Club-Aus im Pokal: Lautern verlädt Teilzeit-Keeper Valentini

Wolfgang Laaß

30.10.2019, 21:41 Uhr
Hatte im Elfmeterschießen zwei Mal die richtige Ecke geahnt, kam aber doch zu spät: Eigentlich-Verteidiger Enrico Valentini.

© Sportfoto Zink / Daniel Marr, Sportfoto Zink / DaMa Hatte im Elfmeterschießen zwei Mal die richtige Ecke geahnt, kam aber doch zu spät: Eigentlich-Verteidiger Enrico Valentini.

Die Westkurve feierte bereits lautstark die Überraschung. Beim Stand von 2:1 für den 1. FC Kaiserslautern in der 90. Minute ist das nicht zu früh, sollte man meinen. Torhüter Grill warf ein letztes Mal den Ball vor sich auf den Boden, als sich von hinten der Nürnberger Frey anschlich und ihm die Kugel stibitzte.

Sekunden später musste sich Grill von den eigenen Fans beschimpfen lassen, mit dem 2:2-Ausgleich im Zweitrunden-Pokalspiel gegen den Club konnte nun wirklich niemand mehr rechnen auf dem Betzenberg. In der Verlängerung wollte der Zweitligist so schnell wie möglich für klare Verhältnisse sorgen, ließ sich dafür aber viel zu selten in der Gefahrenzone blicken.

Einen Geis-Freistoß (108.) parierte Grill mühelos, zwei Minuten später verzweifelte Dovedan, glänzend eingesetzt von Frey, am reaktionsschnellen Schlussmann, auch Handwerkers brachiale Gewalt nutzte nichts. Und so kam es, wie es kommen musste: Im Elfmeterschießen wurde Grill doch noch zum Helden, als er Tim Handwerkers Versuch hielt. Kaiserslautern hatte alle seine Versuche im Tor untergebracht — allerdings gegen Enrico Valentini, der nach 117 Minuten den verletzten Patrick Klandt im Tor ersetzen musste.

Einige Zuschauer trafen zu spät ein

Thieles Elfmetertor nach nur acht Minuten konterte Jäger mit einem Abstauber (15.) . Fortan hatten die Gäste etwas mehr von der Partie, mussten aber höllisch aufpassen. Die extrem chancenarmen Begegnung entschied Thiele mit seinem zweiten Strafstoß in der 74. Minute.

Die vielen Nürnberger Anhänger unter den 21.714 Zuschauern trauten phasenweise ihren Augen nicht; einige Hundert trafen sogar zu spät ein, manche sogar erst zur zweiten Halbzeit. Auf der Autobahn gen Westen war am Nachmittag die Hölle los.

Thiele verwandelt souverän

Unzählige Busse und Pkw, die zum Auftritt ihres Lieblingsvereins in Kaiserslautern wollten, mussten somit notgedrungen ihr Smartphone oder Autoradio einschalten, um vom Anpfiff weg live dabei zu sein. Bereits in der achten Minute dürften einige an ihrem Empfang gezweifelt haben; Pick hatte eine unnötige Grätsche von Valentini im Strafraum dankend angenommen, den folgenden Elfmeter verwandelte Thiele souverän.

Klandt, anstelle von Lukse im Nürnberger Kasten, blieb ohne Chance, durfte sich dafür aber nach einer guten Viertelstunde auszeichnen, als wiederum Thiele auf ihn zustürmte; es wäre die erneute Führung gewesen für den Außenseiter, nachdem Jäger kurz zuvor von einem Abstimmungsfehler im Lauterer Defensivblock profitiert hatte.

Wiedersehen mit Ex-Trainer Schommers

Thiele köpfte Gottwalts Rücken an, von da prallte die Kugel Nürnbergs Abräumer vor der Füße. Der schnelle Ausgleich tat dem verunsicherten Favoriten sichtlich gut; das kleine Trauma aus der Nachspielzeit gegen Regensburg schien beim einen oder anderen nachzuwirken, nicht nur Mühl brauchte ein paar gelungene Aktionen, um zu sich zu finden.

Eine davon wäre beinahe das 2:1 geworden; Behrens hatte abgelegt, der Innenverteidiger zog auch umgehend von der Strafraumgrenze ab, scheiterte mit seinem Flachschuss aber am aufmerksamen Grill. Kaiserslautern zog sich nach Ballverlusten weit zurück und überließ seinen Gästen das Mittelfeld, erst im letzten Platzdrittel regte sich Widerstand.

Club zu inkonsequent

Die von Nürnbergs Ex-Trainer Schommers gewählte Strategie inklusive schnellem Umschalten schien zunächst aufzugehen; der pfeilschnelle Thiele tauchte nach sehenswertem Pass in die Tiefe allein vor Klandt auf, wurde aber zurückgepfiffen, obwohl es kein Abseits war. Auf der anderen Seite übersah Referee Winkmann zudem ein klares Handspiel, so dass er wenigstens seine Fehlentscheidungen fair verteilte.

Trotzdem hätte der Club einen Vorsprung mit in die Kabine nehmen können; Kerk scheiterte nach einer halben Stunde an Grill und Gottwalt, der seinen durchgerutschten Schuss kurz vor der Linie klären konnte. Wer jetzt da für wen der Aufbaugegner sein sollte, ließ sich auch mit einer Klasse dazwischen kaum erahnen.

Nürnberg tat Kaiserslautern den Gefallen und ließ sich nach der Pause auf eine extrem körperbetonte Auseinandersetzung ein; genau das wollten die spielerisch doch arg limitierten Pfälzer auf tiefem Boden, wo etwaige Qualitätsunterschiede meistens nicht auffallen. So auch gestern Abend im Fritz-Walter-Stadion.

Lasche Verteidigung

Nürnberg versuchte sich immerhin an etwas Struktur, blieb jenseits der Mittellinie aber fast alles schuldig. Trainer Canadi wechselte mit Hack seine stärkste Offensivkraft ein, Kollege Schommers mit Pick seine stärkste Offensivkraft aus, sehr zum Unmut des Publikums, das sich aber schnell wieder beruhigen sollte.

Wieder Foul im Strafraum, diesmal verursacht von Handwerker, wieder Elfmeter, wieder Thiele (74.) – das 2:1 für Kaiserslautern war verdient, weil der Club erneut lasch verteidigte und mit Ball komplett enttäuschte. Erst Freys Geniestreich rückte die Nürnberger Gesamtleistung in ein etwas anderes Licht.

1. FC Kaiserslautern: Grill; Schad (103. Hemlein), Kraus, Gottwalt, Hainault, Hercher – Sickinger, Fechner (79. Starke) – Thiele (98. Bjarnason), Pick (70. Röser) – Kühlwetter.

1. FC Nürnberg: Klandt; Sorg (27. Handwerker), Mühl, Sörensen, Valentini – Jäger – Behrens (82. Ishak), Geis – Kerk (69. Hack), Medeiros (97. Dovedan) - Frey.

Schiedsrichter: Winkmann (Kerken). – Zuschauer: 21.714. – Tore: 1:0 Thiele (8., Foulelfmeter), 1:1 Jäger (15.), 2:1 Thiele (74., Foulelfmeter), 2:2 Frey (89.). – Elfmeterschießen: 1:0 Kraus, 1:1 Geis, 2:1 Röser, 2:2 Hack, 3:2 Starke, 3:3 Dovedan, 4:3 Kühlwetter, 4:4 Frey, 5:4 Hemlein, 5:5 Sörensen, 6:5 Bjarnason, Grill hält gegen Handwerker. – Gelbe Karten: Hack, Valentini, Dovedan. – Besonderes Vorkommnis: Valentini muss für den verletzten Klandt ins Tor (117.)

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