Oennings Endspiel in Köln-Müngersdorf

14.12.2009, 00:00 Uhr
Oennings Endspiel in Köln-Müngersdorf

© Horst Linke

obwohl Schäfer sogar die Pressevertreter um ihre Lösungsvorschläge und Meinungen gebeten hatte. «Früher», sagte Schäfer, «war das so.» Früher, als der Club nach drei verlorenen Partien fast reflexartig seine Trainer davonjagte. So weit soll es diesmal aber nicht kommen. «Wir stehen zu Michael Oenning», sagte Schäfer – und letztlich auch zur Mannschaft. Aber reicht denn auch die Qualität im 30 Fußballer zählenden Profi-Kader? «Ja, absolut», sagte Schäfer.

Nicht ohne Umstrukturierungen

Dennoch wird es Umstrukturierungen geben. Auf welchen Positionen, dürfte man nach dem letzten Vorrundenspiel am Sonntag (17.30 Uhr) in Köln-Müngersdorf etwas genauer wissen. Sollte die Nürnberger Elf wie zuletzt in Dortmund und jetzt gegen Hamburg erneut in ihre Einzelteile zerfallen, könnte es auch für Oenning eng werden. Ein Aufsichtsratsmitglied kündigte für den Fall der Fälle bereits eine «ganz schwere Entscheidung» an, womit sich Präsident Schäfer am Samstagabend aber nicht beschäftigen wollte. «Wir werden Köln abwarten.»

Stattdessen warnte er seinen Verein eindringlich davor, «in VfB-Fehler zu verfallen». Denn: anderer Verein, andere Voraussetzungen. Hier der klamme Aufsteiger, der irgendwie und ausschließlich den Klassenverbleib schaffen will. Dort der Champions-League-Achtelfinalist aus Stuttgart, der im Liga-Alltag weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist und wohl auch aufgrund von Fan-Krawallen reagieren musste. Vergleichen lassen sich Nürnberg und Stuttgart nicht wirklich. «Wir sind nicht Bayern, der HSV oder Schalke», mahnte Schäfer weiter zur Besonnenheit, ohne etwas schönreden zu wollen. Was denn auch.

Drohend und strafend

Vielleicht hätte er auf der gestrigen Weihnachtsfeier in Leinburg einfach mal den Knecht Ruprecht geben sollen. Drohend, strafend, am besten noch mit Rute in der Hand. Doch die Lage ist wahrscheinlich schon ernst genug. «Es geht jetzt darum, Charakter zu zeigen», sagte Oenning gestern Vormittag nach dem Auslaufen, «wir sind gefestigt genug», sagte Oenning tags zuvor auf der Pressekonferenz. Ziemlich stereotype Aussagen, die man schon einige Male gehört hat in dieser Saison. Konstant besser geworden ist es trotz Oennings Beteuerungen nicht. Dass seine Mannschaft auch am Samstag nach dem 0:1 plötzlich keine Mannschaft mehr war, ist ihm natürlich nicht entgangen. «Da hat jeder für sich etwas versucht», meinte Oenning, hatte jeder «seine eigene Idee». Ohne erkennbares, ohne gemeinsames Konzept. «Da ist niemand da, der das Ruder an sich reißen kann», klagte Oenning.

Unterirdischer Diekmeier

Besonders turbulent ging es auf der rechten Seite zu, wo Dennis Diekmeier vom starken Marcell Jansen fast nach Belieben schwindlig gespielt wurde. Wieder Diekmeier, der schon in Dortmund überfordert war. Gar «unterirdisch» sei Diekmeiers Darbietung am Samstag gewesen, meinte Oenning, wobei dem 20-Jährigen auch niemand helfen wollte. Jeder für sich. «Unsere Leistung», meinte Oenning, «muss uns beunruhigen.»

Vor allem, dass von dem viel gepriesenen Zusammenhalt nicht mehr viel zu sehen war. Es muss sich also schleunigst etwas tun beim Club – sonst dürfte es 2010 nur noch eine Frage der Zeit sein, wann der achte Bundesliga-Abstieg besiegelt ist. «Wir müssen in der Winterpause auf jeden Fall etwas verändern», sagt Oenning, personell. Ein Kandidat ist Hoffenheims schwedischer Innenverteidiger Per Nilsson (27). Schon «seit Herbst», bestätigt Präsident Schäfer, beschäftige man sich mit möglichen Zugängen, die eigentlich erst im Sommer zum Club kommen sollten – deren Verpflichtungen aufgrund der prekären Situation aber auf die nächste Transferperiode im Januar vorgezogen werden.

Man sucht unter anderem einen Stabilisator, der sich von etwaigen Rückschlägen nicht beeindrucken lässt und in zentraler Position am besten noch Takt und Richtung vorgibt. Also Havard Nordtveit in der erfahrenen, zweikampfstarken Version. Was der junge Norweger am Samstag zwischen zwei Viererketten anbot, hatte mit Bundesliga-Fußball nicht viel gemein. Vor allem, aber nicht nur Nordtveits planloser Auftritt schien Präsident Schäfer ein wenig erschüttert zu haben, der hektische Feiertage nicht ausschließen will.

Sollte sein Club auch am Sonntag in Köln untergehen, prophezeite Schäfer, werde man Weihnachten «eben am Konferenztisch verbringen». Und danach viele, viele Interviews geben.