Kommentar: Der DFB und die Ahnengalerie der Gescheiterten

11.5.2021, 20:52 Uhr
Fritz Kellers Amtzeit steht vor dem Ende. 

© Arne Dedert, dpa Fritz Kellers Amtzeit steht vor dem Ende. 

13 Präsidenten hatte der Deutsche Fußball-Bund seit 1900, darunter auch ein paar qualifizierte. Friedrich-Wilhelm Nohe etwa. Nach Hermann Neuberger ist sogar die Verbandszentrale in Frankfurt am Main benannt. Und für Egidius Braun erfanden sie 2001 den Ehrenpräsidenten.

Danach wurde es langsam kriminell an der Spitze des weltweit mitgliederstärksten Sportfachverbandes, aber nicht gleich strafbar. Gerhard Mayer-Vorfelder blieb unter anderem mit ausländerunfreundlichen Sprüchen und der Hymnen-Mitsingpflicht für Nationalspieler in Erinnerung, der "halbe Deutsche" ist seitdem ein Synonym für einen Nicht-Mitsinger.


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Wer seinerzeit dachte, dass in puncto Außendarstellung der Tiefpunkt erreicht sei, dürfte sich heute und vier Vorsitzende später nach einem wie Mayer-Vorfelder zurücksehnen. Theo Zwanziger hatte eines Tages mehr Kontakt mit der Staatsanwaltschaft als zu seiner Basis, der frühere Pressesprecher Wolfgang Niersbach brachte es gar zu einem Strafverfahren wegen des Verdachts auf Betrug, ungetreue Geschäftsbesorgung, Geldwäscherei und Veruntreuung. Oder, in DFB-Worten auf der eigenen Internetseite: "Er arbeitete für den Erfolg der Fußball-WM in Deutschland."

Niersbach trat dennoch zurück, ebenso wie Vorgänger Theo Zwanziger und Nachfolger Reinhard Grindel, der sich von einem ukrainischen Funktionär ziemlich plump mit einer 6000 Euro teuren Uhr hatte schmieren lassen. Die Frage, ob Fritz Keller, der guten alten DFB-Tradition folgend, ebenfalls korrupt ist, muss wegen der Kürze seiner Amtszeit unbeantwortet bleiben.
Dass er seinen Vizepräsidenten Rainer Koch mit einem Nazi-Richter verglichen hat und deshalb auf Druck der meisten Landes- und Regionalverbände jetzt ebenfalls vorzeitig gehen musste, rückt den DFB in eine noch finstere Ecke. Neun von ihnen sprachen Keller auf dem Potsdamer Krisengipfel freilich auch das Vertrauen aus, drei enthielten sich.

Strippenzieher Koch

Warum sich der jetzt Ex-Präsident so gehen ließ, wird wohl ein gut gehütetes Geheimnis bleiben. Jurist Koch, nebenbei auch Chef des Bayerischen und des Süddeutschen Fußball-Verbandes, gilt intern als äußerst unbequemer Hardliner. Mischt aber, man glaubt es kaum, schon seit fast 14 Jahren als Strippenzieher im DFB-Präsidium mit. Und ist jetzt vorübergehend der mächtigste Mann im Verband.

Als großer Gewinner sollte sich aber auch Rainer Koch nicht fühlen, er wird beim nächsten Bundestag nicht mehr zur Wiederwahl antreten. Gegen Koch wird seit ein paar Wochen wegen des Verdachts der Untreue ermittelt, es gilt aber selbstverständlich die Unschuldsvermutung. Wie einstmals auch für den gesamten DFB und seine mittlerweile über sieben Millionen Mitglieder. Als die Präsidenten noch Hermann Neuberger oder Egidius Braun hießen.

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