Nie wieder nach Ischgl?

10.5.2020, 18:16 Uhr

Jetzt erst recht, scheint das Motto zu sein. "Das Hotel in Zams ist schon gebucht", berichtet Heinz Strassner, Vorsitzender des Skiclubs Biberttal. Zams liegt im österreichischen Oberinntal (Tirol) und ist zentraler Knotenpunkt für namhafte Skigebiete wie St. Anton, Serfaus oder eben Ischgl. Man wolle dem Hotel damit auch in diesen beschwerlichen Corona-Zeiten die Treue halten.

Für das Skigebiet Ischgl hält sich die Solidarität seitens des Vereins jedoch in Grenzen. Einige Mitglieder äußerten laut Strassner schon Kritik, sie wollen dort künftig nicht mehr auf die Bretter steigen. Der 59-Jährige bestätigt diese Haltung: "Es ist die Pflicht des Vereins, das kritisch zu hinterfragen." Er könne sich durchaus vorstellen, nächsten Winter auch ein anderes Skigebiet von Zams aus anzusteuern.

Der Wintersportort Ischgl muss sich den Vorwurf gefallen lassen, zu Beginn der Coronakrise zu zögerlich reagiert und damit die Verbreitung des Virus begünstigt zu haben. Besonders die Après-Ski-Bar "Kitzloch" geriet dabei massiv in die Schlagzeilen. Diesbezüglich betont Strassner: "So etwas wie Après-Ski machen wir bei unseren Fahrten schon lange nicht mehr."

Und auch sonst ist es ruhig geworden beim Skiclub. Gymnastik- und Laufgruppen, Metropolmarathon oder der "Lauf-Kickoff" im März – alles abgesagt oder verschoben. Der Vorstand tauscht sich 14-tägig in einer Videokonferenz aus und treibt die Planungen für Herbst und Winter voran. An oberster Stelle steht allerdings der Kontakt zu den immerhin 660 Mitgliedern über soziale Medien und die Internetseite.

Besonders Singles leiden

Für viele sei der Verein wie eine Familie, erzählt Strassner. Die Laufgruppen beispielsweise treffen sich gewöhnlich drei Mal pro Woche und seien daher "fester Wochenbestandteil, besonders für Alleinstehende".

Trotzdem appelliert er an die Mitglieder, in Bewegung zu bleiben. Sie drehen Fitness-Videos und veröffentlichen sie auf dem Internetportal Youtube. Darüber erhalten die Mitglieder Tipps zum Home-Workout, Joggen oder Nordic-Walking. Laufbegeisterte teilen ihre persönlichen Routen auf einer Navigations-App, um weitere Mitglieder zu animieren – natürlich alleine oder mit Abstand, versteht sich.

Den fehlenden Kontakt zu den Mitgliedern bedauert Heinz Strassner sehr. "Es gibt kaum etwas Schlimmeres für einen Vorstand." Zum Jammern ist ihm aber dennoch nicht zumute, denn er weiß, dass andere Gesellschaftsbereiche derzeit weitaus schwierigere Zeiten durchleben. Außerdem stehe der Verein auf festen Füßen. Lediglich am starken Mitgliederzuwachs der vergangenen Jahre – bis zu 50 Neuanträge jährlich – werde man seiner Einschätzung nach nicht anknüpfen können.

Und wird sich die Einstellung zum Skitourismus nach Corona ändern? Strassners Prognose: "Nur minimal. Aber zum Ski-Ort Ischgl mit Sicherheit einige Prozente mehr." Verfolge man die österreichischen Medien, sei seiner Ansicht nach schon eine Rufschädigung für Tirol zu erkennen. Man müsse jedoch abwarten, wie sich die Lage entwickelt. Er ist hin- und hergerissen: "Aus moralischer Sicht sollte man eigentlich nicht mehr hinfahren, auch wenn es sportlich gesehen eine Top-Adresse ist."

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