Saufen wie Brecko, rennen wie Esswein, treffen wie Pekhart

20.2.2012, 06:59 Uhr
Saufen wie Brecko, rennen wie Esswein, treffen wie Pekhart

© Zink

Brecko heißt mit Vornamen Miso, spielt beim FC Fußball und avancierte gerade zum Karnevalsprinz, weil ihm das Kunststück gelang, sein schönes teures Auto des Nachts zwischen den Gleisbetten einer Straßenbahnhaltestelle zu parken – nächtliche Folge einer rauschenden Karnevalssitzung des FC am vergangenen Montag. Am Samstag im Frankenstadion war Miso Brecko wieder nüchtern und fiel nicht weiter auf, am Ende tanzten sowieso die Fußballer des 1.FC Nürnberg – deren Anhang, ansonsten im krassen Kontrast zur Gästeschar stets dem Zittern und Zagen sich verpflichtet fühlend, ausnahmsweise auch ein wenig Lockerheit probte.

Mit dem 2:1 (1:0) gegen den 1.FC Köln hatte der 1.FC Nürnberg am Ende als diesmal einziges Team der hinteren Tabellenhälfte nicht nur gewonnen, sondern damit – o Wunder – den Vorsprung auf den Relegationsrang auf sieben Punkte ausgebaut. Ein wenig Zittern und Zagen hatte natürlich dazugehört, immerhin fiel die Entscheidung erst fünf Minuten vor Schluss – war aber dafür geeignet, die fränkische Lust zum permanenten Zweifel an Nürnbergs tapferen Fußballern ein wenig zu konterkarieren, denn es war der zuletzt gern geschmähte Tomas Pekhart, der das Glück perfekt machte.

Im Team ist der tschechische Mittelstürmer weitaus beliebter als – wenigstens momentan – beim Anhang, weshalb sich auch Alexander Esswein im entscheidenden Moment an Pekhart erinnerte. „Ich hab’ ja gewusst, dass irgendwo in der Mitte unser Großer herumsteht“, erklärte Esswein hinterher seine weite Flanke von links. Der Große stand nicht nur herum, sondern düpierte Kölns Pedro Geromel, köpfte aus zwölf Metern präzise – und der Ball landete zum 2:1 im langen Eck. Ein prächtiger Treffer – weshalb sich Pekhart den kleinen Gag erlauben konnte, die Kugel nur drei Minuten später freistehend aus sechs Metern gegen die Latte zu hämmern.

Weil es schon der zweite am Aluminium gescheiterte Versuch war – zuvor hatte Daniel Didavi (69.) den Pfosten getroffen –, gab es am Nürnberger Erfolgserlebnis nichts auszusetzen, wenngleich man zwei recht ähnliche Mannschaften gesehen hatte. „Wer ein wenig Angst hat, will die sichere Lösung finden“, erklärte Kölns norwegischer Trainer Stale Solbakken, was auf alle Beteiligten zutraf.

Essweins Geniestreich

Sichere Lösungen garantieren eher selten besonders kurzweilige Fußballspiele; beim Versuch, nur nichts zu riskieren, kam die Spielkultur zu kurz. Es bedurfte wieder einmal eines Geniestreichs des umtriebigen Alexander Esswein, um Nürnberg ins Spiel zu bringen, aber der prächtige Distanzschuss zum 1:0 (28.) verlieh nur ansatzweise etwas Sicherheit. Kölns Zufallstreffer zum Ausgleich – Odise Roshis Flankenball hatte Philipp Wollscheid unglücklich abgefälscht, Torschütze Milivoje Novakovic kugelte mitsamt dem Ball und den Nürnbergern Raphael Schäfer und Dominic Maroh ins Tor – machte die Lage nach 66 Minuten wieder prekär; nicht nur Nürnbergs Trainer Dieter Hecking fragte sich eingestandenermaßen, ob es „jetzt einen Knacks geben“ werde.

Immerhin gab das Ausgleichstor der „Heimatmannschaft“ (Solbakken) Gelegenheit, Widerstandsgeist zu proben, was am Ende sogar ein bisschen beeindruckend gelang. Die Schlussviertelstunde nutzten die Nürnberger, um sich als willensstarkes Kollektiv zu präsentieren und, wie der vor Wochenfrist noch von seinem Trainer gemaßregelte Esswein meinte, dem Anhang vorzuführen, dass es an der Mannschaftsmoral nicht mangelt. „Die Mannschaft hat Charakter, nur hin und wieder muss man ihr in den Hintern treten“, formulierte es Dieter Hecking hinterher.

Weil Pekhart schließlich getroffen und der schon sehr präsente Neuzugang Hanno Balitsch einen vielversprechenden Einstand gegeben hatte, waren zum schlagartig verschönerten Tabellenbild noch ein paar weitere erfreuliche Erkenntnisse hinzugekommen.

„Nach so einem Sieg fällt alles leichter“, hofft Trainer Hecking jetzt, während seine Fußballer brav versprachen, die lange zähe Angelegenheit trotz des guten Ausgangs nicht überzubewerten. Was jetzt anstehe? „Nächste Woche nachlegen“, schlug Hanno Balitsch vor; zu feiern, erklärte Esswein, gebe es noch nichts. Bei allem Nürnberger Glück: Saufen wie Brecko – das traute sich dann doch keiner zu sagen.

Nürnberg: Schäfer; Feulner, Maroh, Wollscheid, Hlousek - Simons – Chandler (82. Eigler), Balitsch (76. Frantz), Hegeler (68. Didavi), Esswein – Pekhart.
Köln: Rensing; Brecko, McKenna, Geromel, Sereno (37. Eichner) – Riether, Lanig (87. Ishak), Jajalo, Clemens – Peszko (64. Roshi), Novakovic.
Schiedsrichter: Dingert (Lebecksmühle).
Zuschauer: 38101.
Tore: 1:0 Esswein (28.), 1:1 Novakovic (66.), 2:1 Pekhart (85.).
Gelbe Karten: Hlousek, Schäfer (2), Simons (3) / Brecko (5), Peszko (5).

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