Es ist zum Haare raufen: Ein Blick auf das Club-Debakel

28.7.2015, 18:49 Uhr
Nicht nur Alessandro Schöpf kann es kaum fassen: Schon nach 13 Minuten hätten die FCN-Schützlinge den Rasen eigentlich wieder in Richtung Kabine verlassen können.

© Sportfoto Zink / DaMa Nicht nur Alessandro Schöpf kann es kaum fassen: Schon nach 13 Minuten hätten die FCN-Schützlinge den Rasen eigentlich wieder in Richtung Kabine verlassen können.

Viel schlimmer hätte der Auftakt in die Spielzeit 2015/16 für den Club nicht laufen können: Mit 3:6 (1:4) war der FCN am Montagabend in Freiburg unter die Räder gekommen. Dass die Aufgabe gegen den Absteiger keine leichte werden würde, war beim FCN selbstverständlich jedem klar: "Wir wussten, dass es schwer wird in Freiburg", sagte Thorsten Kirschbaum nach dem Debakel. Mit einem derart furiosen Blitzstart der Breisgauer hatte jedoch keiner gerechnet.

"Wir haben den Beginn vollends verschlafen. Es war für uns ein kleiner Fußballalbtraum, nach 13 Minuten 0:3 in Rückstand zu liegen", erklärte René Weiler. In nur sechs Minuten erledigte Nils Petersen die Franken mit einem Hattrick fast im Alleingang. Besonders bitter: Zwei Treffer erzielte der Stürmer vom Elfmeterpunkt; in beiden Fällen wäre der Strafstoß wohl zu vermeiden gewesen.

Der erste Elfmeter: In der 7. Minute unterlief Dave Bulthuis eine Freistoß-Flanke. Bei der erneuten Hereingabe konnte die FCN-Verteidigung nicht konsequent klären, woraufhin Rúrik Gislason den Freiburger Vincenzo Grifo an der Schulter umriss: Strafstoß. Tor. Petersens erster Streich (0:1, 8. Minute).

Elfmeter Nummer Zwei: Freiburg konterte mit Tempo, der agile Philipp zog in den Strafraum und wurde von Behrens gelegt. Anschließend traf der Freiburger Stürmer erneut vom Punkt (0:2, 11. Minute).

Der Hattrick: Als Petersen dann nur zwei Minuten später mit einem Abstauber auf 0:3 (13. Minute) erhöhte, sah man beim Club die Verweiflung in den Gesichtern der Akteure. "Wer solche Fehler macht, wie zum Beispiel bei den Elfmetern, wird auf so einem Niveau bestraft. Das Spiel war dann praktisch schon gelaufen,", so der FCN-Coach.

Die Vorentscheidung? Es stellt sich jedoch die Frage: Kann ein Spiel tatsächlich schon nach 13 Minuten entschieden sein? Klar, ein 0:3 nach nicht einmal einer Viertelstunde ist hart, aber gerade der Beginn der zweiten Hälfte zeigt: Unmöglich ist ein Comeback niemals; der Club hätte den Aufwind nur konsequent ausnützen müssen. Man denke nur an das Champions-League-Finale 2005 zwischen dem AC Mailand und dem FC Liverpool. Letztere holten einen 0:3-Rückstand auf und gewannen am Ende den Henkel-Pott.

Der Blitzstart: Sei's drum. Dass es schwer werden würde für den 1. FC Nürnberg zeichnete sich schon direkt nach dem Anpfiff ab: Freiburg ging die Partie offensiv an, wollte angreifen und das Spiel bestimmen. Schon in der 2. Minute das erste Ausrufezeichen: Nach einem Foul von Guido Burgstaller an Ex-Cluberer Mike Frantz, der in der 41. Minute auf 0:4 erhöhte, versuchte es der Freiburger Vicenzo Grifo frech mit einem direkten Freistoß; FCN-Schlussmann Kirschbaum konnte gerade noch zur Ecke klären. Es sollte die Erste von insgesamt Sieben für den SCF werden. Die Nürnberger hingegen durfte das Leder lediglich zweimal von der Eckfahne in den Strafraum zirkeln.

Die Passivität: Besonders in der ersten Halbzeit agierte der Club in seinem 4-1-4-1-System erschreckend passiv und stand viel zu tief in der eigenen Hälfte. Freiburg konnte das Spiel in Ruhe aufbauen, den Ball in den eigenen Reihen laufen lassen und auf die entscheidende Lücke lauern. 346-Mal konnten die Breisgauer das Runde am Montagabend erfolgreich von Mann zu Mann bringen. Beim Club ist es nicht einmal die Hälfte: Nur 165 Pässe fanden den Weg zum Mitspieler; 87-Mal resultierte ein Ballverlust aus einem Zuspiel.

Das Zweikampfverhalten: Auch 55-Prozent gewonnene Zweikämpfe des SCF über die gesamte Partie sprechen eine klare Sprache - die Freiburger waren bissiger, ihr Siegeswille größer. "Wir haben in der ersten Halbzeit das Zweikampfverhalten komplett vermissen lassen. Letztlich war es in allen Bereich zu wenig", musste Kevin Möhwald nach der Partie eingestehen. Danny Blum war mit 15 gewonnen Zweikämpfen noch Spitzenreiter beim FCN.

Das Aufbäumen: Auch das kurze Aufbäumen nach der Halbzeitpause konnte die Nürnberger nicht vor der deftigen Auftakt-Pleite retten. Die zeitigen Anschlusstreffer von Hanno Behrens (47.) und Alessandro Schöpf (53., Foulelfmeter) sollten am Ende - ebenso wie der Treffer von Kevin Möhwald (44. Minute) - nicht mehr als ein wenig Ergebnis-Kosmetik sein. Die Freiburger Philipp (61.) und Schuster (90. +1) machten das Ding für den SCF klar. Am Ende schoss der Absteiger zehn mal öfter auf das Tor als der 1. FC Nürnberg, der es in den 90 Minuten auf lediglich 13 Versuche brachte. "Der Sieg für Freiburg war natürlich verdient", gab FCN-Coach Weiler zu Protokoll.

Der Platzverweis: In der Tat waren die Breisgauer dem Club in so gut wie allen Belangen überlegen - lediglich die Foul-Statistik konnten die Nürnberger mit 14:21 für sich entscheiden. Diese gipfelte in dem Platzverweise für Dave Bulthuis in der 84. Minute. Ironischerweise gab's die Rote Karte nicht für ein unfaires Einsteigen, nein, der Niederländer hatte den Schiedsrichter beleidigt - ein Sinnbild für einen verkorksten Abend für den Club.

Der "Vogel": Gegenüber dem Kicker äußerte sich Dave Bulthuis am Dienstag zu seinem Platzverweis. Die Rote Karte habe es nicht für die abfällige Geste gegeben, sondern eine beleidigende Äußerung soll ausschlaggebend für den Spielausschluss gewesen sein, erklärte er: "Ich habe den Schiedsrichter gefragt, warum er mir die Rote Karte gegeben hat. Er sagte, ich hätte 'Vogel' gesagt." Dies bestreitet der Verteidiger jedoch: "Ich weiß noch nicht mal, was das auf Deutsch heißt." Die kommende Partie gegen Heidenheim muss sich der 25-Jährige dennoch von der Tribüne aus ansehen: Das DFB-Sportgericht entschied am Dienstag, ihn für ein Spiel zu sperren.

Der Artikel wurde um 18.49 Uhr mit dem Urteil des DFB-Sportgericht ergänzt.

 

 

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