Wie die Vereine damit umgehen

2G-Regel im Hallensport: Zwischen Frust und Vorbildfunktion

13.11.2021, 08:00 Uhr
Wer in der Volleyball-Regionalliga spielen möchte, muss geimpft oder genesen sein.  

© Sportfoto Zink / Wolfgang Zink, NN Wer in der Volleyball-Regionalliga spielen möchte, muss geimpft oder genesen sein.  

Aufgeben ist keine Option für den Bayerischen Handball-Verband, zumindest nicht jetzt. Das Präsidium hat noch am Mittwoch, als die Staatsregierung mit ihren verschärften Corona-Regeln auch etliche Sportarten kalt erwischte, eine außerordentliche Sitzung einberufen. Ergebnis: Es geht weiter. Nur eben nicht mehr für alle.

Der Spielbetrieb wird unter Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben in der jeweiligen Ampelstufe fortgeführt, bei Rot heißt das: Nur vollständig geimpfte oder genesene Spielerinnen und Spieler sowie Zuschauerinnen und Zuschauer dürfen in die Halle, ein negativer Test ist künftig zu wenig. Kaum eine Amateur-Mannschaft, die deswegen jetzt nicht personelle Probleme bekommt.

Ausgenommen von der 2G-Regelung ist der Profisport, zum Beispiel die erste und zweite Volleyball-Bundesliga. Zwei Tests pro Woche genügen da denjenigen, die sonst draußen bleiben müssten. Bei einer Impfquote von 100 Prozent wäre die erste Männer-Mannschaft des SV Schwaig ohnehin nicht betroffen, ebenso die erste Frauen-Mannschaft des TV Altdorf.

Zschopau hat abgesagt

Die eine oder andere Klasse weiter unten sieht es schon etwas anders aus. Schwaigs Abteilungsleiter Hans-Peter Ehrbar, der zugleich Bezirksspielwart ist, weist zudem darauf hin, dass sich in der Landesliga oder Bezirksliga häufig drei Vereine zu einem Spieltag treffen, im Modus jeder gegen jeden. Würde einer ausfallen, hätten die anderen beiden keine Schiedsrichter. Et cetera.

Beim TSV Zirndorf sind sie trotzdem sehr stolz darauf, dass ihre Männer-Mannschaft in der 3. Liga Ost antritt. Außer an diesem Wochenende. Die Gäste vom VC Zschopau in Sachsen können die 2G-Regel nicht erfüllen und haben das Spiel abgesagt. Günter Bernard ist Abteilungsleiter und Hygienebeauftragter für sieben Mannschaften á zwölf Spieler – und ist froh, dass er sich mal den Frust von der Seele reden kann, als die Zeitung anruft.

Die Woche begann mit Chaos: „Das Krasseste war jetzt die Verpflichtung zu 3G plus beim Indoorsport. Das hätte bedeutet, dass alle ungeimpften Jugendlichen nicht mehr bei uns Sport treiben dürfen.“ Also fragte er 100 Elternteile ab, wer geimpft ist, wollte bereits eine Jugendmannschaft abmelden, „um einen Tag später von der Kabinettssitzung zu erfahren, dass Schüler ab zwölf Jahren bis 31. Dezember an 2G-Veranstaltungen teilnehmen dürfen“.

Kein Kontakt zu den Fans

Für Luftsprünge aber reichte die Nachricht nicht: „Wir sind solche Dinge ja gewohnt, aber wir sind deshalb nicht entspannt.“ Dazu trägt auch die Zurückhaltung der Zuschauer bei: Vor der Pandemie rechnete der TSV mit 100 Gästen bei Heimspielen der Männer, in dieser Saison sind es lediglich 60. „Es ist deutlich zu spüren, dass die Leute vorsichtig sind.“ Die Spieler dürften nach Schlusspfiff auch nicht mit dem Publikum in Kontakt kommen – was schwer zu kontrollieren ist, „da wird es dann immer hektisch“ für den Hygienekontrolleur.

Und wie sicher fühlt er sich, wenn er Impfpässe der angereisten Gegner kontrollieren muss? „Wie das alles läuft – das nimmt mir völlig die Ressourcen, Kinder weiterzuentwickeln. Wir arbeiten nur noch die Corona-Regeln ab, Trainer sind abgelenkt, Spieler sind unsicher.“ Hinzu kämen die verschiedenen Anforderungen in den unterschiedlichen Ligen: „In der 3. Liga wird Fiebermessen verlangt, bei unseren Frauen in der Regionalliga nicht, bei den Jugendlichen wird noch diskutiert – es herrscht eine riesige Dynamik der ständigen Änderungen.“ Hinzu komme, dass sich der Bayerische Landes-Sportverband und die politischen Anordnungen teilweise widersprächen.

Bei einem Turnier im September mit 47 Mannschaften betrug die Impfquote 90 Prozent. Das weiß er, weil ihm jeder Spieler seinen Impfpass vor die Nase halten muss oder er die App mit der Cov-Pass-Check-App abscannt. Und wenn einer betrügt? „Ich kann ja auch nicht wissen, ob jemand nicht doch infiziert ist. Aber da würde ich mich verrückt machen“, sagt Bernard.

"Wollen uns vorbildlich verhalten"

Verrückt machen wollen sie sich auch beim Hockey-Oberligisten TB Erlangen nicht, aber eben so wenig wie möglich dem Schicksal überlassen. Alle sind geimpft, „da besteht sportliches Einvernehmen und hundertprozentige Überzeugung“, sagt Spielerin Paula Wernecke. Darüber hinaus testen sie sich alle auf freiwilliger Basis vor den Spielen oder unter der Woche, „damit wir sofort reagieren können, falls wir einen positiven Fall haben. Wir wissen, dass wir füreinander Verantwortung haben und wollen uns hier vorbildlich verhalten.“

Ein Sponsor hatte anfangs Schnelltests zur Verfügung gestellt, die sind mittlerweile aber aufgebraucht. „Trotzdem machen wir das aber weiter“, sagt Wernecke. Auch in der Basketball-Abteilung des TSV Ansbach passen sie natürlich auf, werden aber immer weniger. Wegen Verletzungen und Umsetzung der 2G-Regel stehen der Bayernliga-Mannschaft nur noch sechs Spieler zur Verfügung. „Im schlechtesten Fall können wir in diesem Jahr gar kein Spiel mehr absolvieren“, wird Trainer Harald Müller in der FLZ zitiert.

Wenigstens die meisten Funktionäre zeigen viel Verständnis. Sieht sich ein Verein nicht in der Lage, „unter den herrschenden Bedingungen zu spielen“, wie der Bayerische Handball-Verband in seinem Präsidiumsbeschluss schreibt, könne das Spiel problemlos und kostenfrei verlegt werden.

Der wohl wichtigste Satz steht aber ein Stück weiter unten im Schriftstück: „Wir bitten dringend darum, die veränderte Pandemie-Situation nicht auf die leichte Schulter zu nehmen.“

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