Premiere mit pikanter Note: Club-Gegner HSV im Check

4.8.2019, 05:45 Uhr
Premiere mit pikanter Note: Club-Gegner HSV im Check

So ist die Lage: Es hätte wahrlich nicht viel gefehlt, und der Neustart nach dem "überflüssigsten Nicht-Aufstieg der Fußballgeschichte" (Klubchef Bernd Hoffmann) unter Hoffnungsträger Dieter Hecking wäre gleich mal kapital in die Rothosen gegangen. Erst in der achten Minute der Nachspielzeit verhinderte Kapitän Aaron Hunt mit einem verwandelten Foulelfmeter die drohende Heimpleite gegen Darmstadt 98. Den eigenen Ansprüchen genügte das späte 1:1 zwar nicht, Hecking aber gab sich ganz pragmatisch: "In der vergangenen Saison wären viele Fans froh gewesen, wenn man in letzter Sekunde noch einen Punkt rettet."

Top & Flop: Gegen Darmstadt trat der HSV mit sechs Neuzugängen in der Startelf sehr dominant auf (24:8 Torschüsse, 62 Prozent Ballbesitz) und erspielte sich vor allem in der ersten Halbzeit eine Reihe guter Chancen, ließ dann aber im Abschluss noch die Konsequenz vermissen. "Wir müssen zielstrebiger werden", monierte Hecking. Dafür lobte er die "tolle Moral" seiner Elf, die bis zuletzt auf den Ausgleich drängte – und dafür in letzter Minute belohnt wurde. Im Tor erlebte Daniel Heuer Fernandes, der im Sommer just aus Darmstadt gekommen war, ein unglückliches Debüt. Vor dem 0:1 hatte die neue Nummer eins einen harmlosen Schuss nach vorne abklatschen lassen.


Vor dem HSV-Spiel: Club-Fans sollten mehr Zeit einplanen


Im Fokus: Dass der HSV zum Auftakt mit einem lilienblauen Auge davongekommen ist, lag auch an einem gewissen Manuel Wintzheimer. Immerhin holte der in der 77. Minute eingewechselte Stürmer im Duell mit Dario Dumic den Elfmeter heraus. "Er war sehr präsent, mit ihm kam neuer Schwung in den Strafraum", lobte Hecking den Unterfranken, der in der Jugend drei Jahre für die SpVgg Greuther Fürth gespielt hatte, ehe er 2013 zum FC Bayern München gewechselt war. Beim Rekordmeister verpasste der Junioren-Nationalspieler den Sprung in den Profikader, nun darf er beim HSV auf den Durchbruch hoffen.

Die Bilanz: In der 2. Liga ist das fränkisch-hanseatische Duell eine Premierenvorstellung. Dort, wo beide Vereine ihrem Selbstverständnis nach eigentlich hingehören, hatte man sich zuvor 64-mal getroffen. 34 Vergleiche gingen an den HSV, 14 gewann der Club, 16 mal trennte man sich unentschieden.

Man kennt sich: Während über Heckings weihnachtlichen Nacht-und-Nebel-Abgang anno 2012 zum VfL Wolfsburg inzwischen Gras gewachsen sein dürfte, muss sich Tim Leibold bei seiner Rückkehr am Montagabend (20.30 Uhr, Live-Ticker auf nordbayern.de) wohl auf einen frostigen Empfang einstellen. Viele Fans nahmen dem Linksverteidiger den Wechsel zum Ligarivalen vor allem wegen seiner zuvor geäußerten Treueschwüre übel. Weniger überrascht war man, als der ja für seine Wandervogelmentalität bekannte Ewerton in Richtung Norden weiterzog. Ihn wird man in Nürnberg aber eh nicht zu Gesicht bekommen – fast schon traditionell verpasst das brasilianische Abwehrass die ersten Saisonspiele wegen irgendwelcher Blessuren. Auf Nürnberger Seite trugen Christian Mathenia, Hanno Behrens, Törles Knöll und Fabian Nürnberger schon mal die Raute im Herzen.

Und sonst so? Im Bemühen, rigoros den Reset-Knopf zu drücken, hat man beim HSV nicht nur fleißig Personal ausgewechselt, sondern auch mit lieb gewonnenen Traditionen gebrochen. Die legendäre Stadionuhr wurde ebenso eingemottet wie Lotto King Karls Hymne "Hamburg meine Perle", die vom Künstler stets vor der Kurve live intoniert wurde. "Wir sind zum Schluss gekommen, dass das Lied, das uns viele Jahre begleitet hat, in der aktuellen Situation überhaupt nicht mehr zum HSV und zu unserer Haltung passt", erklärte Hoffmann. Textzeilen wie "Wenn ich weit weit weg bin in Juve oder Rom, dann denk ich an Hamburg meine Perle und singe home sweet home" scheinen in der Tat nicht mehr so ganz die Lebensrealität der HSV-Fans widerzuspiegeln. Und welcher Zweitliga-Standort reimt sich schon auf "home"?

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