Canadi beim Club: Der neue Coach nennt seine Ziele

21.5.2019, 11:20 Uhr

Der Fußballer Damir Canadi, sagt der Trainer Damir Canadi, sei ordentlich talentiert gewesen. Es wurde auch eine interessante Karriere - indes mit sehr wechselnden Stationen, darunter die Wiener Austria und der Wiener Sport-Club sowie ein kurzes Gastspiel beim First Vienna FC an der Hohen Warte, dem ältesten Klub Österreichs. Wer je in Döbling war, lernte dieses wunderbare Ambiente zu lieben, der Hauch einer mondänen Ära weht, zum Bratwurstduft, immer noch durch das alte Stadion an der Hohen Warte, Vienna gewann den österreich-ungarischen, den österreichischen und den deutschen Pokalwettbewerb.

Aber der Fußballer Canadi, sagt der Trainer Canadi, wollte wohl "nicht so viel investieren", wahrscheinlich fehlte es auch "an der Begleitung dazu", nie aber an der Leidenschaft - und so wurde aus dem Fußballer Canadi der Trainer Canadi, "eher zufällig passiert", sagt er, sei das. Es begann klein in der sechsten Liga - Leopoldsdorf, Fortuna Wien, SV Donau Wien, der Floridsdorfer AC -, wurde größer und führte Damir Canadi jetzt nach Nürnberg. "Hochgearbeitet" habe er sich, sagt er, "mit dem Erfolg kam der Hunger, dass ich jetzt beim 1. FC Nürnberg angekommen bin, macht mich stolz."

Zum Einstand Schäufele mit Kloß

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Damir Canadi, Familienvater, 49 Jahre alt, gebürtiger Wiener, stellte sich gestern vor beim gerade in die zweite Liga abgestiegenen Club, wo er einen Zweijahresvertrag erhält. Nach dem offiziellen Teil vor vielen Kameras und Mikrofonen servierte die Stadionküche Schäufele mit Kloß, eine besondere fränkische Spezialität. Eine mindestens genauso besondere, den Club, lernt Canadi jetzt kennen - und umgekehrt, der erste Eindruck bestätigte, was man über diesen Fußballlehrer bisher gehört hat.

Damir Canadi, ein freundlicher, aufmerksamer Mann, bringt Wiener Charme mit nach Nürnberg, das kann nicht schaden bei der Größe der Mission Wiederaufstieg, die, das lässt sich leicht prognostizieren, mit allerhand Aufregung verbunden sein wird. Vor allem aber macht Canadi den Eindruck eines gewissenhaften Mannes. Dass sie ihn in Griechenland "den Lehrer" nannten, kommentiert er zwar mit feiner Ironie - "man hat mich auch schon ganz anders genannt" -, indes trifft es einen wesentlichen Aspekt seiner Arbeit, er versteht es, Spieler zu motivieren, anzuleiten und zu begleiten und damit Mannschaften zu formen, die besser sind als die Summe ihrer Teile. Wahrscheinlich wäre der Spieler Canadi mit dem Trainer Canadi ein erfolgreicherer Profi geworden.

Einen Namen machte sich Canadi ab 2013 beim SCR Altach in Vorarlberg, mit dem er erst den Aufstieg in die Bundesliga und dann die Qualifikation für die Europa League schaffte. Nach einem Gastspiel bei Rapid in Wien, das nach nur 17 Spielen freudlos endete, wiederholte Canadi das Kunststück von Altach als "Atromitos-Wunder" (wie griechische Zeitungen schrieben) in Athen; er führte den Vorort-Klub Atromitos, nach historischen Auswärtssiegen gegen Serienmeister Olympiakos Piräus und AEK Athen, zum ersten Mal in seiner 95 Jahre währenden Geschichte an die Tabellenspitze und schließlich in den europäischen Wettbewerb.

Aus wenig viel machen, das gilt seither als Canadis besondere Qualität. "Ich mache mir wenig Gedanken, wie viel Geld zur Verfügung steht", sagt er, in Nürnberg sei "ein tolles Trainingszentrum die Basis". Es war die Antwort auf die Frage nach den Voraussetzungen beim immer noch hoch verschuldeten Club. Mit einfallsreicher Arbeit finanzielle Nachteile wettmachen, das bleibt der Weg - es ist ein hoher Anspruch bei einem schon aus Tradition anspruchsvollen Verein.


 

Mit der "mentalen Aufbauarbeit", sagt Nürnbergs Sportvorstand Robert Palikuca, beginne jetzt die gemeinsame "Vision Bundesliga", für die Canadi unter mehreren Kandidaten die besten Ideen mitgebracht habe. "Ich muss die Voraussetzungen dafür schaffen", erklärt Palikuca, "wir wissen, an welchen Stellschrauben wir drehen müssen"; Canadis Ehrgeiz ist "der maximale Erfolg".

Wunschziel Deutschland

Denn auch über Nürnberg weht ja immer der Hauch einer mondänen Ära, selbst wenn die größten Siege bald hundert Jahre zurückliegen und der letzte von neun Meistertiteln gefeiert wurde, als Damir Canadi, dessen Eltern einst aus Kroatien nach Wien umzogen, noch gar nicht geboren war. Einen "Verein mit großer Historie, den ich schon seit meiner Kindheit kenne", nennt Canadi den Club, "etwas Neues zu schaffen" sei deshalb besonders reizvoll, und "in Deutschland Fuß zu fassen", sei ein persönliches Ziel gewesen.

Den Weg mit bereitet hat eine besondere österreichische Trainer-Generation, Ralph Hasenhüttl führte den Außenseiter FC Ingolstadt in die Bundesliga, Peter Stöger den Favoriten 1. FC Köln, in Frankfurt begeistert Adi Hütter den Eintracht-Anhang. Die Nähe, die Sprache, das verbinde, sagt Canadi, und natürlich hätten die jüngsten Erfolge seiner Landsleute das Renommee österreichischer Fachkräfte noch aufpoliert.

"Ich will hier meine eigene Geschichte schreiben" 

Einer ist in Franken unvergessen, der Wiener Max Merkel war Nürnbergs letzter Meistertrainer, geliebt, gefürchtet und gehasst. Begegnet ist ihm Damir Canadi nie, "ein paar der Anekdoten", sagt er, kennt er natürlich, aber: "Ich will hier meine eigene Geschichte schreiben."