Entenmann: "Der Club war ein Geschenk für mich"

4.1.2012, 06:56 Uhr
Entenmann:

© Hippel

Stattdessen erscheint ein Nachruf. Willi Entenmann, glücklicher Ehemann und Vater zweier erwachsener Kinder, ist gestern völlig überraschend im Alter von 68 Jahren in einem Krankenhaus in Garmisch-Partenkirchen gestorben – nach einem Zusammenbruch beim Skilanglaufen, vermutlich in Folge eines Herzinfarktes.

Die Fußballbranche trauert um einen Mann, der überall, wo er wirkte, äußerst populär war – vor allem deswegen, weil er es darauf nie anlegte. Willi Entenmann war kein Mensch, der sich um Volksnähe erst bemühen musste. Er hatte Schreiner gelernt im elterlichen Betrieb und sich später zum Fachsportlehrer weitergebildet, er stand für eine Generation, in der Fußball in erster Linie ein wunderschönes Spiel war – nicht das Leben. Für den Showbetrieb fehlte dem stets nüchternen und immer freundlichen Schwaben jedes Talent.

Willi Entenmann war Profi beim VfB Stuttgart – und gab vor den Trainingseinheiten selbst Sportunterricht an der Realschule im benachbarten Marbach. Fleiß und Ernsthaftigkeit zeichneten den Fußballspieler Entenmann aus; 1970 hatte er sogar die Teilnahme an der Weltmeisterschaft in Mexiko vor Augen – diese besondere Geschichte hat er vergangene Woche auch noch einmal erzählt.

Günter Netzer vorgeführt

Mit der B-Nationalmannschaft sollte Entenmann damals einen Test gegen Bundestrainer Helmut Schöns A-Team bestreiten – ehe sich Schön anders entschied, weil der brave Entenmann kurz zuvor den glamourösen Günter Netzer ein bisschen vorgeführt hatte als dreifacher Torschütze für den VfB gegen Netzers Mönchengladbacher. Der sensible Schön fürchtete ums Gleichgewicht Netzers – und Entenmanns Traum von der WM war beendet; damals, sagte Entenmann, habe er geweint.

Wenn er solche Geschichten erzählte, konnte aus dem eher zurückhaltenden Entenmann ein wortgewaltiger, kaum zu bremsender Unterhalter werden. Er erzählte dann von seinen Zeiten als jugendlicher Turner; sogar Kreismeister im Kunstradfahren war er einmal, ehe er sich auf den Fußball konzentrierte – 13 Jahre lang, bis 1976, spielte Entenmann für den VfB in der Bundesliga; nach der aktiven Karriere begann die Laufbahn des Trainers Entenmann, der im Wortsinn ein klassischer Fußballlehrer war. Disziplin, Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit: Es waren Werte, die viel zählten für Willi Entenmann.

Eine legendäre Entlassung

Er begann beim VfB als Jugend- und Assistenzcoach, ehe er zum Chef befördert und im November 1990 erstmals beurlaubt wurde. Gleich zwei Mal betreute Entenmann anschließend den 1.FC Nürnberg, wo er bis heute zu den beliebtesten Übungsleitern der Vereinshistorie gehören dürfte – und die Zuneigung beruhte immer auf Gegenseitigkeit. „Der VfB war mein Leben, der Club bedeutete mir die größten Emotionen“, hatte Entenmann im Gespräch letzte Woche noch einmal gesagt. Von 1. Juli 1991 bis 9. November 1993 und wieder vom 1. Mai 1996 bis zum 30. November 1998 erlebte er besondere Zeiten am Valznerweiher; legendär ist seine erste Entlassung – nach einem glorreichen Heimsieg gegen Bayern München.

Als der Verein am Boden lag, erinnerte man sich in Nürnberg an den als VfB-Amateurtrainer nach Stuttgart zurückgekehrten Entenmann, der einen in die Drittklassigkeit der Regionalliga gefallenen Club zurück in die 2. Bundesliga führte – und wenige Wochen später, nach einem missglückten Saisonstart, wieder beurlaubt wurde. „Der Club war ein Geschenk für mich“, sagte er ein paar Tage vor seinem jähen Tod trotzdem. Und hätte es nicht das schöne Haus in Affalterbach gegeben – vielleicht, sagte Entenmann auch, wäre er Franke geworden.

Es folgte ein Jahr in Unterhaching, ehe Entenmann nach Hause zurückkehrte. In Sandhausen, Aalen und Freiberg trainierte er unterklassige Teams – mit der gleichen leidenschaftlichen Seriosität, die ihn in der Bundesliga antrieb. Angebote aus Georgien oder Dubai lehnte Entenmann stets ab – die Familie, sagte er, sei viel wichtiger als Fußball.

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