Nachverpflichten oder intern lösen?

Wie der HC Erlangen auf die Verletzungsprobleme reagiert

Sebastian Gloser

Sportredakteur

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24.11.2022, 16:58 Uhr
Bis Jahresende nur Zuschauer beim HC Erlangen: Hampus Olsson (links) kam zuletzt auf Krücken in die Arena, Antonio Metzner muss den Daumen schonen.

© Sportfoto Zink / Wolfgang Zink, Sportfoto Zink / Wolfgang Zink Bis Jahresende nur Zuschauer beim HC Erlangen: Hampus Olsson (links) kam zuletzt auf Krücken in die Arena, Antonio Metzner muss den Daumen schonen.

Als Raul Alonso an der Trainingshalle angekommen war und das Piepen der Einparkhilfe das Ende des Telefonats ankündigte, wurde der Trainer des HC Erlangen noch einmal deutlich. "Das wäre gegen unsere Natur, wenn wir uns etwas aufsparen würden", sagte Alonso, und: "Wir wollen immer die maximale Leistung." Deshalb habe er nun auch "das bestmögliche Video" zusammengestellt, um seine Mannschaft auf den TBV Lemgo vorzubereiten (am Sonntag um 16.05 Uhr nächster Gegner des HCE) und erwarte "die bestmögliche Konzentration" der Spieler beim Zuschauen, bevor es in der anschließenden Trainingseinheit darum gehe, die Abläufe "bestmöglich einzuüben".

Eine naive Frage? Nein, aber...

Die klaren Worte Alonsos hatte folgende bewusst naiv vorgetragene Frage provoziert: Ob es in Anbetracht der langfristigen Ausfälle von Antonio Metzner und Hampus Olsson nicht besser gewesen wäre, gegen die Top-Teams aus Flensburg, Kiel und Mannheim ein paar Kräfte zu sparen? Für alle drei Auftritte bekam der HC Erlangen zwar viele Komplimente, allerdings keinen einzigen Punkt.

Naiv findet Alonso die Frage nicht, aber: "Aber ich bin niemand, der irgendetwas zu 95 Prozent macht", sagt Alonso und versucht diese Mentalität auch jedem seiner Spieler zu vermitteln. "Wir haben ein Super-Niveau gezeigt in diesen Spielen und uns Selbstbewusstsein geholt, auch wenn es keine Punkte gab", sagt der Trainer.

Intern kompensieren, nicht nachverpflichten

Dieses Selbstbewusstsein soll sie nun durch das nicht viel weniger anspruchsvolle Programm bis Jahresende tragen, auch wenn er dabei auf Metzner (Daumenbruch an der Wurfhand) und Olsson (Sehnenreizung am Unterschenkel) verzichten muss. Während beim schwedischen Nationalspieler noch ein kleines bisschen Hoffnung besteht, dass er früher zurückkommt, muss beim deutschen Nationalspieler der Knochen wenigstens sechs Wochen heilen, sehr wahrscheinlich kann Metzner erst 2023 wieder angreifen.

Eine deutliche Schwächung für den HCE, zumal es sich bei beiden um Linkshänder handelt und die sind rar im Handball. Bis auf Christoph Steinert und Johannes Sellin sowie Nachwuchsspieler Stephan Seitz schließt im Aufgebot niemand mit Links ab, eine kurzfristige Umschulung der Wurfhand ist bei den Kollegen ausgeschlossen. Denkt der Trainer und Sportdirektor da über eine Nachverpflichtung nach? "Nein", antwortet Alonso, "es ist nun die erste Aufgabe, das intern zu kompensieren".

Natürlich beobachtet er "ständig den Markt" - und zwar "unabhängig von Jahreszeit und Verletzungssorgen", aber weil die Rückkehr des Rückraumspielers und des Rechtsaußens absehbar sind, will er die Vakanzen durch Rotation und taktische Anpassungen ausgleichen. "Es liegt an uns, die Steine aus dem Weg zu räumen", sagt Raul Alonso, bevor er den Zündschlüssel zieht. Es klingt nach 100 Prozent.

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