Kein Ausrutscher auf dem Kiez

23.2.2008, 00:00 Uhr
Kein Ausrutscher auf dem Kiez

© Zink

Fast tausend Anhänger werden den fränkischen Fußball-Zweitligisten gegen den Tabellen-Elften unterstützen. So viele wie bei kaum einem anderen Auswärtsspiel, was wohl weniger dem ansprechenden Kulturprogramm in der Millionen-Metropole geschuldet sein dürfte. Auch SpVgg-Cheftrainer Bruno Labbadia hat so seine eigene Vermutung, was der Fans liebster Zeitvertreib in den Stunden vor dem Anpfiff sein könnte. «Das Musical mit der Stange«, spielt Labbadia mit einem Augenzwinkern auf das typische Sightseeing-Programm vieler Hamburg-Touristen an.

Die Atmosphäre des in unmittelbarer Nähe zur nicht nur als Flaniermeile bekannten Reeperbahn gelegenen Stadions am Millerntor dürfte auch nach dem Umbau noch immer eine besondere sein. So nah am Spielfeldrand wie hier sind die Zuschauer in keinem anderen Stadion, hier vereint sich eine bunte Mischung aus Punks, Schlipsträgern und Menschen aus dem Rotlicht-Milieu zur randgruppenübergreifenden Fan-Front. «Da wird Fußball zelebriert, das macht diesen Verein so außergewöhnlich«, beschreibt Labbadia so amüsiert wie respektvoll seine Eindrücke vom Freudenhaus der Liga. «Sie haben da eine Nische gefunden, und die besetzen sie sehr gut.«

Seine Spieler wissen genau, was auf sie zukommt. Am Millerntor wird kein Schönheitspreis vergeben, hier sind Kampf und Leidenschaft gefragt. Fußball, wie er schon vor hundert Jahren gespielt wurde: keine Spur gekünstelt, technisch wenig anspruchsvoll, dafür authentisch, was schon vielen «großen« Mannschaften Probleme bereitet hat. Auf dem oft als Alptraum jedes Platzwarts gescholtenen Rumpel-Rasen verlor schon der deutsche Rekordmeister aus München und musste Spott aus der ganzen Republik über sich ergehen lassen. Als «Weltpokalsieger-Besieger« durften sich die Hamburger hernach feiern lassen. Tausende Sympathisanten tragen diese flugs auf T-Shirts gedruckte Botschaft vom erfolgreichen Klassenkampf des Underdogs gegen die «Millionarios« von der Isar noch heute mit einem breiten Grinsen.

«Einmalig« findet auch Fürths Flügelflitzer Daniel Adlung das Flair von St.Pauli, beeindrucken lassen will er sich davon aber nicht lassen. «Da müssen wir voll dagegenhalten und genauso kompakt wie in Mainz stehen.« Vor zwei Wochen kletterten die Fürther dank den 2:1-Sieges auf die Aufstiegsränge, zuletzt setzte es beim 0:1 gegen Abstiegskandidat Kaiserslautern eine kalte Dusche für die langsam wachsende Euphorie. «St. Pauli wird uns mehr abverlangen. Da werden wir viel mehr investieren müssen, um zu gewinnen«, warnt Labbadia seine Schützlinge.

Als Konsequenz aus der «ärgerlichen Niederlage« stellt Fürths Cheftrainer einige seiner Profis in Frage. «Auf zwei, drei Positionen bin ich noch am Nachdenken«, deutet Labbadia an, etwas Bewegung in die Stammformation der Rückrunde bringen zu wollen. Als Wackelkandidaten gelten Daniel Adlung, Thorsten Burkhardt und Aleksandar Kotuljac. Ein Wechsel in der Innenverteidigung steht bereits fest: Marino Biliskov wird nach abgesessener Gelbsperre wieder in die Startformation zurückehren, Jan Mauersberger muss dafür auf der Bank Platz nehmen. Er darf mehr Atmosphäre schnuppern, als ihm lieb sein dürfte.

St.Pauli: Borger – Rothenbach, Morena, Petersen, Gunesch – Boll, Meggle – Takyi, Bruns – Braun, Ludwig / Fürth: Kirschstein – Felgenhauer, Biliskov, Karaslawow, Achenbach – Schröck, Judt, Burkhardt, Adlung – Reisinger, Kotuljac (Nehrig) / SR: Stachowiak (Duisburg).

Keine Kommentare