Aufbruchstimmung

Forchheims Fitnessstudios haben die Krise gestemmt

8.6.2021, 05:30 Uhr

Bei ihm läuft es jetzt wieder: Michael Vogel erlebt in seiner "Fitness Factory" derzeit einen gewaltigen Ansturm. © Eduard Weigert, NNZ

Wolf-Laurin Schmidt ist Studioleiter und Teilhaber von "Avangard8" im Stadtsüden. Im März 2020 hatte man zwei Vorverkaufswochenenden veranstaltet, Ende des Monats sollte es losgehen. Lockdown Nummer eins verhinderte das. "Das war ein Schlag voll auf die Zwölf", sagt Schmidt rückblickend. Im August konnte das neue Studio, das vor allem auf Gesundheitssport setzt, endlich öffnen - für drei Monate. Dann kam der nächste.

Für das ganze Gebäude des Investors Michael Zentgraf eine Zerreißprobe, denn auch das ebenso neue Hotel und die Schulungsräume galt: "Nichts geht mehr". Staatshilfe konnte man nicht beantragen, da fiel man durch das Raster: Es gibt ja schließlich keine Vergleichswerte von 2019, auf deren Basis man um Unterstützung bitten konnte. "Aber wir haben es geschafft, wir sind noch da", sagt Wolf-Laurin Schmidt, dem die Aufbruchstimmung anzumerken ist.

Der Wiederbeginn seit 21. Mai sei in der Daimlerstraße noch etwas zäh verlaufen, viele Kunden trauten sich anfangs offenbar noch nicht so recht aus Angst vor einer Ansteckung. Bedenken wegen einer potentiellen Ansteckungsgefahr entkräftet Schmidt. Das Hygienekonzept sei vorbildlich und fortschrittlich. Man arbeite mit einem direkten Zu- und Ablaufsystem, das seine Leistung automatisch hochfährt, wenn viele Menschen gleichzeitig trainieren und CO2 ausstoßen. Jeder Besucher bekomme vor dem Beginn ein in kalter Desinfektionslösung getränktes Mikrofasertuch, das für das gesamte Training ausreiche, um alle benutzten Flächen und Griffe abzuwischen. Schmidt: "Da sparen wir Papierabfall und brauchen keine Sprühflaschen."

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Das Geschäft zieht an

Doch das anfangs zögerlich verlaufende Geschäft ziehe nach und nach an. "Ich bin sehr optimistisch, weil wir die Lösung für viele bieten. Wir setzen auf auf Gesundheit statt auf reinen Muskelaufbau, auf intensive Beratung und individuelle Betreuung." Und nach der langen Sportpause sei ganz deutlich, dass viele Menschen körperlich abgebaut hätten und dringend etwas tun sollten, um wieder in Form zu kommen.

Im "Avangard8" ist Wolf-Laurin Schmidt froh, dass endlich der Betrieb beginnen darf. © Eduard Weigert, NNZ

Auf 450 Quadratmetern biete man Platz für Zirkeltraining, freie Geräte und moderne Dehnungsprogramme, auf weiteren 200 Quadratmetern findet das Kursprogramm statt. Zwei normale Saunen und eine Eis-Sauna (bis minus 130 Grad) sowie demnächst Reha-Sportkurse sowie Vorträge zu Themen wie Fitness und Ernährung runden das Angebot ab. Dabei läuft im "Avangard8" alles digital - von der Terminbuchung über das Einchecken und das auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmte Justieren der Geräte.

Euphorie im Norden

Ebenfalls große Euphorie nach der langen Durststrecke verspürt man bei der Konkurrenz im Norden Forchheims bei der "Fitness Factory". Deren Inhaber Michael Vogel hatte sein Studio ursprünglich in der Gebsattelstraße und den Umzug in die neuen Räume in der Bügstraße (früher Westpark, dessen Dependance in Hausen weiter existiert) schon länger geplant. Dass er im Februar mitten im Lockdown stattfand, war schmerzhaft. Zumal erst Mitte Februar die ersten Überbrückungshilfen vom Staat für das Jahresende 2020 eintrafen. "Wir haben natürlich die Rücklagen angreifen müssen, aber ich bin auch zuversichtlich, dass wir bald wieder auf Kurs sind", sagt Vogel.

Aber Vogel ließ sich nicht unterkriegen, bewies in der Krise viel Fantasie und konnte daher sogar in zahlreiche neue Geräte investieren. "Im Lockdown haben viele Leute Equipment für ihr Home Gym gesucht. Ich habe vieles aus dem Altbestand zum guten Preis verkauft."

So konnte er seinen Stammkunden ("ohne die hätten wir das nicht durchgestanden") beim Re-Start sogar viele Neuheiten im Studio bieten. Und die haben ihm die Bude eingerannt. "Seit drei Wochen geht es hier rund", berichtet er. Eigentlich alle Mitglieder seien geblieben, die trainieren jetzt ihre angesammelten Guthaben ab. Hinzu kommen die vorherigen Westpark-Mitglieder, so dass es einem bei der Online-Terminbuchung in Stoßzeiten passieren kann, dass der gewünschte Termin auch mal nicht möglich ist.

Stressige Wochen

Auch Vogel und sein Team bauen auf Gesundheitssport, viele Kunden sind im gesetzten Alter. Reha liegt hoch im Kurs. Und sowohl wegen der im Lockdown "eingerosteten" Muskulatur der Kunden als auch wegen der neuen Geräte warten noch stressige Wochen auf die vier Trainer der "Fitness Factory". Sämtliche Trainingspläne müssen neu geschrieben werden.

Michael Vogel nimmt das gelassen: "Wir haben jetzt lange genug nichts tun dürfen, wir freuen uns auf die neuen Aufgaben." Auch wenn die Lockerungen natürlich im Sinne seiner Branche seien, ist er auf die Politik nicht sonderlich gut zu sprechen. Da seien schon viele Fehler gemacht worden. Vor einigen Wochen seien Fitnessstudios nicht einmal mehr als Sportstätten anerkannt, sondern zu Freizeitanlagen herabgestuft worden. dann die plötzliche Kehrtwende. Vogels Kommentar: "Am Freitag wird bekanntgegeben, dass ab Montag alles anders wird. Wie sollen wir da denn planen?"