„Ein Riese mit einer unglaublich schnellen Leitung“

18.6.2011, 00:00 Uhr
„Ein Riese mit einer unglaublich schnellen Leitung“

© Zink

Herr Harlander, am 22. Februar 1998 gab es in der 2. Basketball-Bundesliga ein Spiel zwischen den DJK-Teams aus Nürnberg und Würzburg. Sie erinnern sich?

Stephan Harlander: Ja, so dunkel kann ich mich erinnern. Wir haben verloren, nicht zu knapp – ach was, es war eine ganz schöne Klatsche. Wissen Sie das Ergebnis?

Ja, 98:63 für Würzburg, und dass es keinen Hunderter gab, wurde fast als Erfolg gefeiert – übrigens auch von der Presse.

Harlander: Na ja, die Würzburger hatten damals in ihrem Aufstiegsjahr nicht nur Dirk Nowitzki, sondern auch noch starke Spieler wie Robert Garrett, Burkhardt Steinbach und so einen bulligen Kroaten . . .

Das war Ivo Nakic.

Harlander: Genau. Also da darf man schon mal mit gut 30 Punkten verlieren. Oder nicht?

Schon, aber die DJK Falke wurde damals immerhin von Wolfgang Heyder trainiert, dem heutigen Erfolgsmanager der Bamberger Brose Baskets.

Harlander: Stimmt, aber es hat eben trotzdem nicht gereicht.

Zurück zu Dirk Nowitzki. Der erzielte damals 28 Punkte. Wie sehr hat das beeindruckt?

Harlander: Mir ist vor allem diese unglaubliche Präsenz in Erinnerung, die Dirk damals mit 20 Jahren schon ausstrahlte. Man stand dauernd vor so einem Riesen, und irgendwann hat er dann einen Ball durch den Korb gestopft, und ich habe ihn ins Gesicht bekommen. Das vergisst man nicht.

War das für die Mit- und Gegenspieler schon zu erkennen, dass er solch ein Superstar werden würde?

Harlander: Das hat sich abgezeichnet. Mit dem Ball war er auch nicht viel besser als wir. Aber Dirk hatte für seine Größe einfach eine unglaublich schnelle Leitung. Mann, der hat sich mit seinen 2,13 Metern bewegt wie ein 1,90er. Und er war ein netter Kerl, ohne jegliche Arroganz oder Überheblichkeit. Ja, und ein Jahr später war er dann weg, in den USA.

Wie haben Sie es empfunden, als sich Nowitzki mit dem NBA-Titel seinen persönlichen Wunschtraum verwirklicht hat?

Harlander: Also ich war bestimmt nicht irgendwie stolz, weil ich mal gegen ihn gespielt habe. Das bedeutet im Nachhinein doch nichts mehr. Aber mir ging es wohl wie so vielen: Ich gönne es ihm, ich freue mich mit ihm.

Warum, glauben Sie, freuen sich so viele Menschen aufrichtig mit einem Superstar, der im Jahr unglaubliche 17 Millionen Dollar verdient?

Harlander: Ich glaube, weil Dirk mit Fleiß, Zurückhaltung und Werteorientierung etwas ganz Großes geleistet hat. Das ist ja bei Sportstars in dieser Kombination heute nicht mehr die Regel. Und das empfinden wohl all jene so, denen das ganze Gehabe im Spitzensport nicht unbedingt gefällt.

Noch kurz ein Abstecher zum deutschen Basketball, in dem das Meisterschaftsfinale zwischen Bamberg und Berlin erst im fünften Spiel entschieden wird. Bei Alba Berlin sind Julius Jenkins und Heiko Schaffartzik zwei wichtige Spieler; beide haben auch in der kurzen Nürnberger Bundesliga-Episode ihre Spuren hinterlassen.

Harlander: Heiko hat sich total gut entwickelt. In Nürnberg hat er allerdings keine Spuren hinterlassen – außer in seiner Wohnung. Julius war im Aufstiegsjahr unser absoluter Publikumsliebling. Er ist ein Riesenspieler, wird aber, nach meiner Meinung, in Berlin nicht immer nach seinen Fähigkeiten eingesetzt.

Wie ist Ihr Meisterschaftstipp?

Harlander: Bamberg hat im Moment die beste Mannschaft und mit Chris Fleming den besten in Deutschland tätigen Trainer. Aber sorry: Ich war schon immer ein Alba-Fan und halte zu Julius Jenkins.

In Nürnberg ist es um Sie nach dem Abstieg aus der Bundesliga und dann aus der Pro A still geworden. Aber der Basketballsport hat Sie bestimmt nicht losgelassen?

Harlander: Nein, ganz und gar nicht. Ich habe als Trainer des Regionalligisten VfL Treuchtlingen ein Superprojekt gefunden und bin dort auch als Lehrer tätig. Beim VfL spielen lauter Landkreissoldaten, junge Sportler, die aus dem Verein stammen. Das gefällt mir und den Zuschauern. Die Halle ist immer voll.

Und Sie selbst, können Sie trotz einer künstlichen Hüfte noch dem Ball nachjagen?

Harlander: Ja, das geht prima. Ich spiele demnächst sogar in der Weltmeisterschaft der über 40-Jährigen in Brasilien. Übrigens zusammen mit Dean Jenko aus Ansbach. Mann, das wird ein Spaß.

Ist doch sicher anstrengend.

Harlander: Ach was! Ich muss nicht mehr viel machen, die Arbeit erledigt Dean. Ich suche mir ein ruhiges Plätzchen an der Drei-Punkte-Linie, wartet auf ein gutes Zuspiel und mache das Ding rein. Ich kann nur Werfen, das verlernt man nicht.

Sieht man ja an Dirk Nowitzki.

Harlander: Sie sagen es.

Keine Kommentare