Harter Schlag gegen Champions-League-Sieger

Knallharte Sanktionen gegen Chelsea-Eigentümer: Steht der Spitzenklub vor dem Ruin?

Alexander Aulila

Online-Redaktion

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10.3.2022, 15:20 Uhr
Getrübte Stimmung an der Stamford Bridge, dem Stadion des Chelsea FC. Der Eigentümer der "Blues" wurde mit Sanktionen belegt, das Tagesgeschäft kann der amtierende Champions-League-Sieger nur aufgrund einer Sonderlizenz und mit massiven Einschränkungen weiterführen.

© Stefan Rousseau, dpa Getrübte Stimmung an der Stamford Bridge, dem Stadion des Chelsea FC. Der Eigentümer der "Blues" wurde mit Sanktionen belegt, das Tagesgeschäft kann der amtierende Champions-League-Sieger nur aufgrund einer Sonderlizenz und mit massiven Einschränkungen weiterführen.

Der 10. März ist ein bedeutender Tag in der Geschichte des Chelsea Football Club. Im Jahr 1905 wurde der englische Klub an ebendiesem Tag gegründet. In den inzwischen 117 Jahren seit Gründung hat der Verein aus dem Londoner Stadtteil Fulham viel erlebt, Aufstiege und Titel gefeiert oder tränenreich Abstiege verkraften müssen. Doch genau 117 Jahre nach Gründung treffen die "Blues" Sanktionen gegen ihren russischen Eigentümer Roman Abramowitsch - die dazu führen, dass der amtierende Champions-League-Sieger vor einer ungewissen Zukunft steht.

Vor allem seit 2003 ist Chelsea eine der ganz großen Nummern im Weltfußball: Der russische Milliardär Roman Abramowitsch, reich geworden durch viel Öl und noch mehr Vetternwirtschaft, kaufte den Chelsea FC und steckte Teile seines Vermögens in das sportliche Geschäft. Mit rund zwei Milliarden Euro soll der Hauptstadtklub bei Abramowitsch in der Kreide stehen, wie im Zuge der russischen Invasion in der Ukraine bekannt wurde. Abramowitsch war vor der Jahrtausendwende der wohl einflussreichste Oligarch in seiner Heimat, unter anderem ihm hat der russische Präsident Wladimir Putin überhaupt erst zu verdanken, in jenes Amt gekommen zu sein. Diese Nähe zu Putin bekommt nun nicht nur der Milliardär, sondern auch sein geliebter Fußballklub zu spüren.

Begrenztes Budget und keine Tickets

Wegen des Angriffs auf die Ukraine hat die britische Regierung nun Strafmaßnahmen gegen Russlands Superreiche verhängt. Abramowitsch hatte - mit der Vorahnung, auch bald von Sanktionen betroffen sein zu können - in der vergangenen Woche angekündigt, den Chelsea FC verkaufen zu wollen. Diesem Verkauf schob Großbritannien jetzt den Riegel vor: Alle Vermögenswerte des Oligarchen sind eingefroren worden, Chelsea darf nur noch mit einer Sonderlizenz überhaupt weiter Spiele austragen.

Spieler kaufen oder verkaufen? Verboten. Tickets an Fans verkaufen? Auch verboten. Nicht einmal Fanartikel dürfen die "Blues" unter ihre Fans bringen. Die Sonderlizenz erlaubt es Chelsea gerade einmal, das operative Geschäft weiterzuführen. Nur Dauerkartenihnaber dürfen die Spiele besuchen, das Catering darf betrieben und bezahlt werden, für Auswärtsspiele ist ein Budget von lediglich 20.000 Pfund erlaubt. Was kaum ausreichen wird, um in der kommenden Woche zum Rückspiel im Champions-League-Achtelfinale gegen den Lille OSC in den Norden Frankreichs reisen zu können. Der aktuell Tabellendritte der Premier League kann praktisch keine Einnahmen generieren, Experten stellen bereits die berechtigte Frage, wie lange Chelsea in dieser Lage noch die hohen Spielergehälter zahlen kann.

Kaufpreis bei 3,5 Milliarden Euro

"Wir werden rücksichtslos gegen die Personen vorgehen, die das Töten von Zivilisten, die Zerstörung von Krankenhäusern und die illegale Besetzung souveräner Verbündeter ermöglichen", rechtfertigte der britische Premierminister Boris Johnson die ergriffenen Maßnahmen. Gleichzeitig wolle man mit der Sonderlizenz aber die Premier League, loyale Fans und andere Klubs der Liga schützen. Die wohl beste Fußball-Liga der Welt ohne Chelsea? Kaum vorstellbar.

Dennoch steht der Klub, bei dem mit Trainer Thomas Tuchel und den Nationalspielern Antonio Rüdiger, Kai Havertz und Timo Werner gleich mehrere deutsche Stars unter Vertrag stehen, vor einer sportlich wie finanziell ungewissen Zukunft. 3,5 Milliarden Euro wollte Abramowitsch in der vergangenen Woche für den sechsfachen englischen Meister haben, wann die Sanktionen wieder aufgehoben werden könnten ist unklar und von der Lage in der Ukraine abhängig. Neben Abramowitsch wurden auch sechs weitere russische Geschäftsleute mit Sanktionen belegt. Sie sollen zusammen ein Nettovermögen von rund 15 Milliarden Pfund besitzen.

Die Verantwortlichen des Vereins wollen indes das Gespräch mit der Regierung suchen, um die Folgen der Sanktionen abzufedern. "Das beinhaltet die Einholung einer Genehmigung, die Lizenz zu ändern, damit der Club so normal wie möglich weiterarbeiten kann", teilte der Klub am Donnerstagnachmittag mit und hofft auf eine Lockerung der Sanktionen. Sollte die Regierung nicht nachgeben, könnte das Geld schnell ausgehen - und der 117. Geburtstag der einschneidendste in der Historie der "Blues" gewesen sein.

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