Erster Titelträger aus Asien

Neuer Snooker-Weltmeister Zhao: Umstritten und gefeiert

06.05.2025, 10:07 Uhr
Zhao Xintong ist der erste Snooker-Weltmeister aus China.

© Mike Egerton/PA Wire/dpa Zhao Xintong ist der erste Snooker-Weltmeister aus China.

Die chinesische Fahne war rasch zur Hand. Zhao Xintong warf sich das rote Banner mit den gelben Sternen um die Schultern und ließ sich ausgiebig feiern - erst ein bisschen schüchtern, dann doch etwas ausgelassener. Kurz zuvor hatte sich der 28-Jährige zum ersten Snooker-Weltmeister aus China gekrönt. Ein wenig verschämt hob Zhao nach dem 18:12-Finalsieg über Routinier Mark Williams den Deckel des Siegerpokals an und schaute nach, ob noch etwas in der riesigen Silber-Trophäe verborgen ist.

Nein, es war nichts darin. Einen ordentlichen Drink wollte sich Zhao dann später spendieren, und auch das Preisgeld von einer halben Million Pfund (rund 587.000 Euro) gibt es erst später für den zwischenzeitlich wegen eines Manipulationsskandals gesperrten neuen Star der Billard-Variante.

Zhao Xintong besiegte auf dem Weg zum Titel auch Ronnie O’Sullivan.

Zhao Xintong besiegte auf dem Weg zum Titel auch Ronnie O’Sullivan. © Mike Egerton/PA Wire/dpa

In bestem Englisch erklärte er den 800 Fans im Crucible Theatre in Sheffield und den Fernsehzuschauern, wie er sich fühlt. „Ich kann nicht glauben, dass ich so schnell Weltmeister geworden bin. Deswegen bin ich sehr stolz auf mich. Ich glaube, dass ich träume“, sagte Zhao und blickte dabei auch auf seine 20-monatige Sperre und die damit verbundene Spielpause zurück.

Wegen Wettmanipulationen gesperrt

2021 gewann Zhao bereits die UK Championship, eines der drei prestigeträchtigsten Turniere. Dann wurde er wie neun weitere chinesische Profis gesperrt. Er soll von Manipulationen eines anderen Spielers gewusst und selbst gewettet haben. 

Zhao habe den Preis für sein Vergehen bezahlt, betonte Sportvermarkter Barry Hearn, seit Jahrzehnten im Snooker sowie auch im Darts und Boxen aktiv. Wegen der Sperre ist Zhao nun der erste Amateur, der Weltmeister wurde. Er musste zunächst vier Qualifikationsmatches gewinnen, um wie neun andere Chinesen in das Hauptfeld mit 32 Spielern einzuziehen.

China voller Stolz für Zhao

Der aus der zentralchinesischen Millionenstadt Xi’an stammende Zhao lebt seit 2016 in England und kann zu Fuß zum Snooker-Tempel gehen. Den Abschied aus der Heimat sieht er als notwendiges Opfer: „Wenn du ein guter Spieler werden willst, musst du das tun, auch wenn es sehr hart ist.“

In seinem Heimatland China bangten Millionen Zuschauer wegen der Zeitverschiebung bis tief in die Nacht vor den Bildschirmen mit Zhao um den Titel. Am Tag danach gratulierte ihm das Nationale Olympische Komitee zum Erfolg. Zhao ist der erste Snooker-Weltmeister überhaupt aus Asien. Von höchster Regierungsstelle kamen zunächst keine offiziellen Glückwünsche. „China schreibt neue Snooker-Geschichte“, titelte jedoch die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua. 

„Wir sind gemeinsam durch die Dunkelheit gegangen, damit jeder das Licht sehen kann“, schrieb Ding Junhui, der WM-Finalist von 2016 und Auslöser des chinesischen Snooker-Booms, auf Weibo, Chinas Pendant zur Online-Plattform X. Zhao habe gewonnen, was der gemeinsame Traum von Generationen von chinesischen Snookerspielern gewesen sei, erklärte Ding weiter. Dieser Moment des Ruhmes sei die beste Belohnung für alle chinesischen Snooker-Fans.

Verlierer Williams mit Humor

Zhao möchte Kinder und Jugendliche daheim inspirieren. „Das wird ihnen jetzt Kraft geben. In der Zukunft können dies viele chinesische Spieler schaffen.“ Er entzauberte unter anderen im Halbfinale den siebenmaligen Champion Ronnie O’Sullivan aus England und nun den mit 50 Jahren ältesten Finalisten Mark Williams.

Als künftigen Superstar würdigte der dreimalige Champion Williams seinen Bezwinger, der als Nummer elf in die Weltrangliste zurückkehrt. „Ich werde zum Glück zu alt sein, wenn er den Sport dominiert“, sagte der mit trockenem Humor ausgestattete Waliser. „Ich habe nichts als Bewunderung dafür, was er geschafft hat.“

Verlierer Mark Williams unterliefen im Finale zu viele Fehler.

Verlierer Mark Williams unterliefen im Finale zu viele Fehler. © Mike Egerton/PA Wire/dpa

Der Linkshänder ist erst der dritte Qualifikant, der im Crucible Theatre triumphierte, wo seit 1977 gespielt wird. Er ist nach dem Australier Neil Robertson und dem Belgier Luca Brecel auch erst der dritte nicht britische Weltmeister seit der Jahrtausendwende.

Vergleich mit Luke Littler

Der Chef des Profi-Weltverbandes für Billard und Snooker, Jason Ferguson, sieht den neuen Champion als Segen und verglich ihn mit dem Darts-Weltmeister Luke Littler (18). „Er ist jung, talentiert, unterhaltsam und spricht Englisch und Mandarin. Das wird Snooker auf ein anderes Niveau heben“, prophezeite Ferguson im Gespräch mit dem britischen Sender BBC. Ein heldenhafter Empfang in der Heimat sei Zhao sicher.