Tennis
Erster seit Zverev: Deutscher Junior-Champion in Paris
08.06.2025, 10:57 Uhr
Der Blick auf die aktuelle Weltrangliste ist eher ernüchternd. Nur drei deutsche Tennisspieler stehen unter den Top 100, Weltklasse verkörpert lediglich Alexander Zverev - auch wenn er immer noch auf seinen ersten Titel bei einem Grand-Slam-Turnier wartet. Die Sorge um das deutsche Tennis war deshalb zuletzt groß, doch auf einmal gibt es Licht am Ende des Tunnels.
Denn ein Quartett von 17-Jährigen sorgt plötzlich für Furore und macht Hoffnung, dass das deutsche Herren-Tennis auch in einer Zeit nach Zverev noch erfolgreich sein kann. Erstmals seit 30 Jahren standen sich bei den French Open im Schweriner Niels McDonald und in Max Schönhaus aus Soest wieder zwei deutsche Junioren bei einem Grand-Slam-Turnier in einem Junioren-Finale gegenüber. Damals spielten Nicolas Kiefer und Ulrich-Jasper Seetzen bei den US Open um den Titel.
McDonald gewinnt deutsches Finale
In Paris holte sich McDonald mit 6:7 (5:7), 6:0, 6:3 den Sieg und vergoss danach erst einmal ein paar Tränen. „Ich bin extrem glücklich, hier gewonnen zu haben“, sagte McDonald nach der Partie, „ich kann es noch gar nicht ganz fassen“. Er ist der erste Deutsche seit Zverev 2014 bei den Australian Open, der einen Grand-Slam-Titel bei den Junioren gewonnen hat.
McDonald hat eine interessante Vita. Geboren in Cardiff, aufgewachsen in Schwerin, inzwischen für Oldenburg in der 2. Bundesliga spielend und in Stockholm an der Akademie von Ex-Profi Magnus Norman trainierend - McDonald hat in jungen Jahren schon einiges mitgemacht.
Streben nach der großen Bühne
Der Triumph im Stade Roland Garros gegen seinen Kumpel Max Schönhaus soll aber erst der Anfang gewesen sein. „Es ist nur der erste Schritt bei dem großen Traum, den ich mir erfüllen will. Heute und morgen werden wir feiern, aber dann geht es zurück zur Arbeit. Damit ich hier irgendwann mal auf der großen Bühne spiele.“
Auf der großen Bühne standen sich parallel zum verwandelten Matchball Coco Gauff und Aryna Sabalenka auf dem Court Philippe-Chatrier gegenüber. Am Sonntag fand dort das Finale zwischen Jannik Sinner und Carlos Alcaraz statt.
Von diesen Superstars der Branche sind McDonald, Schönhaus und auch Justin Engel und Diego Dedura, die inzwischen bereits auf der ATP Tour aktiv sind, noch ein ganzes Stück entfernt. Doch es macht Hoffnung, dass da ein starkes, ehrgeiziges und hart arbeitendes Quartett ist, dass irgendwann den Sprung schaffen kann. Und auch bei den Juniorinnen geht es aufwärts. Im Doppel der Juniorinnen trugen sich Eva Bennemann und Sonja Zhenikhova in die Siegerliste der French Open ein.
Harte Arbeit und Konstanz
„Was hier in dieser Woche passiert ist, ist unglaublich“, sagte Ex-Profi Philipp Petzschner, einst Grand-Slam-Sieger im Doppel und heute Bundestrainer für den männlichen Nachwuchs. „Es ist nicht alles so schwarz, wie man es sagt“, sagte Petzschner, den die unerwarteten Erfolge die Haarpracht kosteten.
Denn vor dem Turnier hatte es eine Wette gegeben, dass McDonald und Co. dem Bundestrainer im Falle eines Turniersieges eine neue Frisur verpassen durften. Und so verfolgte Petzschner das deutsche Endspiel im drittgrößten Stadion der Anlage mit einer Glatze und seiner Kappe.
Die unbeschreibliche Woche wollten Sieger und Besiegter dann gemeinsam mit ihren Teams in Paris feiern. Dann geht es nach ein paar Tagen zurück auf den Trainingsplatz. „Wir müssen mit harter Arbeit versuchen, da jetzt Konstanz reinzubringen und die Jungs weiterentwickeln. Dann haben wir wieder mehr Spieler im Hauptfeld und in der zweiten Woche bei Grand Slams“, sagte Petzschner.