2:4 gegen Bremerhaven

Eine Arena voller Tränen: Ice Tigers scheiden aus, Nürnberg nimmt Abschied von Patrick Reimer

Sebastian Böhm

Sportredaktion

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10.3.2023, 19:22 Uhr
So viel Hingabe, keine Belohnung: Patrick Reimer und die Ice Tigers scheitern an Dominik Uher und den Fischtown Pinguins.

© Sportfoto Zink / Thomas Hahn, Sportfoto Zink / Thomas Hahn So viel Hingabe, keine Belohnung: Patrick Reimer und die Ice Tigers scheitern an Dominik Uher und den Fischtown Pinguins.

Am Freitag, den 10.März 2023, ging um 21.46 Uhr die Karriere eines Sportlers zu Ende, der in Nürnberg längst in einer Reihe mit Max Morlock und Max Müller genannt werden muss. Zu 1069 Spielen in der Deutschen Eishockey Liga wird kein 1070. kommen. Und zu seiner beeindruckenden Erfolgsbilanz wird keine weitere bescheidene Viertelfinalteilnahme zu zählen sein. Die Nürnberg Ice Tigers sind aus dem Rennen um die deutsche Meisterschaft ausgeschieden – und mit ihnen Patrick Reimer aus seinem Berufsleben als Eishockeyprofi.

Zuvor aber erlebte Nürnberg ein Eishockeyspiel, das ein Vierteljahrhundert Playoff-Geschichte der Ice Tigers auf 60 Minuten komprimierte. Scheitern. Tragik. Euphorie. Jubel. Hingabe. Ungerechtigkeit. Und: ein kleines Comeback, das doch nicht mehr zu einem großen wurde, weil sich die Fischtown Pinguins aus Bremerhaven als die reifere Mannschaft erwiesen. Das Team um den herausragenden Torhüter Maximilian Franzreb zieht mit dem 2:4 (0:2, 2:0, 0:2) verdient ins Viertelfinale ein und trifft da auf den EHC Red Bull München.

Erlösung und Versprechen zugleich

Bremerhaven begann erbarmungslos. Die flehentliche Vorgabe seines Trainers, der Strafbank diesmal möglichst lange fernzubleiben, ignorierte Blake Parlett bereits in der vierten Minute. Diesmal war es nicht Jan Urbas, sondern dessen slowenischer Landsmann Miha Verlic, der eher zufällig an den Puck und die Gäste in Führung schoss (6. Minute). Und keine halbe Minute später durfte es Markus Vikingstad gleich zweimal probieren, das reichte zum 0:2. Als hätte hätten die Pinguins ein Aquarium mit Nordseewasser auf die Arena entleert.

Die Ice Tigers machten sich wieder an die Arbeit. Den Spielern wollte bei maximalem Einsatz zunächst wenig gelingen. Nach 14 Minuten aber war es in der Arena wieder so laut, dass man die Musikeinspielungen nicht mehr hörte. Und nach 25 Minuten steigerte sich die Lautstärke noch einmal spürbar. Auf dem Eis wurde jeder Zweikampf geführt, als wäre es der letzte. Und irgendwann, gegen Ende eines wilden, hektischen Power-Plays drückte Tim Fleischer den Puck über die Linie (29.). Das 1:2 war eine Erlösung und zugleich ein Versprechen, das Jake Ustorf 84 Sekunden später einlöste (31.).

Und dann: ging nichts mehr

So einfach konnte es aber natürlich nicht weitergehen. Niklas Treutle rückte in den Fokus, zweimal holte er sich mit Glanzparaden Sicherheit. Das Schlussdrittel begann Bremerhaven in Überzahl und setzte das Power-Play nach Ablauf weiter fort. Die Ice Tigers spielten wieder, als hätten sie etwas zu verlieren. Ein eigenes Power-Play verstrich ohne größere Chance, auf der anderen Seite stand Alex Friesen genau richtig, um einen Abpraller zu verwerten (50.). Die Gäste wirkten erneut reifer. Bis zum diesem Schlussabschnitt waren die Ice Tigers mit großem Einsatz zu Chancen gekommen, jetzt schien bei allem Willen nichts mehr zu gehen.

Tom Rowe nahm Niklas Treutle vom Eis, aber auch mit sechs Feldspielern wollte nichts mehr gelingen. Nach einem Puckverlust hinter dem eigenen Tor war es Jan Urbas, der die Serie mit einem Schuss ins leere Tor beendete (59.). Und als Rowe zu einer letzten Auszeit bat, weil er sich nicht mit dem Aus abfinden wollte, da begannen die Fans bereits einen Namen zu rufen. Patrick Reimer. Nachdem er sich von jedem einzelnen Bremerhavener verabschiedet hatte, applaudierte er einem an diesem Abend großartigen Publikum. Er wirkte dabei nicht müde. Er wirkte unendlich traurig. Und nicht wenige unter den 7672 Zuschauern hatten dabei Tränen in den Augen.

Er will sich jetzt Zeit nehmen, hat er mehrfach gesagt, für seine Tochter, für seinen Sohn, für seine Frau und für sich selbst. Und dann will er sich entscheiden, wie es für ihn weitergehen soll. Zurück bleibt ein Klub, den man sich ohne seinen ewigen Kapitän nicht vorstellen kann.

Nürnberg: Treutle; Bodnarchuk/Shaw, Karrer/Parlett, Weber/Mebus - Schmölz/MacLeod/Reimer, Ustorf/Schofield/Fleischer, Fox/Stoa/Sheehy, Hede/Leonhardt/Lobach, Kislinger. - Tore: 0:1 Verlic (5:07/5-4), 0:2 Vikingstad (5:37), 1:2 Fleischer (28:42/5-4), 2:2 Ustorf (30:06), 2:3 Friesen (49:59), 2:4 Urbas (58:44/5-6/EN). - Schiedsrichter: Schrader/Frano. - Zuschauer: 7672 (ausverkauft). - Strafminuten: xx - xx. - Ferner: Frankfurt - Düsseldorf 1:5 (Playoff-Stand: 0:2 - Düsseldorf damit im Viertelfinale gegen Ingolstadt).

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