«, sagt Oenning zwar, aber ja vielleicht der kleinen. Dennis Diekmeier, darauf hat sich Oenning bereits festgelegt, wird gegen den langjährigen Ex-Verein nach seinem Allergieschock vor zwei Wochen wieder rechts hinten verteidigen, Havard Nordtveit gilt als heißer Anwärter für die Position im defensiven Mittelfeld. Der Norweger ist groß, kräftig und laufstark und somit prädestiniert dafür, den eher schmächtigen Mezut Özil müde zu hetzen. Überhaupt die Physis. Weil die Bremer in drei Wettbewerben mitmischen, spekuliert Oenning insgeheim darauf, dass Werder «vielleicht ein bisschen Substanz gelassen hat«. Fraglich ist zudem der Einsatz von Claudio Pizarro, drei weitere Stürmer fallen gewiss aus. Und wie findet das Thomas Schaaf? «Ich habe keine Probleme mit der Favoritenrolle«, sagt Bremens Erfolgstrainer. Warum auch.

Es ist schließlich nicht so, dass der Club zuletzt gewütet hätte in der Liga, die ansprechende Leistung beim 3:0 gegen Berlin ausgeklammert. Dennoch rät Oenning zu einer möglichst realitätsnahen Einschätzung der Gesamtsituation. Platz 15 liegt genau ein Tor entfernt und ist somit immer noch möglich, wohl auch nach den folgenden Auswärtsspielen in Mainz und Wolfsburg. Und dass es schwer werden würde, war eigentlich klar – erst recht gegen Werder, Deutschlands vielleicht spektakulärste Fußball-Elf.
Deshalb schwärmen auch die zwei Buben aus dem Großraum Stuttgart für die Norddeutschen. Und was ist mit dem VfB? «Die«, sagt der Größere von beiden, «verlieren doch sogar in Fürth.« Aber immerhin nur knapp.