"Wir melden uns vom Abgrund"
Günther Koch: Kabale, Liebe und Reportagen
5.10.2021, 19:58 UhrGut sechs Wochen vor seinem 80. Geburtstag am 22. November erscheint nun die Biografie "Wir melden uns vom Abgrund – Günther Koch: Ein Leben als Fußballreporter", die der Frankfurter Autor Jürgen Roth über den Nürnberger "Kultreporter" verfasst hat.
Bei zahlreichen gemeinsamen Spaziergängen habe er Roth sein Leben erzählt, woraus der 340 Buchseiten filterte, erzählt Koch. Wobei dem Titel entsprechend die vielen Reportagen im Fokus stehen. Aber über sein Medium Roth zeichnet Koch ein anschauliches zeitgeschichtliches Bild durch die ausführliche Schilderung seiner Kindheit und Jugend. Oder auch über die Entstehung privater Radio- und Fernsehsender samt dem politischen Ringen hinter den Kulissen. Immer festgemacht an der Person des in Oberbayern aufgewachsenen Flüchtlingskinds und sportlich multiaktiven Günther Koch, den dann der Lehrerberuf ins Fränkische verschlug.
Roth ist bekannt dafür, dass er auch gerne mal zur journalistischen Keule greift. Der oft eigenwillige, manchmal sture, auch nicht uneitle Koch wiederum dafür, stets klare Worte zu sprechen. Da haben sich zwei gefunden, die sich schätzen, seit sie sich Ende der 90er Jahre kennenlernten, als Roth CDs mit Koch- O-Tönen edierte, auch mit Musik verband. Bei Roth (Jahrgang 1968) bricht sich auch in Schriftform immer wieder ein bewundernder Ton Bahn.
Und seinem Protagonisten hat es sicher wohlgetan, als ihm der Autor Zahlen präsentierte, wie oft sein Wirken in oft in höchsten Tönen schwelgenden Beiträgen überregionaler Medien gewürdigt wurde, vom Spiegel über die Zeit bis zur Süddeutschen oder Frankfurter Allgemeinen Zeitung oder dem kicker – und wie wenig in den heimischen Medien. Getreu dem Motto "Der Prophet gilt nichts im eigenen Land", wie Koch scheinbar gelassen meint.
Das Gespann Roth/Koch vermittelt aufschlussreiche Blicke hinter die Kulissen des Bayerischen Rundfunks und der ARD, Kabale und Liebe bei den Öffentlich-Rechtlichen, die Gegenspieler hießen Rubenbauer, Hartmann, Schuller. Und wo Roth in gedruckter Form – mit langen Zitaten – hinlangt, gibt sich der bekennende (protestantische) Christ Koch im Gespräch versöhnlich. Zu vergeben habe er nichts, "die sind doch nicht schuldig, die sind halt anderer Meinung gewesen, ist ihr gutes Recht".
Roth und Koch arbeiten das Spannungsfeld München (FC Bayern, 1860) und Nürnberg (Club) plastisch heraus. Und obwohl dem 1. FCN, in dessen Aufsichtsrat Koch saß, weite Strecken gewidmet sind, bleiben die Blicke hinter die Kulissen hier spärlich. Zumindest erfährt man, wen alles Koch an den Valznerweiher lotste.
Das gilt auch für politisches Wirken und Landtagskandidatur – außer Seitenhieben in Richtung Beckstein und Söder. "Liegt alles auf Halde", verrät Koch, wohl für ein zweites Opus. Musste Roth sein 700-Seiten-Manuskript doch gewaltig kürzen. Es bleibt spannend, bis Koch erneut vom (Club-)Abgrund ruft.
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