Der FCN und Corona: "Diese Ruhe hat auch etwas Gutes"

11.4.2020, 05:53 Uhr

"Ich bin aktuell einfach nur dankbar": Georg Margreitter versucht, das Positive in der Krise zu sehen. © Sportfoto Zink / DaMa

Heuer ist auch für Georg Margreitter, der Vorzeigeverteidiger des 1. FC Nürnberg, alles anders - was der intelligente, stets sehr überlegt antwortende Profi im nachfolgenden Interview nicht nur negativ sieht.

"Ein kleiner Schritt in die Normalität" 

Herr Margreitter, endlich wieder Fußball? Oder leider schon?

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Für mich persönlich fühlt es sich wie eine Befreiung an, mal wieder richtig rauszukommen, im Vergleich zur Quarantäne-Zeit oder zu den Läufen an der Wöhrder Wiese. Das hat aktuell schon Vorbereitungscharakter. Nach so einer eingeschränkten Phase ist es ein kleiner Schritt in die Normalität.

 Haben Sie schon alle Kollegen wieder gesehen?

Nein, die Gruppen sehen sich so gut wie gar nicht. Mit etwas Glück sieht man mal einen aus der Ferne aus dem Auto winken.

"Fußball ist völlig nebensächlich"

Ist Fußball aus Ihrer Sicht gerade okay?

Ich versuche, es wirklich positiv zu sehen. Ich habe die Möglichkeit, mich in meinem Beruf als Profisportler richtig fit zu halten. Wir hatten das über Wochen nicht, wenn überhaupt sind wir stupide geradeaus gelaufen. Ich bin aktuell einfach nur dankbar. Und mir ist sehr wohl bewusst, dass Fußball aktuell völlig nebensächlich ist, auch wenn es mein Beruf ist und der Beruf vieler anderer in der Branche. Dass der Fußball gesellschaftlich gerade nicht Priorität hat, ist logisch, die Meinung vertrete ich ja auch.

Wie gehen Sie privat mit der Ruhe um?

Wenn diese ganze Zeit, diese erzwungene Entschleunigung, etwas bewirkt hat, dann hoffentlich, dass man nicht mehr allzuweit nach vorne denkt und stattdessen versucht, im Moment zu sein und die aktuelle Herausforderung zu meistern, sich darauf zu konzentrieren. Es macht ja überhaupt keinen Sinn, irgendwohin zu planen. Aber genau das ist schon sehr ungewohnt für unsere durchgetaktete Gesellschaft und Lebensweise. Das versuche ich jetzt gerade ein bisschen mitzunehmen: Es zählt mehr das Hier und Jetzt.

"Das Coronavirus ist über uns hergefallen" 

Wie erleben Sie die Corona-Krise?

Zunächst war es schon beängstigend, eine absolute, noch nicht erlebte Ausnahmesituation. Das Coronavirus ist über uns hergefallen, von einem Moment auf den anderen haben sich die Prioritäten und Perspektiven verändert.

Was ja nicht nur negativ sein muss.

Vor allem in der Quarantäne habe ich mir für Sachen Zeit genommen, die in den letzten Monaten und Jahren vielleicht zu kurz gekommen sind. Zum Beispiel Kontaktpflege mit Menschen, die mir wichtig sind. Ich habe Zeit für längere Gespräche. Diese erzwungene Ruhe hat auch etwas Gutes, etwas Wohltuendes, das höre ich auch von allen Seiten. Es wäre schön, wenn nach der Pandemie davon etwas in unser Gesellschaft bestehen bleiben würde.

"Da macht man sich natürlich Sorgen"

Ihr Bruder ist Molekularbiologe in Göteborg und somit mittendrin im Thema, der Rest der Verwandtschaft lebt in Tschagguns. Wie sieht es da gerade aus?

Meine Eltern und Schwiegereltern sind über 60. Da macht man sich natürlich Sorgen. Ich bin sehr vorsichtig, wir müssen die Risikogruppen schützen, das ist unsere soziale Verantwortung.

Hat Ostern heuer vielleicht nicht nur in ihrer Heimat eine andere, noch spirituellere Bedeutung?

Stimmt schon, historisch bedingt ist Vorarlberg eine sehr gläubige Gegend, ein katholisches Eck. Das hat sich mit den Generationen aber verändert. Für mich persönlich ist Ostern vor allem eine schöne Kindheitserinnerung.

"Ich möchte meine Eltern nicht in Gefahr bringen" 

Haben Sie mal darüber nachgedacht, für ein paar Tage nach Hause zu fahren? Wäre die Einreise überhaupt problemlos möglich?

Ich habe mich ehrlich gesagt gar nicht informiert, weil ich ohnehin in Nürnberg bleibe. Ich möchte meine Eltern und Schwiegereltern nicht in Gefahr bringen. Aus diesem Grund war die Überlegung für einen Osterbesuch gar nicht da.

Georg Margreitter, 31 Jahre alt, kam vor fünf Jahren von den Wolverhampton Wanderers zum 1.FC Nürnberg. Der Vorarlberger gehört damit zu den dienstältesten Profis beim Club. Der frühere österreichische U 21-Nationalspieler war einer der Leistungsträger beim Bundesliga-Aufstieg 2018. Mit dem FC Kopenhagen spielte Margreitter sogar in der Champions League.

 

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