Champions League ohne Seele: Sieg für den Emir von Katar

24.8.2020, 17:22 Uhr
Vor leeren Rängen feiert der FC Bayern München den Gewinn der Champions League. Manchmal stellt sich tatsächlich die Frage, ob im Fußball die Fernsehgelder wichtiger sind, als die Zuschauer.

© MIGUEL A. LOPES, AFP Vor leeren Rängen feiert der FC Bayern München den Gewinn der Champions League. Manchmal stellt sich tatsächlich die Frage, ob im Fußball die Fernsehgelder wichtiger sind, als die Zuschauer.

Dass der Emir von Katar zu den Siegern des Endspiels in der Champions League zählen würde, stand vorher fest. Dem Potentaten vom Golf gehört Paris Saint-Germain in Gänze, vom FC Bayern München besitzt das Emirat die Trikot-Ärmel, als Werbefläche gepachtet für einen mutmaßlich zweistelligen Millionenbetrag jährlich. Erdöl-Gelder treiben den Fußball weltweit an, in zwei Jahren wird man eine Weltmeisterschaft in Katar erleben – falls die Corona-Pandemie das zulässt.


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Wohin der Fußball seine Seele verkauft, ist schon lange die Frage, jetzt sah man den ersten in einem leeren Stadion gekürten Gewinner des europäischen Meisterwettbewerbs. Wird in Chroniken ein Sternchen hinter Bayern München stehen? Als Verweis auf den Sonderfall eines Turniers, dem jedweder Zauber fehlte, jedwede Atmosphäre, alles, was dieses Spiel so faszinierend macht? Fernsehgelder sind wichtiger als Zuschauer, "verstümmelten Fußball" nennt Jorge Valdano, Argentiniens feinsinniger Weltmeister von 1986, das, was man in Lissabon zu sehen bekam. "Es ist alles so künstlich, dass man fast Lust bekommt, nicht den echten, sondern den aufblasbaren Pokal zu überreichen, der auf dem Praça Dom Pedro steht", sagte er der Süddeutschen Zeitung.

Und auch die Voraussetzungen waren höchst ungleich. Die deutsche Bundesliga, nach der pandemiebedingten Auszeit als erste Spielklasse neu gestartet, bekam nach dem kräftezehrenden Saisonfinale die ideale Pause zur Regeneration, die Spaniern, Engländern und Italienern fehlte – allesamt kamen sie auf dem Zahnfleisch daher und schieden früh aus. Die Franzosen hatten nach dem Abbruch der Ligue 1 vier Monate gar nicht mehr gespielt, gut ausgeruht, aber ohne Praxis traten sie zur Krönungsmesse von Lissabon an. In den Halbfinals sah man, ein Novum, nur noch Deutsche und Franzosen.

Schade für famose Bayern

Ein Zufallssieger ist Bayern München allerdings ganz und gar nicht, im Gegenteil, am Ende ging der große Preis an die beste Mannschaft. Für diese herausragende Generation waren die Umstände ihres Sieges vor allem: traurig, die Bayern wären jederzeit in der Lage gewesen, ein großes Publikum zu verzaubern.

Und anders als PSG ist Bayern München ein integres Unternehmen, angetrieben von selbst eingespielten Millionen. Paris stand wegen der Alimente aus Katar wiederholt im Fokus der Europäischen Fußball-Union, die dem Klub Verstöße gegen das Financial Fairplay aber nie juristisch belastbar nachweisen konnte. Die von PSG bezahlten Summen – 400 Millionen Euro Ablöse waren es allein für Neymar und Mbappe – haben mitgeholfen, den Fußball in den Verdacht des Größenwahns zu rücken. Beide sind großartige Spieler, PSG war ein großer Finalist – aber für Romantiker liegt ein wenig Trost in der Vorstellung, dass sich Erfolg auch im Kommerzfußball nicht immer einfach kaufen lässt.

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