Bundesliga-Neustart: Ein Ja zum Geschäft, nicht zum Spiel

7.5.2020, 11:22 Uhr
Nur wenige Stunden nach der offiziellen Freigabe der Politik legt die DFL den Starttermin der Bundesliga fest.

© Frank Rumpenhorst, dpa Nur wenige Stunden nach der offiziellen Freigabe der Politik legt die DFL den Starttermin der Bundesliga fest.

Als sich die Entscheidung konkret abzuzeichnen begann, dass der Spielbetrieb der 1. und 2. Bundesliga in Kürze fortgesetzt werden würde, zelebrierte der Boulevard Glückstrunkenheit und wagte eine mindestens tollkühne nationale Seelenschau. "Diese Nachricht dürfte alle Fußball-Fans in Deutschland freuen", posaunte die Bild hinaus in ein Fußball-Land, das tatsächlich so gespalten ist wie selten. Dass der Horizont des gemeinen Fußballfreundes nicht weit hinausreicht über Ecke und Elfmeter, wäre ja eine beinahe böswillige Unterstellung, nicht erst die vergangenen Pandemie-Wochen haben wieder einmal genau das Gegenteil gezeigt.

 

Der Anhang sieht das Treiben des Profifußballs sehr kritisch, auch nicht erst seit Corona. Dass die Liga nun Besserung gelobte und Einsicht in Fehlentwicklungen proklamierte, dieses aber mit dem Drängen auf eine schnelle Wiederaufnahme des Betriebs verband, ließ zumindest den Verdacht aufkommen, die angebliche Läuterung sei nicht mehr als ein Mittel zum Zweck – weil es neben des politischen Beistands vor allem ein gesellschaftliches Wohlwollen brauchte. Dass die Politik das Millionenspektakel nun wieder anpfeift, löst das Dilemma nicht auf, im Gegenteil: Es ist ein Ja nicht zum Spiel – Fußball bleibt den Millionen Freizeitkickern im Land vorerst weiter verboten –, sondern zum Geschäft und damit auch zu einem Geschäftsmodell, das spätestens diese Krise als mindestens naiv entlarvt hat. Bei extrem hohen, stetig steigenden Lohnkosten zur Finanzierung vor allem auf die Fernseh-Vermarktung zu setzen, hat aus dem Profifußball eine Geldverbrennungsmaschine gemacht, der schon nach wenigen Wochen die Energie ausgeht.


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Die Bundesliga, hat DFL-Geschäftsführer Christian Seifert gesagt, wäre nach einem längeren Stillstand nicht mehr dieselbe wie zuvor. Es gibt genug Fußballfreunde, die genau das eben nicht als eine beängstigende Vorstellung empfunden haben, die sich das sogar wünschen: eine andere, der Lebenswirklichkeit nähere Bundesliga, eine wenigstens ansatzweise Rückkehr zu den Wurzeln als Volkssport. Natürlich: Der Fußball war immer extrem anpassungsfähig, er veränderte sich mit allgemeinen Werten, zuletzt mit den Werten des Konsumismus. Fußball gehört heute zum (Welt-)Markt und folgt der kapitalistischen Ordnung. Das hat dem Spiel wirtschaftlich nicht geschadet, im Gegenteil, die Konsumenten machten mit und den Fußball größer und größer – bis dieses kleine Virus den Betrieb lahmlegte.

Der schnelle Neustart, der politisch in weitere Lockerungen eingebettet sein musste, dürfte die gesellschaftliche Skepsis gegen den Profifußball noch verstärken. Die Frage, die an viele andere Lebensbereiche genauso geht, könnte lauten, ob daraus Lehren zu ziehen wären und, wenn ja, welche. Ob sie sich der Fußball (und die Welt) wirklich stellen, weiß man nicht. Dass in ein paar Monaten alles so ist, wie es immer war, wäre jedenfalls keine absurde Vorstellung.

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