Let's go, FCN! Füllkrug und das Fünfer-Läuten gegen Leipzig

16.3.2016, 17:00 Uhr
Lass das Ding doch gelten, Dingert! Füllkrug und Kollegen schafften in der Hinrunde fast ein unvorstellbares Comeback.

© Sportfoto Zink / DaMa Lass das Ding doch gelten, Dingert! Füllkrug und Kollegen schafften in der Hinrunde fast ein unvorstellbares Comeback.

Durch einen Sieg kann der 1. FC Nürnberg seinen Rückstand auf Liga-Primus Leipzig auf drei Punkte reduzieren und Aufstiegsmitbewerber Freiburg erneut unter Druck setzen. Fünfmal in Folge wehrten die auf Platz zwei notierten Breisgauer im Fernduell zuletzt einen solchen Angriff ab. Für den Club heißt es trotz allem oder gerade deswegen beharrlich bleiben. Wenn sich der Spitzenreiter am Sonntag in Nürnberg vorstellt, will der FCN erneut vorlegen. Dass die Elf von René Weiler das kann, zeigt die Statistik: Die letzten vier Partien gestaltete das Team allesamt siegreich. Seit 16 Spielen sind Nürnbergs Premium-Fußballer ungeschlagen und in ihrer Trutzburg eh nicht zu bezwingen. Dieser Schluss drängt sich zumindest auf, wenn man bedenkt, dass die letzte Niederlage des Club in dessen rot-schwarzer Heimfestung aus dem März 2015 datiert – also schon ein Jahr zurückliegt.

Auch auswärts, im Oktober des Vorjahres, hätte der FCN das Kräftemessen mit den Messestädtern nicht verlieren müssen. Und das, obwohl bereits nach einer Viertelstunde alles auf einen hohen Sieg der Hausherren hindeutete. Mit nur noch zehn Mann lag der Club hoffnungslos im Hintertreffen: Kapitän Dominik Kaiser hatte die Roten Bullen, nachdem Georg Margreitter im Strafraum die Notbremse gezogen hatte, vom Punkt in Front gebracht. Selke, vom Österreicher zuvor gefoult und im Hauptberuf Stürmer, wollte Spielführer und Schwaben-Kumpel Kaiser natürlich nicht nachstehen. Der Schorndorfer schnürte einen Doppelpack, stellte gegen dezimierte und desorientierte Nürnberger damit schnell auf 3:0.

Der geht rein! Dave Bulthuis machte in der Messestadt die erste Club-Bude.

Der geht rein! Dave Bulthuis machte in der Messestadt die erste Club-Bude. © Sportfoto Zink / DaMa

Doch in der zweiten Hälfte schlug der Club - bis dahin nur Spielball angriffslustiger Rasenballer – zurück! Nachdem Dave Bultuis eine Freistoßflanke von Kevin Möhwald zum 1:3 und Niclas Füllkrug eine nahezu identische Vorlage des Nürnberger Standardspezialisten zum Anschlusstreffer genutzt hatte, bekam der sorglos schippernde Taurin-Tanker erheblich Schlagseite. Leipzig wackelte, Leipzig wankte. Füllkrug und Behrens verpassten den Ausgleich. Der bereits mehrfach genannte Füllkrug erzielte diesen in der Nachspielzeit, stand zuvor aber im Abseits. Wäre dies nicht der Fall gewesen, wäre ein in der Schlussphase fabelhaft aufbegehrender FCN für seine Comeback-Qualitäten sogar noch mit einem Punkt belohnt worden.

Der Club hatte im Oktober 2015 große Moral gezeigt. Ärgerlicher war im Vergleich da schon die Niederlage aus der Vorsaison. Am Ostersonntag des selben Jahres war der FCN mit dem festen Vorsatz im Leipziger WM-Stadion angetreten, seit vier Spielen sieglosen Sachsen ein paar Eier ins Netz zu legen. Und der Osterausflug ins Rote-Bullen-Land begann vielversprechend. Guido Burgstaller und seine Mitstreiter nahmen das RB-Gehäuse für stürmische Nürnberger früh unter Beschuss. Nach einer halben Stunde belohnte der Kärtner Chefkanonier die vehementen Angriffsanstrengungen der Gäste mit der Führung. Erst in der zweiten Hälfte begegnete Leipzig dem Club auf Augenhöhe. Dass es am Ende 2:1 für glückliche Sachsen hieß, hatten diese dem frühen Ausgleich nach Wiederbeginn und Dominik Kaiser zu verdanken, der im Gegensatz zu Sebastian Kerk nicht den Pfosten, sondern in der 76. Minute ins Tor traf.

Dass Auseinandersetzungen mit den vom Brause-Imperium Red Bull generös unterstützten Berufsfußballern Spaß machen können, weiß der FCN allerdings auch. Den ersten von bisher drei Direktvergleichen im Pflichtspielbetrieb gewann der Club für sich. Wohlgemerkt zu Hause! Valerien Ismael war im Oktober 2014 noch Nürnberger Trainer. Und hochzufrieden damit, wie sein Team die auf schnelles, vertikales Spiel ausgerichtete Vorgehensweise der Leipziger adaptierte, mit enormer Kampfkraft dagegenhielt und die Partie eine Viertelstunde vor Schluss durch eine Hochgeschwindigkeitskombination und Alessandro Schöpf für sich entschied.

Wie schön sich Siege gegen Leipzig anfühlen können, war dem geneigten Clubfan schon vorher bekannt gewesen. Im Gegensatz zu den bei vielen Fußball-Traditionalisten ungeliebten Roten Bullen, reiste der VfB Leipzig - 1903 Deutschlands erster Meister - im Oktober 1993 mit viel Geschichte in die Noris. Und verließ sie nach einer krachenden 0:5-Klatsche und einem Abend, der aus Nürnberger Sicht gewöhnlich begonnen hatte und außergewöhnlich enden sollte.

Ausnahmsweise mit Köpfchen: André Golke traf im Oktober 1993 gegen den VfB Leipzig zum 1:0.

Ausnahmsweise mit Köpfchen: André Golke traf im Oktober 1993 gegen den VfB Leipzig zum 1:0. © Stefan Hippel

André Golke, der in seiner Karriere danach kaum mehr als Kopfballungeheuer in Erscheinung treten sollte, eröffnete das fränkische Fußballfest, indem er das Spielgerät nach einer Sutter-Ecke ins Tor wuchtete. Den möglichen Ausgleich verhinderte Andi Köpke. Dieser parierte Mitte der ersten Hälfte einen Foulelfmeter von Dirk Anders, der vor dem Duell mit dem Club-Keeper zwei Jahre lang jeden Strafstoß verwandelt hatte.

Man nannte ihn "Zaubermaus" 

Nürnbergs Traumtorwart war es auch, der seine Vorderleute mit weiteren Glanztaten animierte, noch vor dem Kabinengang nachzulegen. Sergio Zarate markierte nach Vorarbeit von Christian Wück den zweiten Club-Treffer. Nur drei Minuten später revanchierte sich die agile Zaubermaus bei ihrem Sturmpartner – 3:0! Nürnbergs Angriffsmaschine war heißgelaufen. Sie sollte auch in der Pause nicht abkühlen. Mit famoser Spielfreude begeisterte der von Willi Entenmann trainierte FCN weiterhin die Zuschauer. Alain Sutter durfte sich bei Langhaar-Kollege Zarate bedanken, der dem Blonden Engel aus der Schweiz das erste Erfolgserlebnis im Club-Trikot ermöglichte.

Die letzte Glocke beim Fünfer-Läuten gegen Leipziger um Abwehrmann Dieter Hecking war Lubos Kubik vorbehalten. Der Club-Libero gab dem bemitleidenswerten Maik Kischko im Tor der Gäste per Aufsetzer ein weiteres Mal das Nachsehen. Eine Viertelstunde später war der höchste Bundesliga-Heimsieg des FCN seit 13 Jahren amtlich - passenderweise am 13. Spieltag. Glückliche Menschen umarmten sich im Frankenstadion.

Der Abstieg, der den FCN am letzten Spieltag in Dortmund ereilen sollte, war weit weg. Ebenso wie bald darauf Willi Entenmann. Obwohl der Club-Coach auch beim nächsten Heimspiel gegen die Bayern (2:0) seine Hausaufgaben exzellent erledigte, wurde er unmittelbar nach dem Coup gegen den Erzrivalen gefeuert. Ein Schicksal, dass René Weiler an diesem Sonntag nicht droht. Soviel dürfte trotz der Bedeutung der Leipzig-Spiele jetzt schon feststehen.

Verwandte Themen


14 Kommentare