Niclas Füllkrug: Auf der Suche nach einer neuen Heimat

11.7.2014, 05:59 Uhr
Bereit für den Durchbruch: Niclas Füllkrug (rechts) hat in einer Saison mal 162 Tore geschossen - das ist allerdings über 15 Jahre her.

© Sportfoto Zink / DaMa Bereit für den Durchbruch: Niclas Füllkrug (rechts) hat in einer Saison mal 162 Tore geschossen - das ist allerdings über 15 Jahre her.

Niclas Füllkrug hat 162 Tore in einer Saison geschossen, in einer ganz normalen Saison. So sagt das Füllkrug selbst, er spricht über seine Kindheit in Ricklingen, einem Stadtteil von Hannover. Dort ist Füllkrug aufgewachsen, dort haben sie ihn bei den Sportfreunden zum ersten Mal in ein Trikot einer Vereinsmannschaft gesteckt und dort ist Füllkrug so berühmt geworden, dass sich bald die halbe Fußball-Republik für ihn interessiert hat. 162 Tore - vielleicht dachte er damals, dass das immer so weitergeht.

In der G-Jugend haben sie damals eine neue Mannschaft aufgebaut, was normal ist, weil es vor der G-Jugend keine Mannschaften gibt. Man ist noch keine sieben Jahre alt, wenn man in der G-Jugend spielt. Der Trainer war Ata Füllkrug, der Vater von Niclas. Als sie in der F-Jugend ankamen, waren sie schon brillant: 459 Tore, sechs Titel. Man kann als F-Jugend in einem Jahr nicht mehr erreichen - und Füllkrug stach heraus aus dieser Mannschaft.

Sie nennen ihn "Lücke"

Der FC Bayern, Eintracht Braunschweig, Hannover 96 - alle wollten Füllkrug verpflichten, da war er 14. Der Großteil der Mannschaft ging damals zu 96, aus keinem ist ein Profi geworden. Füllkrug ging zu Werder Bremen. Ein Jahr lang ist er gependelt zwischen Hannover und Bremen, sein Vater war jetzt nicht mehr sein Trainer, sondern der Chauffeur. Dann ist er ins Werder-Internat gezogen, „ins Stadion, vierte Etage“. Dort ist er erwachsen geworden, hat das Abitur gemacht, wurde zum Publikumsliebling und bekam seinen Spitznamen. "Lücke" - so hat ihn, als er bei den Profis angekommen war, Marko Arnautovic getauft. Es geht um die Lücke in seiner Zahnreihe, rechts von den Schneidezähnen ein Loch: "Bei mir gibt es diesen Zahn einfach nicht."

"Lücke" hat ihn bald ganz Bremen genannt. Für Füllkrug wurde es immer besser: erster Bundesliga-Einsatz, erstes Bundesliga-Tor. Richtig gut wurde es nicht, deshalb hat er sich vor einem Jahr nach Fürth ausleihen lassen. Er wusste von Beginn an, dass er nach diesem Jahr zurück muss nach Bremen. Er hat dann einmal vier Tore in einem Spiel geschossen, er hat sich aber auch den Ruf eingehandelt, nicht der ernsthafteste Profi zu sein. Füllkrug ist ein entspannter Gesprächspartner, wenn man ihn auf seinen Ruf anspricht, wird er ernst. „Haben Sie sich meine Statistiken angeschaut“, fragt er zurück, „ich bin als Mittelstürmer fast immer elf, zwölf Kilometer gelaufen.“

"Lücke" kann arbeiten

Das soll heißen, dass „Lücke“ auf dem Platz auch arbeiten kann. Weil sie davon in Bremen nicht vollends überzeugt sind, haben sie ihn zwar zurückgeholt, ihn dann aber sofort nach Nürnberg verkauft. Weil sie in Bremen sein Talent trotzdem schätzen, könnten sie ihn in zwei Jahren wieder zurückkaufen. „Ich will, dass Nürnberg meine Heimat wird“, sagt Füllkrug, „Fürth war nicht meine Heimat.“ Er meint das nicht abfällig, er meint das ehrlich. In einem Jahr kann keine Stadt zur Heimat werden.

Es gibt in jedem Verein Medienschulungen für Fußball-Profis, es hört sich dann oft alles sehr gleich an, was Fußballspieler sagen, wenn sie in den Medienschulungen aufgepasst haben. Füllkrug erzählt das, was er erzählen will. Er kann auch ohne Medienschulung schöne Dinge sagen. Zum Beispiel, wenn er über seinen neuen Verein spricht, wie sehr ihn die vielen Zuschauer beim Trainingsauftakt beeindruckt haben oder das Verhalten der Mitglieder auf der außerordentlichen Mitgliederversammlung: „Das war schon stark, wie die Martin Bader den Rücken gestärkt haben."

Rücken stärken

Den Rücken wollen sie Füllkrug jetzt auch in Nürnberg stärken, er kann wichtig werden für diesen Verein. Trotzdem vermeiden sie es sehr offensichtlich, ihn in der Öffentlichkeit zu loben, vielleicht, weil sie fürchten, dass dieses Flatterhafte, das man ihm nachsagt, sich dann verfestigt und das Projekt Aufstieg gefährdet.

Aber wenn man Füllkrug dann über das eine Tor, das nicht normal war, sprechen hört, merkt man, dass es ihm ernst ist mit seiner Karriere. Sein erster Bundesliga-Treffer in seinem ersten Bundesliga-Spiel von Beginn für Werder. Füllkrug schoss, traf – und empfiehlt, sich das Video von seinem Torjubel noch einmal im Internet anzusehen: „Ein Jubellauf, der nicht endet.“ Er schmunzelt. Tore sind jetzt etwas Besonderes. Sein Vater, sagt er, hat geweint, als sie sich nach dem Spiel getroffen haben.

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