Norisring-Tragödie: Die Erinnerung an Pedro Rodriguez lebt

26.5.2011, 09:06 Uhr
Norisring-Tragödie: Die Erinnerung an Pedro Rodriguez lebt

© NZ-Archiv

Plötzlich tauchte vor ihm ein langsamerer Porsche 910 auf, Rodriguez musste heftigst abbremsen, kam mit den linken Rädern auf Kopfsteinpflaster und prallte dann gegen eine Brückenmauer. Von dort wurde er in die Leitplanke katapultiert. Das Fahrzeug stand sofort in Flammen. Helfer waren schnell da – allen voran der damalige stellvertretende Rennleiter Helmut Schlosser, der auch sofort mit Löscharbeiten begann –, aber es war zu spät. Als man Rodriguez aus dem Wrack barg, lebte er noch, wenig später verstarb er im Städtischen Klinikum.

Der Schock beim veranstaltenden MotorSportClub Nürnberg (MCN) war groß. Rennleiter Gernot Leistner wollte das Rennen abbrechen, aber die Fahrer wünschten eine Fortsetzung. In einer Besprechung mit Leistner und den Rennkommissaren forderte Fahrersprecher Joakim Bonnier, dass der Lauf neu gestartet werde. Zu diesem Zeitpunkt lebte der Mexikaner noch, und schließlich stimmte der Rennleiter zu. Leistner erinnert sich noch heute: „Die Fahrer argumentierten, dass Rodriguez in einer solchen Situation auch hätte weiterfahren wollen.“ Also wurde neu gestartet, und der Brite Chris Craft gewann auf einem McLaren.

Verehrt wie Ayrton Senna

Riesig war die Trauer in Rodriguez’ Heimat Mexiko. Neun Jahre zuvor war schon Pedros Bruder Ricardo beim Training zum Großen Preis von Mexiko tödlich verunglückt, und jetzt auch noch Pedro. Man muss dabei wissen, dass die Rodriguez-Brüder in ihrer Heimat verehrt wurden wie Ayrton Senna in Brasilien, der Jahre später auch ums Leben kommen sollte. Die Rennsportgemeinde in dem mittelamerikanischen Staat war untröstlich, und es wurden überall Bilder von Rodriguez aufgehängt.

Norisring-Tragödie: Die Erinnerung an Pedro Rodriguez lebt

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Das schmerzvolle Gedenken ließ auch im Lauf der Zeit nicht nach, und so war es eigentlich nur logisch, dass im Jahr 1997 eine Vereinigung gegründet wurde, die die Erinnerung in organisierte Bahnen lenkte. Carlos Jalife hieß der Mann, der die „Scuderia Rodriguez“ ins Leben rief, deren Aufgabe es sein sollte und ist, das Andenken an die Rodriguez-Brüder in Ehren zu halten. Jalife hat auch 13 Jahre an einem Buch über das Bruderpaar gearbeitet, das inzwischen erschienen ist.

2006, anlässlich des 35. Gedenktages des Todes von Rodriguez, kam eine Delegation aus Mexiko nach Nürnberg und enthüllte am Norisring eine Gedenktafel am Ort des Unfalls. Mit dabei war Reinhold Hofmockel, ein Mitglied des MCN. Und der hatte eine mexikanische Nationalflagge mitgebracht. Zum Glück, denn die Abordnung der „Scuderia“ hatte keine dabei. So konnte der Akt in würdiger und feierlicher Form gestaltet werden.

Der damalige Kontakt zwischen der „Scuderia Rodriguez“ und Hofmockel riss danach nie mehr ab. „Mindestens einmal im Monat haben wir per E-Mail Informationen über Motorsport ausgetauscht“, erinnert sich der MCN-Mann. Kurze Zeit später wurde Hofmockel zusammen mit Jürgen Lasser und Scott Fountain, die ebenfalls MCN-Mitglieder sind, in die „Scuderia“ aufgenommen. Das ist eine Besonderheit an dem Verein: Man kann nicht auf Wunsch beitreten, sondern man wird berufen. Und die Liste der Auserwählten liest sich wie das Who is who des Motorsports. Zur „Scuderia Rodriguez“ gehören unter anderen Bernie Ecclestone, Vic Elford, David Piper, Derek Bell, Brian Redman, Emerson Fittipaldi oder Stirling Moss.

Hofmockel wird heuer noch nach Mexiko reisen, um sich vor Ort über die Vereinigung zu informieren, die inzwischen in jeder größeren Stadt des Landes eine Dependance und insgesamt 160 Mitglieder hat. Dort soll auch der Wunsch der „Scuderia“ besprochen werden, den MotorSportClub Nürnberg als Bruderverein zu gewinnen. Nürnbergs Vereins-Präsident Leistner ist derartigen Gedanken nicht abgeneigt und kann sich die Realisierung des Projekts gut vorstellen.

Vielleicht geht das ja tatsächlich noch dieses Jahr über die Bühne, denn zum Norisringrennen 2011 am ersten Juli-Wochenende wird eine „Scuderia“-Delegation aus Mexiko in Nürnberg erwartet. Nach einer Gedenkfeier an der Rennstrecke wird man sich wohl zusammensetzen und die gemeinsame Zukunft des Gedenkens an Pedro Rodriguez planen.

Andenken in Mexiko und in der Noris

Nach dem schweren Unfall vor 40 Jahren hatte Rennleiter Leistner mit dem Gedanken gespielt, das Amt des Norisring-Chefs niederzulegen. Aber nach intensiver Bedenkzeit entschloss er sich doch weiterzumachen. Unvergessen ist auch ihm der Moment, als die Nachricht vom Ableben von Pedro Rodriguez an jenem Juli-Wochenende 1971 am Norisring eintraf und sich die 100000 Besucher an der Rennstrecke schweigend von ihren Sitzen erhoben. Bis heute wird in Mexiko und in Nürnberg das Andenken an den Rennfahrer hochgehalten, der zu jenem Zeitpunkt einer der besten Formel-1-Piloten und Sportwagen-Fahrer war. Vielleicht kann man es dann ab Juli gemeinsam tun, wenn „Scuderia“-Generalsekretär Jalife und Leistner aufeinandertreffen. Schließlich haben beide das gleiche Anliegen: dass die Erinnerung an Pedro Rodriguez weiterlebt.

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