Bundestrainer geht

Kommentar zum deutschen EM-Aus: Kein letztes Hurra für Löw

29.6.2021, 20:01 Uhr

Die EM ist vorbei für Deutschland, und all jene Zweifler, die dem 61-Jährigen ein letztes Hurra nicht mehr zutrauen mochten, dürfen sich auf den ersten Blick bestätigt fühlen. Nach dem ängstlichen Auftakt gegen Frankreich (0:1) und dem furiosen 4:2 gegen Portugal hatte sich eine konfuse deutsche Elf mit dem 2:2 gegen Ungarn zwar gerade noch ins Achtelfinale gezittert und damit ein erneutes Vorrundenaus wie bei der desaströsen WM 2018 vermieden. Schon im ersten Akt der K.o.-Runde war dann aber England Endstation.


0:2 - Löw-Ära ist beendet: DFB-Team im Achtelfinale raus


Eine Schande ist das nicht, Weltmeister Frankreich, Titelverteidiger Portugal, Vizeweltmeister Kroatien oder die anfangs so famosen Niederländer sind ebenfalls raus. Dennoch hätte es natürlich gern ein bisschen mehr sein dürfen. Welchen Anteil Löw am frühen Scheitern trägt, welche personellen und taktischen Fehler er vielleicht gemacht hat, darüber wird an den virtuellen Stammtischen wieder leidenschaftlich diskutiert werden. Vielleicht sollten sich alle Sofa-Experten aber auch einfach ehrlich eingestehen, dass der deutsche Fußball derzeit weder über die individuellen Qualitäten noch über ein funktionierendes Kollektiv verfügt, um in der Weltspitze mitzumischen. Eine Phase, wie sie übrigens auch schon andere europäische Fußballnationen wie Italien, Spanien, Frankreich oder die Niederlande durchleben mussten. Und sich davon wieder erholten.

Eine Erfolgsgeschichte

Für seine finale Mission hatte Löw den eingeschlagenen Weg des Neuaufbaus verlassen und alles dem kurzfristigen Erfolg untergeordnet.

Ein versöhnlicher Abschied war ihm trotzdem nicht vergönnt. Nach der ersten Enttäuschung und mit etwas Abstand werden aber sowohl Löw als auch die Fans auf eine imponierende Ära zurückblicken können; auf 15 Jahre, in der dieser Rekordtrainer den deutschen Fußball geprägt hat wie wenige andere. Löw steht in einer Ahnenreihe mit Herberger, Schön und Beckenbauer, unter ihm erreichte die DFB-Elf in sechs aufeinanderfolgenden Turnieren stets mindestens das Halbfinale. Und auch wenn „der Jogi“ von der Öffentlichkeit oft als eigenbrötlerisch, stur, selbstverliebt oder etwas entrückt wahrgenommen wurde, von Seiten der Spieler war nie ein böses Wort über ihn zu hören. „Er ist ein wundervoller Mensch, respektvoll gegenüber jedem“, schwärmte etwa Emre Can. Vielleicht vermag das ja ein bisschen Trost zu spenden, wenn demnächst die Leere in Löws Leben zu treten droht.

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