Palikuca-Aus: FCN-Neustart ohne "Rucksack"

14.7.2020, 21:47 Uhr

Auch für Sportvorstand Robert Palikuca (Mitte) heißt es Ende des Monats Abschied nehmen. © Sportfoto Zink

Der kroatische Ex-Profi habe bei den Gesprächen "viel Enthusiasmus und Herzblut gezeigt" und passe am besten ins Anforderungsprofil, schwärmte Aufsichtsratschef Thomas Grethlein.

 

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Fast auf den Tag genau 15 Monate später sitzen Grethlein und Palikuca im Pressekonferenzraum am Valznerweiher, um in der in Pandemie-Zeiten längst gewohnten virtuellen Runde "in beiderseitigem Einvernehmen" das Ende der Zusammenarbeit zum 31. Juli zu verkünden. Dazwischen lag ein fast schon besiegelter Bundesliga-Abstieg, den der Nachfolger des spät beurlaubten Andreas Bornemann nur noch begleiten konnte, aber eben auch eine desaströse Zweitliga-Saison, die sogar um Haaresbreite in einer Katastrophe geendet wäre.

Angetreten war Palikuca voller Tatendrang, um aus dem traurigen Absteiger innerhalb eines Zweijahresplans wieder einen potenziellen Aufsteiger zu formen. Stattdessen drohte am Ende der Totalabsturz in die 3. Liga. "Ich hatte nicht gedacht, dass es so schwer werden würde", gestand Palikuca und räumte auch eigene Fehleinschätzungen ein, etwa bei der Zusammenstellung des aufgeblähten und keineswegs billigen Kaders oder auch bei der Wahl seiner Trainer. Weder der gestrenge Österreicher Damir Canadi noch der routinierte Jens Keller vermochten den Krisen-Club in die Spur zu bringen, den Karren aus dem Relegationsdreck ziehen mussten schließlich die Herzens-Nürnberger Michael Wiesinger und Marek Mintal.

Wiesinger soll Palikuca nun auch bis Monatsende zur Seite stehen, wenn es darum geht, noch einige "Projekte zu finalisieren", wie es Grethlein formulierte. Gemeint sein dürften vor allem Transfers, die Palikuca bereits in die Wege geleitet hat. Dass der 42-Jährige noch zwei Wochen weiterwerkeln darf, ein eher branchenunübliches Procedere, soll auch die "Wertschätzung und das Vertrauen" dokumentieren, das man ihm nach wie vor entgegenbringe. Der Grund für die Auflösung des ursprünglich bis 2022 laufenden Vertrags sei denn auch keineswegs in der geleisteten Arbeit des Sportvorstands zu suchen, betonte Grethlein, sondern "in der Zukunft und den bevorstehenden Aufgaben. Wir wollen ohne Belastungen starten und nicht mit einem Rucksack, der prall gefüllt ist mit negativen Erlebnissen."

Palikuca selbst versicherte, er stehe "komplett" hinter der gemeinsam getroffenen Entscheidung und verwies auf "ehrliche, faire und intensive Gespräche" mit dem Aufsichtsrat. "Ich bin sehr kritisch mit mir. Es geht nicht um mich, es geht um den 1. FC Nürnberg. Manchmal muss man sich für das Team opfern", verkündete Palikuca in einem Anflug von Pathos, es sei "eine Entscheidung für den Verein". Zugleich gab sich der frühere Abwehrrecke aber gewohnt forsch und kämpferisch. "Ich muss mir nicht den Vorwurf gefallen lassen, dass ich falsch oder dilettantisch gehandelt habe", meinte er und konnte sich bei seiner detaillierten Saisonanalyse eine kleine Medienschelte nicht verkneifen. Auch Grethlein verwehrte sich gegen Schuldzuweisungen, sowohl den Sportvorstand betreffend als auch jenes oberste Kontrollgremium, das sich diesen Sportvorstand ja ausgesucht hatte. Natürlich habe auch der Aufsichtsrat "Dinge nicht gut gemacht", räumte der Vorsitzende ein, wollte bei der Ursachenforschung, wie diese Saison so schiefgehen konnte, aber keine "monokausalen Ketten" erkennen.

Also auf ein Neues. Bis zum 3. August möchte Grethlein mit seinen Ratskollegen den nächsten idealen Sportvorstand für den Club gefunden haben, immerhin soll dieser dann ja auch noch einen Cheftrainer suchen, der die Mannschaft auf die Mitte September beginnende Zweitliga-Saison vorbereitet. "Wir wissen, dass wir kein allzu großes Zeitfenster haben", sagte Grethlein. Notfalls werde eben Wiesinger noch "ein paar Tage lang" diese Aufgabe übernehmen.

Nicht ausgeschlossen scheint, dass der NLZ-Leiter künftig als eine Art Technischer Direktor oder Sportdirektor fungieren könnte. Einen solchen hatte ursprünglich auch Palikuca installieren wollen, doch weder der Plan mit dem früheren Nürnberger Assistenzcoach Peter Hermann noch einer anderen, namentlich nicht an die Öffentlichkeit gelangten Option ließ sich damals verwirklichen. Es sollte in der kurzen Ära Palikuca nicht die einzige Idee bleiben, die am Ende nicht aufgegangen ist.