Auf dem Weg zu den Paralympics

Erlanger Weltrekord-Schwimmer ist für Tokio in Topform

25.6.2021, 17:00 Uhr
Erlanger Weltrekord-Schwimmer ist für Tokio in Topform

© Foto: imago images/Ralf Kuckuck

Es gibt diese Momente, in denen Josia Topf weiß, dass sich alles ausgezahlt hat. All die harte Abeit, die schmerzenden Muskeln, das Dranbleiben, auch wenn es mal nicht rund lief. Zuletzt bei der internationalen Deutschen Meisterschaft in Berlin war so ein Moment.


Der Erlanger Schwimmstreit eskaliert


Der 18-Jährige, der aufgrund des TAR-Syndroms keine Arme und unterschiedlich lange Beine hat, hat gerade eine Weltrekordzeit im Schwimmen geknackt. Schon zum dritten Mal an diesem Tag. Im Vorlauf über 50 Meter Freistil der Startklasse SM2 verbesserte er die alte Bestmarke auf 46,85 Sekunden, über 150 Meter Lagen sowohl im Vorlauf, als auch im Finale auf 3:22,32 Minuten.

Auf zahlreichen weiteren Strecken schaffte er neue persönliche Bestleistungen. Dabei war der Wettkampf in Berlin eigentlich nur als Standortbestimmung für die Paralympischen Spiele in Tokio geplant gewesen. Dort wird der junge Sportler Ende August über 50 Meter Rücken, 150 Meter Lagen, 50 und 200 Meter Freistil und in der Staffel an den Start gehen.

Seit Monaten bereitet er sich akribisch darauf vor. Achtmal die Woche trainiert er im Wasser, drei weitere Male arbeitet er im Fitnessstudio an seiner Kraft. Letzteres war in den vergangen Monaten allerdings nicht ohne weiteres möglich gewesen. Da die Fitnessstudios während des zweiten Lockdowns geschlossen waren, musste Topf mit dem Krafttraining pausieren.

Erzwungene Trainingspause

"Da hab’ ich jetzt bis Tokio noch einiges aufzuholen", lautet sein nüchternes Resümee. Immerhin konnte Topf im zweiten Lockdown an seiner Schwimmtechnik arbeiten. Im ersten Lockdown war das noch anders gewesen. Damals war das Röthelheimbad auch für Kaderathleten geschlossen, sodass er gezwungen war, eine Trainingspause einzulegen. Eine schwierige Zeit für den ehrgeizigen Sportler.

"Ich dachte, es würde ewig dauern, den Trainingsrückstand aufzuholen", erinnert er sich. Umso überraschter ist er, dass sich seine Leistungen aktuell auf einem so hohen Niveau bewegen.

"Meine Zeiten sind sogar besser als wir es im Trainingsaufbau geplant haben." Josia Topf glaubt, dass seine Weltrekorde vor allem dem kontinuierlichen Training der vergangenen Monate geschuldet sind. Obwohl er in diesem Jahr Abitur schrieb, hatte er ohne längere Trainingsausfälle trainieren können.

Auf seinen aktuellen Leistungen möchte er sich aber nicht ausruhen, sondern weiter an seinen Schwachstellen arbeiten. Vor allem die Hüfte und der richtige Rhythmus beim Atmen bereiten ihm noch Probleme. Seine Trainer Christian Thiel, Fabian Schwarz und Roland Hoffmann unterstützen ihn dabei, diese Baustellen bis Tokio in den Griff zu bekommen. Christian Thiel begleitet Topf schon seit er 2011 mit dem Schwimmen anfing. Die anderen beiden kamen erst im Laufe der Jahre dazu.

Anderer Trainerstab in Tokio

Für Josia Topf ist die Trainerkonstellation ein Glücksgriff: "Alle Drei bringen eine andere Perspektive ins Training mit ein. Das hilft mir, mich immer wieder weiterzuentwickeln." Nach Tokio werden ihn seine Heimtrainer allerdings nicht begleiten. Stattdessen wird er dort von einem Trainerstab des deutschen Paralympischen Schwimmteams betreut.

Zusätzlich kommt seine Mutter Wiebke Topf als Betreuungsperson mit. "Sie kennt mich einfach am besten und weiß, wann ich Hilfe brauche." In Tokio freut sich Josia Topf vor allem auf das olympische Dorf. Dort wird er mit er mit vielen internationalen Sportlern aus den verschiedensten Sportarten zusammenleben.

Für die Wettkämpfe selbst hat er trotz seiner Mitfavoritenrolle keine konkreten Ziele. "Ich möchte einfach die Atmosphäre genießen und mein Bestes geben. Und wenn es dann doch mit einer Medaille klappt, freu’ ich mich natürlich."


Zwei Nürnberger Schwimmer auf dem Weg nach Tokio


Nach den Paralympischen Spielen stehen dann erst einmal weniger sportliche Ziele im Vordergrund. Josia Topf wird im Herbst sein Jura-Studium beginnen und seinen Führerschein machen. Aktuell sammelt er Spenden, um sich den Traum eines barrierefreien Autos zu erfüllen: "Das würde mein Leben so viel leichter machen, weil ich endlich flexibler und selbständiger wäre."

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