Für Handball-Legende Corina Schardt steht die Familie an erster Stelle

10.2.2012, 17:57 Uhr
Für Handball-Legende Corina Schardt steht die Familie an erster Stelle

© Sportfoto Zink

Aber Corina Schardt denkt gar nicht dran. Weil sie sich nichts einbildet auf ihre Erfolge. Und weil es nicht mehr der Sport ist, der sie ausmacht. Klar, bei einer, die mehr als 20 Jahre ihres Lebens dem Handball verschrieben, ja sogar ihre Gesundheit für den Erfolg geopfert hat, da ist dieses Kapitel ein ganz wichtiges. Nur eben nicht das entscheidene – nicht mehr.

„Jetzt baue ich Ritterburgen, anstatt auf dem Handballfeld zu stehen“, sagt die ehemalige Weltklasse-Rückraumspielerin und grinst. Die Familie ist seit ein paar Jahren ihre klare Nummer eins: Ehemann Jörg Schardt (43), Physiotherapeut im Rehazentrum Valznerweiher, und die Kinder Daniel (4 Jahre) und Sara (sechs Monate). „Handball ist ein Hobby, Familie kann man damit nicht vergleichen. Das ist eine ganz andere Seite des Lebens, die ich vorher nicht gekannt habe – eine viel größere Liebe“, sagt die 38-Jährige. „Meine Kinder sind mein Ein und Alles.“

Als Mutter entdeckte die gebürtige Rumänin eine neue Leidenschaft: Kochen. Von Gnocchi mit Hackfleisch und Pesto Rosso, Feldsalat mit Mozzarella und Granatapfel oder ihrem Kuchen mit Spekulatiusboden schwärmen die Schardt-Männer. Spielzeug-Chaos und Wäscheberge im Wohnzimmer gibt es bei Corina Schardt nicht. Es ist sauber und aufgeräumt, so mag sie das. „Bei uns macht jeder was. Jörg kocht und putzt und macht den Haushalt mit“, sagt die bekennende Ordnungsfanatikerin. Und Daniel weiß, dass seine Spielsachen abends in ihre Kiste schlafen gelegt werden müssen, bevor er selbst ins Bett geht.

Für Handball-Legende Corina Schardt steht die Familie an erster Stelle

Dass ihre Kinder etwas fürs Leben lernen und zugleich so lange wie möglich Kinder sein dürfen, das ist Corina Schardt wichtig. Sport sollen sie treiben, aber Handball muss es nicht sein. „Am wichtigsten ist, dass sie sich bewegen und an die frische Luft gehen, anstatt vor dem Fernseher oder dem Computer zu sitzen“, erklärt sie. Eine Ballsportart sollte dabei sein, „damit sie Teamgeist lernen“.

Tränen und Triumphe

Was es bedeutet, eine Mannschaft zu sein und füreinander einzustehen, davon kann diese Frau ein Lied singen. Acht Jahre lang war Corina Schardt, damals noch Christenau, die Spielmacherin des 1.FC Nürnberg Handball. „Es war eine schöne Zeit – sportlich gesehen“, sagt sie. Abseits des Handballfeldes gab es aber immer wieder Momente, die sie am liebsten aus ihrem Gedächtnis streichen würde. Zu trostlos waren die Trainingseinheiten, bei denen mehr geheult wurde als geübt, weil die Spielerinnen wieder einmal vom klammen Verein kein Geld bekommen hatten. „Wir hatten so eine Wut! Aber für mich war das wenigstens nicht ganz so schlimm, weil ich damals auch gearbeitet habe“, erzählt die Sportlehrerin. „Wir haben uns gegenseitig unterstützt, und Maua (Teamkameradin Agnieszka Tobiasz, d.Red.) hat regelmäßig für alle gekocht.“

Über ihre Erfolge redet sie kaum. Typisch „Cora“, wie alle sie nennen. Aber erwähnt werden sollten die Meilensteine ihrer Karriere allemal: Unter Christenaus Regie stiegen die Club-Frauen von der Landesliga bis in die Bundesliga auf; sie gewann den europäischen Challenge Cup und zweimal den nationalen Pokal. 2005, ein Jahr vor ihrem Rücktritt, feierte sie sogar das Double aus DHB-Pokal und Meistertitel.

Erfolgstrainer Herbert Müller, der inzwischen auch den Thüringer HC zur Meisterschaft geführt hat, nannte sie die „Grande Dame des Nürnberger Handballs“ und eine „Handball-Legende“. Ihre Nationalmannschaftseinsätze mit Rumänien bei der WM 1995 und Deutschland bei der EM 2002 hielten sich vor allem deshalb in Grenzen, weil ihr Knieverletzungen immer wieder zu schaffen machten.

Für Handball-Legende Corina Schardt steht die Familie an erster Stelle

Nach ihrem emotionalen Abschiedsspiel, das ihre Laufbahn als Handballerin beendete, wurde sie mit einem von FCN-Teamkolleginnen gebastelten „Rollstuhl“ durch die Halle am Berliner Platz geschoben. „Ich konnte die Schmerzen nach dem Spiel nicht mehr ertragen“, sagte sie damals. Heute zwickt immer noch das Knie, wenn sie mit ihren Kindern auf dem Boden herumtollt.

Der Begeisterung für den Handball hat all das aber nicht geschadet. Kürzlich hat sie sich wieder überreden lassen, die Mannschaft des nach der letzten Insolvenz neu gegründeten 1.FCN Handball 2009 noch bis zum Saisonende in der Bayernliga zu trainieren, zusammen mit den ehemaligen Mitspielerinnen Elke Kottenstein und Christina Rohde.

„So ein Tapetenwechsel als Ausgleich zum Muttersein ist gut“, sagt Schardt. „Zum Glück habe ich die Unterstützung meiner Männer, denn ohne die ginge es nicht.“ Der Kontakt zum Team, das sie schon vor ihrer Schwangerschaft mit Tochter Sara betreut hatte, war nie abgerissen. „Wir haben uns ab und zu zum Brunch getroffen oder sind was trinken gegangen.“

Die Spielerinnen mögen sie, weil sie weiß, wovon sie spricht, weil sie lustig sein kann und streng – aber vor allem fair. Als Trainerin hat sie die gleiche Einstellung wie früher als Spielerin: „Entweder hundertprozentig oder gar nicht. Halligalli mag ich nicht.“

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