Leukämie: Fränkischer Fußballer wird zum Lebensretter

9.12.2020, 06:08 Uhr
Ein paar Stunden nach der OP hat Frank schon wieder ein Lächeln im Gesicht. Die Entnahme der Stammzellen hat er ohne Probleme überstanden.

© Foto: David Regele Ein paar Stunden nach der OP hat Frank schon wieder ein Lächeln im Gesicht. Die Entnahme der Stammzellen hat er ohne Probleme überstanden.

Simon Frank ist schon längst wieder fit. Der Muskelkater im unteren Rücken ist verschwunden, die Müdigkeit nach der Operation Vergangenheit. "Es war wirklich nicht schlimm, ich habe überhaupt keine Probleme", versichert er. Vor etwa vier Wochen hat Frank Knochenmark gespendet, für einen Menschen, der an Leukämie erkrankt ist. Laut der Deutschen Krebsgesellschaft erhalten jedes Jahr rund 12.500 Bundesbürger diese Diagnose.

Für solche Patienten besteht die einzige Möglichkeit zu überleben oft darin, geeignetes Spenderblut eines fremden Menschen verabreicht zu bekommen. Dabei müssen die Gewebemerkmale, also die Zusammensetzung des Blutes, von Spender und Empfänger praktisch identisch sein. Manchmal ist das bei nahen Angehörigen der Fall, meistens müssen Betroffene aber auf Menschen zurückgreifen, die sich für eine Stammzellenspende registrieren lassen haben. Menschen wie Simon Frank.


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Vor vier Jahren, damals noch als Student an der Fachhochschule Triesdorf, hat sich der 23-Jährige bei der Aktion Knochenmarkspende Bayern (AKB) typisieren und in die Spenderdatei eintragen lassen. Eine kurze Blutabnahme war das, spontan zwischen zwei Vorlesungen. "Ich wollte mich sowieso immer schon typisieren lassen. Ich gehe ja auch regelmäßig Blut spenden," sagt Frank. So wie er überhaupt alles tut, um seinen Mitmenschen irgendwie zu helfen. Als Stammzellenspender, als Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Unterschwaningen, als Vorstand der Evangelischen Landjugend.

Die Sicherheit des Spenders hat Priorität

Ein bisschen überrascht war er trotzdem als Anfang August ein Schreiben der AKB im Briefkasten lag. Sie kommen möglicherweise als Spender infrage, stand dort. "Für mich war es eine Ehre, vielleicht jemandem helfen zu können", beschreibt Frank seine Gefühle kurz nach dem Öffnen des Kuverts. Benötigt ein Blutkrebs-Patient eine Stammzellenspende, benachrichtigen Organisationen wie die AKB meist mehrere potenzielle Spender. Diese gehen dann zu ihrem Hausarzt, der nimmt erneut eine Blutprobe. Dann stellt sich heraus, welche der benachrichtigten Personen am besten als Spender geeignet ist. "Ich habe gepasst", sagt der Fachinformatiker. Stolz und Freude schwingen in seiner Stimme mit.


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Danach folgte das Prozedere bei dem es ihm, zum einzigen Mal während der gesamten Zeit, ein wenig mulmig war: eine ganze Reihe intensiver ärztlicher Untersuchungen. EKG, Urinprobe, Ultraschall, Lungenfunktionstest – zur Sicherheit des Spenders gilt es zu klären, ob gesundheitliche Gründe gegen eine Spende sprechen. "So genau wird man sonst nie untersucht", blickt Frank zurück. "Ich habe natürlich gehofft, die finden nichts Schlimmes. Man weiß ja nie, was im eigenen Körper so los ist."

In seinem Fall war nichts los, jedenfalls nichts, was ungewöhnlich oder gar besorgniserregend gewesen wäre. Also steigt er Anfang November in einen Zug nach Gauting. Dort, unweit des Starnberger Sees, befindet sich am Asklepios Klinikum der Sitz der AKB. Und dort würde Frank sich dem Eingriff unterziehen. Der Zeitpunkt war perfekt für den Abwehrspieler der SG Unterschwaningen/Geilsheim in der A-Klasse Neumarkt/Jura West.

Am Anfang steht ein Corona-Test

Schließlich konnte er im Oktober noch alle Partien bestreiten – und ab November sollte der Teil-Lockdown dafür sorgen, dass er auf dem Fußballplatz sowieso nichts verpassen würde. "In der Mannschaft fanden es alle total gut, dass ich das mache. Viele von ihnen stehen auch in der Spenderkartei", berichtet er von der Unterstützung seines Teams.

Simon Frank auf dem Fußballplatz. In der A-Klasse West macht er für die SG Unterschwaningen/Geilsheim gegnerischen Stürmern das Leben schwer.

Simon Frank auf dem Fußballplatz. In der A-Klasse West macht er für die SG Unterschwaningen/Geilsheim gegnerischen Stürmern das Leben schwer. © Foto: David Regele

Im Klinikum in Gauting muss Frank erst mal auf das Ergebnis seines Corona-Tests warten. Doch schnell ist klar: negativ, alles in Ordnung. Am Tag vor der OP folgt eine abschließende Untersuchung, eine Ärztin erklärt ihm ausführlich, wie der Eingriff abläuft. "Man wird perfekt betreut, alle haben sich sehr viel Zeit genommen und jede Frage bis ins Detail beantwortet", schwärmt der junge Fußballer. Sein Zimmer erinnert eher an ein Hotel als an ein Krankenhaus. Ein großzügiges Bad, ein Schreibtisch, WLAN – hier fehlt es an nichts.

Am nächsten Morgen wird es ernst. Unter Vollnarkose punktiert das Ärzteteam Franks Beckenknochen und zieht ein Gemisch aus Knochenmark und Blut aus seinem Körper. Auf der linken und der rechten Seite des Beckens entstehen dadurch zwei kleine Einstichstellen. 1,4 Liter Flüssigkeit ziehen die Ärzte aus dem Beckenknochen des 23-Jährigen. Doch das klingt weit schlimmer als es ist, sagt er.

Nur Muskelkater, sonst nichts

Nach knapp einer Stunde ist die Prozedur bereits wieder beendet. "Am Nachmittag war ich dann schon spazieren." Nicht bei jedem Spender erfolgt die Stammzellentnahme aus dem Becken. Oft filtert auch eine Maschine die Stammzellen aus dem Blut. Das dauert etwas länger, eine Narkose ist dafür aber nicht notwendig. Welches Verfahren im Einzelfall besser ist, entscheiden die Ärzte.


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Eine Nacht muss Frank nach der Entnahme noch im Krankenhaus bleiben, dann geht es schon zurück nach Unterschwaningen. Ein leichtes Ziehen im Rücken spürt er da noch, Schmerzmittel braucht er aber keine. "Das Gefühl kenne ich vom Fußball", sagt er. Inzwischen dürfte er natürlich auch wieder auf dem Platz stehen – wäre da der Lockdown nicht. Nur mit dem Blutspenden muss Frank jetzt ein halbes Jahr warten. Schließlich soll sich sein Blut erst in Ruhe regenerieren können.

"Treffen wäre sehr emotional"

Für den Empfänger ist die Stammzelltransfusion derweil deutlich unangenehmer. Mit einer starken Chemotherapie wird dessen krankes Knochenmark und damit auch das Immunsystem praktisch komplett zerstört. Erst dann bekommt er die gesunden Stammzellen des Spenders und kann sich langsam erholen. Wenn alles gut läuft, ist der Krebs danach besiegt.


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Wessen Leben Frank vielleicht gerettet hat, weiß er nicht. "Man hat mir nur gesagt, dass der Empfänger nicht aus Deutschland, aber aus Mittel- oder Westeuropa ist", berichtet er. Frühestens nach sechs Monaten bekommt Frank Bescheid, wie es dem Patienten nun geht: Hat er die Transfusion gut überstanden? Hat sich sein Zustand verbessert? Ist er geheilt? "Wenn beide Seiten es wollen, kann man zwei Jahre nach der Spende miteinander Kontakt aufnehmen", weiß der 23-Jährige. Dann lernen Spender und Empfänger sich persönlich kennen. "Ich würde das wollen. Das ist sicher emotional – besonders für die empfangende Person." Und ein unvergessliches Erlebnis. Sicher auch für den Lebensretter Simon Frank.

Alle Informationen zum Thema Stammzellenspende und die Möglichkeiten, selbst Spender zu werden gibt es online unter www.akb.de (Aktion Knochenmarkspende Bayern) oder unter www.dkms.de (Deutsche Knochenmarkspenderdatei).

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